Gala zum Deutschen Hörbuchpreis 2008: Die Branche feierte sich

Preisverleihungen, die übers Radio und Fernsehen übertragen werden, haben wohl alle den gleichen Nachteil: Sie spalten die, die sie „on air“ und „off air“ verfolgt haben, in zwei Lager. So auch gestern wieder: bei der Gala zum Deutschen Hörbuchpreis im Kölner WDR-Funkhaus am Wallrafplatz.

Rainer Unglaub: „Das beste Zeichen für
einen guten Vorleser ist, wenn einer, der
einschätzen soll, vergisst, dass er
einschätzen soll.“

Zum sechsten Mal wurden die besten Hörbücher, Sprecher und Verlage in einem feierlichen Rahmen geehrt – und wer dabei war, hatte fast nur höchstes Lob für die Macher der Gala parat. Schön war sie, glamourös, stilvoll, dem kulturellen Anspruch des Mediums Hörbuch angemessen. Extra gedrehte Einspielfilme, die die verschiedenen Preisträger und Hör-Stoffe visualisierten, lockerten den Ablauf auf und gaben den Protagonisten und Hörbüchern ein Gesicht.

Etwas anders fiel die Bewertung derer aus, die als Zuschauer und Zuhörer der angeschlossenen Rundfunkanstalten die Gala verfolgten. Zweidimensional ins vorgeplante Regie-Kamera-Schema gepresst, wirkte der Ablauf eher steif, runtergespult, ohne große Überraschungen. Wie schon im letzten Jahr gerieten die Jurybegründungen zu lang und nicht passend platziert, denn sie wirkten auf die jedesmal feierlich auf die Bühne geholten Preisträger, die nach Erreichen des Pultes mehrere Minuten still sein durften, wie eine Blockade.

Als Running-Gag fungierten die Comedians
Rainer Pause und Norbert Ahlich

Da konnten auch die Comedians Rainer Pause und Norbert Ahlich, die in Kölscher Karnevalsmanier gleich drei Mal – leider ohne große Hörbuchkenntnis – über das Medium schwadronierten, nicht für Abwechslung sorgen, sondern nur für Höflichkeitsapplaus. Ein gut gemeinter Running-Gag, der jedoch als alleiniger Programmpunkt nicht die ganze Gala tragen konnte.

Wie gesagt: Wer vor Ort „mittendrin“ war und nicht über den Rundfunk einfach „nur dabei“, ist deutlich milder gestimmt und hat eine schöne, solide Hörbuchpreis-Gala in Erinnerung. Immerhin: Die Preisverleihung wurde von WDR 5, NDR Kultur, Antenne Saar und sogar im Fernsehen vom ARD-Digitalkanal EinsFestival übertragen – so viel Publicity hatte ein reiner Hörbuchpreis noch nie. Wer die Sendung verpasst hat, erhält eine zweite Chance am 13. März, sollte jedoch am Buchmesse-Donnerstag spät abends noch fit sein: Die Wiederholung läuft diesmal im (etwas einfacher zu empfangenden) WDR-Fernsehen ab 23.15 Uhr.

Haben eine Edition auf höchstem Niveau auf den
Weg gebracht: Ulrich Krenkler (Scala Z Media)
und Steinbach-Chef Peter Bosnic

Übergeben wurden die Hörbuchpreise an Anna Thalbach („Beste Interpretin“ für „Paint it black“, Lübbe Audio), Karl Bruckmaier für die Hörspiel-Bearbeitung des Weiss-Romans „Ästhetik des Widerstands“ („Das besondere Hörbuch“, der hörverlag), Peter Simonischek („Bester Interpret“ für „Der Meister des jüngsten Tages“, Hörbuch Hamburg) sowie die Schauspielerin Anna Carlsson zusammen mit Anna Thalbach als Sprecherinnen des „Besten Kinder- und Jugendhörbuchs“ „Liebe Tracey, liebe Mandy“ (Beltz & Gelberg). Weitere Preisträger sind Michael Stegemann für die „Glenn Gould Trilogy – Ein Leben“ (Kategorie „Beste Information“) sowie Peter Bosnic, Guido Heidrich und Ulrich Krenkler für die Edition „Afrika erzählt“ (Kategorie „Beste verlegerische Leistung“).

Posthum wurde Günter Eich für sein Hörspiel „Träume“ (Kategorie „Beste Fiktion“) ausgezeichnet, den Preis nahm seine Tochter Miriam entgegen. NDR-Hörspielchef Norbert Schaeffer bekam die Trophäe in derselben Kategorie dafür, den Anstoß zur Neuproduktion des Hörspielklassikers gegeben zu haben.

Das beliebteste Hörbuch des Jahres ist
„Die Säulen der Erde“ mit Joachim Kerzel,
der eindrucksvol aus dem Bestseller
vorlas

Ein Hauch von Oscar-Verleihung kam bei der Verleihung der Publikumspreise „HörKules“ und „Hörkulino“ auf, denn diese wurden erst während der Gala und nach Nennung der jeweils drei Erstplatzierten bekannt gegeben. Die Lesung „Die Säulen der Erde“ mit Joachim Kerzel (Lübbe Audio) sicherte sich den Erwachsenenpreis, die Lesung „Harry Potter und der Halbblutprinz“ mit Rufus Beck (der hörverlag) den Jugendpreis – beide Produktionen gehören damit zu den beliebtesten Hörbüchern des vergangenen Jahres.

Kerzel unterstrich mit einer kurzen Leseprobe, warum Ken Folletts Bestseller auch als Hörbuch so erfolgreich ist. Unverständlich dagegen, warum Rufus Beck nicht selbst lesen durfte – „aus juristischen Gründen“, hieß es. Allerdings dürfe man einen Ausschnitt aus dem Hörbuch abspielen, freute sich Moderator Jörg Thadeusz – und wurde prompt von der Regie eines Besseren belehrt. Das Publikum wunderte sich über die gar nicht so heimlich übergegangene Hörprobe…

„Der Deutsche Hörbuchpreis hat eine Erfolgsgeschichte erlebt: Er ist aus dem Stand heraus zu dem bedeutendsten Preis für deutschsprachige Hörbücher geworden“, sagte Rainer Osnowski, Geschäftsführer der lit.COLOGNE – diese sitzt nun offiziell mit im Boot des Vereins Deutscher Hörbuchpreis, denn mit Beginn der nächsten Wettbewerbsperiode wird sie neues Vereinsmitglied.

Zum Verein gehören bereits der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, FOCUS Magazin Verlag, WDR mediagroup und Westdeutscher Rundfunk. Der Verein ist Stifter und Träger des mit insgesamt 23.000 Euro dotierten Deutschen Hörbuchpreises. Vorstandsvorsitzender ist WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz, Geschäftsführerin Esther-Maria Roos von der WDR mediagroup.

Zur Erweiterung des Vereins meinte Osnowski: „Da die Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises von Anfang an in die lit.COLOGNE eingebunden war, ist es nur folgerichtig, dass die lit.COLOGNE nun auch dem Verein beitritt.“ Das Ziel formulierte Wolfgang Schmitz: „Mit dem Beitritt wird der Preis weiter an Bedeutung gewinnen.“

mkn

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