Google auf allen Kanälen // Amazon startet in den USA Print on Demand Programm

Wie relevant das Thema Google durch das Erscheinen des Buches „Die Google Story“ aus dem Murmann Verlag in den letzten drei Wochen in Deutschland geworden ist, durften wir gleich zweifach erleben.

Am Donnerstag widmete der STERN der Websuch-Maschine die Titelgeschichte, bereits am 2. Mai setzte sich die Computerzeitschrift c’t (Ausgabe 10/2006) kritisch mit der „Info-Krake Google – Von der Suchmaschine zum Datenimperium“ auseinander. Die 16seitige Reportage stellt u.a. nicht nur die vielen Google-Dienste vor, wie z.B. die Kleinanzeigen-Börse Base, die Bildbearbeitungs- und -verwaltungs-Software Picasa oder die webbasierte Textverarbeitung Writely, sondern beleuchtet auch, wie tief Google bereits in unsere Privatsphäre lunzen kann, bei konsequenter Nutzung der Google-Dienste.

Wer das Buch des „Washington Post“-Reporters David Vise noch nicht gelesen hat, dem sei es empfohlen, denn es hat zwei große Verdienste. Erstens offenbart es, dass nicht Nichts von Nichts kommt – im Gegenteil. Auch eine Firma wie Google, sei sie noch so unphysikalisch und digital in ihren Leistungen und deshalb auch so „unfassbar“ in vielerlei Hinsicht, hat Wurzeln und eine Geschichte. Vise erzählt diese Geschichte, die im Jahr 1996 begann, mit all ihren Widrigkeiten und Widersprüchlichkeiten. Dabei, und das ist Vises zweites Verdienst, wird deutlich, dass die Suchmaschine Google in Wirklichkeit eine gigantische Werbemaschine ist. Denn davon, den sogenannten Google Ads, bezahlten Textfeldanzeigen, meist auf der rechten Seite der Suchergebnisse, lebt Google. Mit anderen Worten: Google hat irgendwann ein Geschäftsmodell fürs Internet entwickelt, das schlicht und einfach funktioniert.

Wie gut inzwischen, zeigen die Zahlen für das erste Quartal 2006. Demnach machte Google 2,25 Milliarden US-Dollar Umsatz und fuhr einen Nettogewinn von 592,3 Millionen US-Dollar ein. Alle Medienberichte werden von Google selbst, die permanent
neue Dienste, wie den Google Web-Kalender, die deutsche Bedieneroberfläche von Google Talk (Instant Messaging) oder die Software Google Notebook ankündigen, tagtäglich überholt.

Vergleicht man die aktuellen Google Zahlen mit denen des Web-Warenhauses Amazon für den gleichen Zeitraum, darf man fast schon ins Grübeln kommen. Bei fast identischem Umsatz, 2,28 Milliarden US-Dollar kommt ein Gewinn von lediglich 51 Millionen US-Dollar heraus: Ja, da fehlt eine Null, allerdings eine entscheidende.

Auch im Detail besehen ist der Gewinnrückgang bei gleichzeitiger Steigerung des Umsatzes nicht recht erklärbar. Alleine die Kosten des Amazon Prime Programms, bei dem die bestellte Ware den Kunden versandkostenfrei zugeschickt wird, dafür heranzuziehen, ist wenig schlüssig. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass Amazon bemüht ist, Angebote, die zwar Kosten verursachen, aber von den Nutzern/Käufern nicht entsprechend angenommen werden, zu optimieren. Dazu gehört in den USA sicherlich das neue Angebot „Lebensmittel“ und in Deutschland der nun (im ersten Monat) kostenlose Verleih von DVDs.

Eine weitere wesentliche Angebots-Lücke hat Amazon USA gerade eben geschlossen: Das neue „Print-on-Demand“-Programm, ermöglicht durch die Übernahme des Unternehmens BookSurge im April letzten Jahres (wir berichteten hier: [mehr…]) ist ab sofort online http://www.amazon.com/booksurge.

Der Service, der entgegen der offiziellen Mitteilung nicht nur Verlagen sondern auch Autoren zur Verfügung steht, lockt mit attraktiven Einstiegskonditionen.

Amazon schließt damit endgültig die Verwertungskette: Vom reinen Warenverkaufshaus hin zum Buchdrucker, -verleger und, mit Hilfe des ebenfalls offerierten Marketingpaktes, zum Buchverwerter. Wer sollte seine „10 Millionen aktiven Kunden“ besser kennen und damit auch ihre Buchwünsche, denn Amazon selbst? Der Markt mit gebrauchten bzw. vergriffenen Büchern, den Amazon in seinem „Marketplace“ betreibt, dürfte genügend Zahlenmaterial liefern, um einzuschätzen, was die Kunden kaufen würden, wenn es nur im Angebot wäre.

Verwunderlich ist diese Entwicklung nicht, wenn wir daran denken, dass jeder Supermarkt inzwischen Lebensmittel mit seinem eigenen (oder no name) Label drauf verkauft: Wer den Kunden hat, macht den Markt. Nicht schlecht für jemanden, der uns 1997 noch persönlich bei Amazon willkommen hieß – willkommen als Verleger, Jeff Bezos!

STEFAN BECHT
stefan@stefanbecht.de

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