Heutige Mitglieder-Versammlung der VG Wort: Patt im Hofbräukeller

Kein Durchbruch bei der VG-Wort-Mitglieder-
versammlung

Man hätte es ahnen können. Wenn sich aufgebrachte Menschen in einem Münchner Bierkeller treffen, um über kontroverse Themen zu debattieren, kommt selten wirklich Konstruktives dabei heraus.‎ Insofern waren die Erwartungen bei den Teilnehmern an der heutigen außerordentlichen Mitglieder-Versammlung der VG Wort [mehr…] eher gedämpft, als sie sich an einem strahlenden Spätsommertag in den übrigens im ersten Stock gelegenen Hofbräukeller machten.

Es ging bekanntlich darum, zu entscheiden, wie denn die Rückzahlung von Ausschüttungen für Bibliotheks- und Kopierabgaben zu erfolgen hat, die laut Bundesgerichtshof ohne hinreichende gesetzliche Fundierung auch an Verlage überwiesen wurden.

Während sich der europäische und nationale Gesetzgeber gegenwärtig nach Kräften müht, die politisch stets gewollte Verlegerbeteiligung rasch und für die Zukunft wieder rechtlich unangreifbar gesetzlich zu verankern, müssen nun eben die laut BGH ohne gesetzliche Grundlage erfolgten Zahlungen der jüngsten Vergangenheit irgendwie ausgeglichen werden.

Das „Wie“ sollte heute beschlossen werden. Dazu hatte die VG Wort einen detaillierten Rückzahlungsvorschlag ausgearbeitet, der über Nacht sogar nochmals nachgebessert worden war und der neben einem geordneten Rückzahlungsprocedere mit einem voraussichtlichen Zahlungstermin bis spätestens Mitte nächsten Jahres auch die Möglichkeit anonym bleibender Autoren-Abtretungen zur Verringerung der Rückzahlungssummen der Verlage vorsieht.

Gegen diesen aus Verlagssicht konstruktiven Vorschlag, der noch das Beste aus der misslichen Situation macht, liefen aber heute Dr. Martin Vogel und einzelne Journalisten unter den VG Wort-Mitgliedern Sturm. Sie vermuteten eine Verzögerungstaktik bei VG Wort und Verlagen und verlangten nichts weniger als eine sofortige Rückzahlung, Frist allerhöchstens zwei Wochen.

‎Dass ein solcher Zeitrahmen angesichts eines zur Rückzahlung an Zehntausende von Autoren anstehenden dreistelligen Millionenbetrages völlig illusorisch ist, dürfte eigentlich auch Herrn Vogel klar sein. Gleichwohl stellte er seinen Antrag zur Abstimmung.

Hierzu gab es zwei in Details leicht divergierende Vorschläge, auch die „Freischreiber“, eine Journalistengruppe, hatte einen Antrag auf sofortige Rückzahlung eingebracht. Die an sich gute Idee, beide Vorschläge noch vor Ort aufeinander abzustimmen, scheiterte kurioserweise daran, dass es nicht gelang, die Beschlussmehrheit für eine Sitzungspause zu erreichen.‎

So wurde über beide „Rückzahlung-sofort-Anträge“ nacheinander abgestimmt, von denen aber keiner auch nur annähernd eine in der Satzung vorgesehene 2/3 Mehrheit in einer, geschweige denn in allen erforderlichen sechs Berufsgruppen der VG Wort fand.

Damit stand fest, dass der einzige Beschluss, der überhaupt nur die Grundlage für eine Rückzahlung sein kann, der im Anschluss an die „Rückzahlung-sofort-Beschlüsse“ zur Abstimmung gestellte VG Wort-Beschlussantrag mit der zeitlich gestaffelten, und damit geordnet ablaufenden Rückzahlung war.

Dieser Antrag fand in fünf der sechs Berufsgruppen die nötige 2/3 Mehrheit.

Man hätte also annehmen können, dass dann, wenn sich schon die unmittelbar finanziell Betroffenen der Lösung nicht verschließen, selbstredend die Begünstigten, nämlich die Autorinnen und Autoren, den Beschluss ebenfalls annehmen.

Weit gefehlt. Zwar stimmten die belletristischen Autoren und Übersetzer zu mehr als 2/3 zu. Die Sachbuchautoren- und Übersetzer aber haben das „Pech“, in der Berufsgruppe 2 zusammen mit den Journalisten geführt zu werden. Dort gab es jüngst insbesondere unter einer Splittergruppe namens „Freischreiber“ eine Eintrittswelle, die FAZ berichtete erstaunt, denn Journalisten haben aus Buchverleger-Rückzahlungen eigentlich keine Vorteile zu erwarten.

Nun offenbar „gelang“ es den Journalisten – auch und wohl vor allem dank der Neumitglieder unter ihnen – die Autoren und Übersetzer in gewisser Weise auszustechen und in der gemeinsamen Berufsgruppe 2 mit zwar 67 Ja- zu allerdings 37 Gegenstimmen die nötige 2/3 Mehrheit um ganze drei Stimmen zu verfehlen.

So also wurde der Rückzahlungsbeschluss der VG Wort zwar allenthalben positiv beschieden, aber leider in einer einzigen Berufsgruppe mit knapp nicht ausreichendem 2/3 Quorum. Damit ist, die Satzung der VG Wort will es so, der aktuel vorliegende VG Wort-Rückzahlungsbeschluss insgesamt gescheitert.

Damit scheint das Tischtuch zwischen einzelnen Autoren und Journalisten wenn nicht zerschnitten, so doch einer ernsten Zerreißprobe ausgesetzt. ‎In ersten Twitter-Meldungen von Autoren, die nun weiter auf eine Lösung der Rückzahlungsfrage und damit auf ihr Geld warten müssen, war die Rede von „Wut“ auf die Journalisten. Die „Freischreiber“ hingegen klopfen sich (wofür genau eigentlich?) auf die Schulter und twittern „Erfolg“: VG Wort muss ausgeruhte Beschlussvorlage im November erneut vorlegen.“

Als Verlagsmitarbeiter jedenfalls wundert man sich: Die VG Wort erarbeitet einen konstruktiven Vorschlag, die Verlage sind bereit, ihn mitzutragen, die weit überwiegende Anzahl der Autoren auch. Einzelnen Journalisten (neben Herrn Vogel natürlich) aber, die gar nicht rückzahlungsberechtigte Betroffene sind, geht es allem Anschein nach gar nicht um eine rasche Rückzahlung, sondern offenbar ums Prinzip. Als Ergebnis dieser ihrer selbstzufriedenen Verweigerungshaltung, die man sich erst mal leisten können muss, passiert vermutlich bis November jedenfalls erst einmal gar nichts.

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