Gütersloher Verlagshaus und Bund der Waldorfschulen schließen Vergleich

Wie heute bekannt wird, fand am 16.10.2008 vor dem Landgericht Stuttgart die Verhandlung über den Widerspruch des Gütersloher Verlagshauses gegen eine vom Bund der Freien Waldorfschulen (BFW) erwirkte einstweilige Verfügung gegen vereinzelte Passagen des Waldorf-kritischen „Schwarzbuch Waldorf“ von Michael Grandt statt.

Dazu nimmt der Verlag jetzt wie folgt Stellung: „Da der Verlag die seines Erachtens völlig nebensächlichen Ergänzungswünsche des Gerichts zu dem im Schwarzbuch angesprochenen Thema körperliche Gewalt und Waldorfpädagogik längst mit einem Einlegeblatt erfüllt hat, schlossen Verlag und BFW vor Gericht einen Vergleich. Dieser besteht wie üblich bei Gericht in einem wechselseitigen Nachgeben und beinhaltet, dass der Verlag nicht vollständig auf dem ursprünglichen, längst ergänzten Text beharrt und dass der BFW dafür wegen in weiten Teilen abgewiesenen Verbotsantrags 1/3 der Verfahrenskosten zu tragen hat.

Dass der BFW vor diesem Hintergrund in seiner jüngsten Presseerklärung der Wahrheit zuwider bewusst falsch verbreiten lässt, dass ein „Urteil“ ergangen sei, gar „zwei einstweilige Verfügungen“ erwirkt seien und das Schwarzbuch auch „weiterhin nicht erscheinen“ dürfe, ist eine bewusste und dreiste Falschinformation der Öffentlichkeit und wird Gegenstand einer anwaltlichen Unterlassungsaufforderung sein.

Pressemitteilungen des BFW sind ohnehin mit Vorsicht zu lesen. So steht am Ende seiner jüngsten Erklärung der hehre, vorliegend vom BFW selbst ad absurdum geführte Anspruch „Der BFW begrüßt grundsätzlich auch kritische Auseinandersetzungen mit der Theorie und Praxis der Waldorfschulen.“ Das Gütersloher Verlagshaus als Verleger des Waldorf-kritischen „Schwarzbuch Waldorf“ von Michael Grandt kann darüber, wie wenig der BFW diesem selbst gesetzten Grundsatz gerecht wird, angesichts der panischen, polemischen und in jeder Hinsicht unsouveränen Reaktion des BFW auf das Schwarzbuch nur staunen. Mit Befremden nahm der Verlag jedenfalls zur Kenntnis, dass die offiziell so kritikfreudigen Vertreter des BFW in einer Sitzungspause nichts weniger vom Verlag verlangten, als dass „dieses Buch vom Markt verschwinden müsse“.

Bezüglich weiterer vom BFW angegriffener Tatsachenfeststellungen des Autors steht eine gerichtliche Entscheidung noch aus, bis dahin kann das Buch auch diesbezüglich weiterhin ungehindert vertrieben werden. Hier geht es um absolute Kleinigkeiten, wie etwa der Frage, ob der Autor ein Komma richtig gesetzt hat oder ob der vom Autor verwendete Begriff der Gleichartigkeit (der Waldorflehrerausbildung) etwas anderes bedeutet als Gleichwertigkeit. Der Justitiar des Gütersloher Verlagshauses, Rainer Dresen, sprach vor Gericht angesichts der Qualität und Quantität der vom BFW nun tatsächlich gerichtlich geltend gemachten Punkte und der vorher öffentlich behaupteten, angeblich 120 Fehlerstellen von Peanuts. Deren Vorbringen durch den BFW zeige, dass alle anderen, viel wichtigeren und bezeichnenderweise unwidersprochen gebliebenen Aussagen des Autors dann im Umkehrschluss zutreffen. Würden derartig überspannte Anforderungen wie sie das Stuttgarter Gericht vorliegend für das „Schwarzbuch“ aufstellt, auch für andere Sachbücher gelten, könne man sich, so Dresen, das Verlegen kritischer Bücher in Zukunft sparen.

Eine weitere der verhandelten Fragen war, ob Waldorfschulen an der Pisa-Untersuchung teilgenommen hatten. Der Autor hatte hierzu im Schwarzbuch keinen geringeren als den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes zitiert, dessen seit über einem Jahr vom BFW unwidersprochen hingenommene Aussage dazu lautete: „An der Pisa-Studie waren Waldorfschulen – aus welchen Gründen auch immer – nicht beteiligt.“ Nun behauptete der BFW, dass gleichwohl einzelne Schulen beteiligt gewesen sein sollen. Eine Klärung jener Frage konnte in der Verhandlung nicht erfolgen, ein präsenter Zeuge aber behauptete, von der Pisa-Organisation die Nicht-Teilnahme der Waldorfschulen ebenfalls bestätigt erhalten zu haben.

Weshalb der BFW weiterhin meint, dass die von ihm bisher benannten Textstellen nur „ ein Bruchteil dessen sind, was am Schwarzbuch als verfälschend, irreführend oder schlichtweg falsch zu werten ist“ bzw. warum er sich dann auf die Geltendmachung dieser wenigen Kleinigkeiten beschränkt hat, bleibt sein Geheimnis. Das Gericht jedenfalls machte klar, dass weitere als die beantragten Verfügungen nicht mehr ergehen werden.“

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