Nachahmenswertes Projekt: „Berliner Kindheit im 20. Jahrhundert“

Besser hätte der Veranstaltungsort nicht gewählt werden können. In der Joan-Miró-Grundschule am Savignyplatz – dem Schulgebäude, das einst Walter Benjamin besuchte – stellte die Literaturwissenschaftlerin Caroline Roeder die Publikation „Berliner Kindheit im 20. Jahrhundert“ vor. Ihr gleichnamiges Projekt, das sie in dem Band dokumentiert, greift Walter Benjamins „Berliner Kindheit um neunzehnhundert“ auf (s. BuchMarkt, Heft 3/2006, Seite 164). Sie habe sich von Walter Benjamins Methodik des Suchens und Sammelns, des Verlierens und Archivierens , des Flanierens und Forschens inspirieren lassen, so Caroline Roeder über das Projekt, das aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert wurde.

Im ersten Teil des Buches, der durch Schwarz-Weiß-Fotos von Nelly Rau-Häring aus 40 Jahren Berliner Kindheitsgeschichte aufgelockert wird, erzählen 20 Berliner Autoren von ihrer Kindheit, darunter Inge Deutschkron, Jenny Erpenbeck, Andreas Steinhöfel und Zoran Drvenkar, die bei der Buchpremiere auf die Bühne der Aula stiegen und ihre Texte lasen. Mit dabei waren auch die Mädchen und Jungen einer fünften und einer sechsten Klasse der Schule, die tagelang mit Einmalkameras unterwegs waren um Perspektiven heutiger Kindheit festzuhalten. Zwei Künstlerinnen, Tanja Schmidt und Nelly Rau-Häring, gaben Hilfestellung. Während die einen ihre Lieblingsorte, Verstecke oder Sammlungen mit der Kamera festhielten, fotografierten andere im Schwimmbad und im Zoo, an Orten also, die bei Benjamin eine Rolle spielen. Die Fotografien sind ebenfalls in dem Buch zu sehen, das vom Berliner Büro Berndt & Fischer gestaltet wurde.

Am Ende des Bands erläutert Caroline Roeder die Gesamtkonzeption und schließlich loten zwei wissenschaftliche Beiträge – von Michael Bienert und Gundel Mattenklott – erinnerte Kindheitsräume in Benjamins Werk aus.
Die Spurensuche ist mit dem Erscheinen des Buches nicht abgeschlossen. Ein Folgeprojekt mit Schulklassen startet in den kommenden Wochen im Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur LesArt www.lesart.org. Dieses Mal sollen Jugendliche ab der 10. Klasse selbst aktiv werden und eigene Texte verfassen. Die Arbeiten werden anschließend im Internet unter www.berliner-kindheit.de/kindheitsbilder veröffentlicht.

Ob man nun auf Walter Benjamin oder einen anderen Autor verweist, Projekte über Kindheit können mit Kindern und Jugendlichen der unterschiedlichsten Altersgruppen durchgeführt werden. „Problemlos lässt sich diese Konzeption auf andere literarische und künstlerische Schauplätze übertragen“, so Caroline Roeder. Auf dass die Spurensuche nach Kindheitsbildern nicht nur in Berlin viele Nachahmer findet!

Informationen und Buchbestellungen (Schutzgebühr: 15 Euro zuzüglich Verpackung und Versand) unter: http://www.berlinerkindheit.de

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