Erklärung der Literaturagentin Galina Dursthoff – seit 2000 für die Erben von Wenedikt Jerofejew beschäftigt – zum Streit um die Urheberrechte am Petuschki-Roman

Antwort auf die Presse-Erklärungen von Kein & Aber [mehr…]vom 13. und 23. September 2005

1. Ich habe mit Peter Haag von Kein & Aber auf der Frankfurter Buchmesse 2002 zum ersten Mal über den Fall Jerofejew gesprochen, mit dem ich als literarische Agentin der Erben von Wenedikt Jerofejew schon seit dem Jahr 2000 beschäftigt bin. Seit Ende 2002 hat sich Peter Haag bei mir intensiv um die Rechte an der autorisierten Fassung von „Moskwa – Petuschki“ beworben.

2. Die Vertreter von Kein & Aber schreiben in ihrer Presserklärung vom 13.09.2005, es sei korrekt, dass sich der Verlag für die autorisierte Fassung „interessierte“. Tatsächlich hat der Verlag ein Angebot für die Rechte abgegeben und mehrfach die Offerten anderer Verlage überboten. Nachdem der Zürcher Ammann Verlag den Zuschlag bekommen hatte, schrieb Peter Haag in zwei E-Mails vom 02.02.2004 an mich: „Mit diesem Ergebnis kann ich sehr schlecht leben“ und „Mal sehen, ich werde den von mir so lange ersehnten Autor nicht so einfach fallenlassen können“.

3. Die Vertreter von Kein & Aber irren, wenn sie in ihrer Presserklärung vom 13.09.2005 behaupten, die autorisierte Fassung weise nur „minimale Änderungen im Vergleich zu früheren Fassungen“ auf. Gleichfalls irrt Kein & Aber, wenn in der Presserklärung vom 23.09.2005 behauptet wird, „dass die Korrekturen an der Substanz des Textes nichts verändern“.

4. Tatsächlich sind in der autorisierten Fassung exakt 1.862 zum Teil grob sinnentstellende Fehler und Auslassungen korrigiert worden, die in den Übersetzungen von Albin Michel und des Piper Verlages enthalten sind. Ein entsprechendes Gutachten liegt vor.

5. Ich hatte Kein & Aber zur ersten Prüfung eine Kopie einer Veröffentlichung von „Moskwa – Petuschki“ zur Verfügung gestellt, die ohne Wissen Jerofejews 1973 in der israelischen Studentenzeitschrift „Ami“ nach einer Fotografie einer der in der UdSSR kursierenden Samisdat-Kopien entstanden war. Diesen Text hat Albin Michel seiner Übersetzung zugrunde gelegt. Jerofejew hatte viele Jahre auf der „Ami“-Kopie später handschriftliche Korrekturen angebracht und damit zunächst nur den kleineren Teil der Fehler korrigiert. Diese Arbeit vollendete er dann zusammen mit seinem Freund Wladimir Murawjow vor Drucklegung der ersten russischen Ausgabe kurz vor seinem Tod.

6. Zumindest der von Kein & Aber beauftragte Übersetzer Peter Urban als herausragender Kenner der russischen Literatur, der sich jetzt auch so tief mit Jerofejew befasst hat, müsste die autorisierte Fassung kennen. Sie liegt in Russland heute in verschiedenen Ausgaben, z.B. beim Vagrius Verlag, vor. Die Rechte an eben dieser Fassung hat der Ammann Verlag erworben.

7. Sonderbar, dass Kein & Aber in der ersten Presseerklärung behauptet, es sei „zu keinem Zeitpunkt der Nachweis erbracht worden, dass diese Fassung tatsächlich von Erofeev autorisiert wurde“. Denn der vom Verlag beauftragte Übersetzer scheint da keine Zweifel zu haben. Peter Urban verkündet nämlich in seinem Nachwort: „Übersetzt wurde nach den mittlerweile acht russischen Erofeev-Ausgaben, die alle textliche Unterschiede aufweisen. Tertium comparationis war die Kopie eines Typoskripts des Autors mit handschriftlichen Korrekturen und Strichen Erofeevs, vorgenommen kurz vor seinem Tode 1990“ – eben jene „Ami“-Kopie, die ich Kein & Aber ausschließlich zum Zwecke der Prüfung zur Verfügung gestellt hatte. Diese Fassung ist urheberrechtlich geschützt; Kein & Aber hat daran keine Rechte erworben; weder bei der Erbin von Wenedikt Jerofejew noch bei Piper oder Albin Michel, die auch nicht über die entsprechenden Rechte verfügen.

8. Ich verzichte darauf, auf die Darstellungen von Kein & Aber zur Rechtmäßigkeit der Ausgabe des französischen Verlages Albin Michel im Einzelnen einzugehen, von dem Kein & Aber über den Piper Verlag die Rechte an seiner Ausgabe erworben haben will. Der Pariser Rechtsanwalt André Schmidt hat im Auftrag von Jerofejews Erbin Klage gegen Albin Michel eingereicht. Er hat bereits die Erben einer Reihe von russischen Künstlern in ähnlichen Fällen erfolgreich vertreten, darunter Dmitri Schostakowitsch, Sergej Prokofjew und Michail Bulgakow.

Köln, 27.09.2005
Galina Dursthoff

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