C.H. Beck nimmt Stellung zu Plagiatsvorwürfen gegen das Buch „Große Seeschlachten. Wendepunkte der Weltgeschichte von Salamis bis Skagerrak“

C.H. Beck nimmt jetzt ausführlich Stellung zu Plagiatsvorwürfen, die vergangene Woche für Wibel im Feuilleton sorgten. In einem öffentlichen Facebook-Eintrag [mehr…] hat Arne Janning am 22. April 2014 behauptet, die C.H. Beck-Autoren Arne Karsten und Olaf Rader hätten ihr Buch „vollständig aus Wikipedia-Einträgen zusammenkopiert“, und dafür vier Belege angeführt.

Der Verlag hat den Vorwurf zum Anlass genommen, das Buch selbst mit zwei Plagiats-Suchprogrammen (darunter das einschlägige Programm „iThenticate“) sowie durch vergleichende Lektüre zu überprüfen.

Aufgrund der Prüfung hat der Verlag beschlossen, das Buch nicht weiter auszuliefern. Bei der Prüfung hat sich folgendes Bild ergeben:

˗ Der Vorwurf, das Buch sei vollständig aus Wikipedia-Artikeln zusammenkopiert, ist abwegig.

˗ In den sechs von Arne Karsten verfassten Kapiteln (6. Lepanto; 7. Armada; 8. Vier-Tage-Schlacht; 10. Lissa; 11. Tsushima; 12. Skagerrak) findet sich – mit Ausnahme von zwei von Olaf Rader verfassten Bildtexten im Kapitel „Lepanto“ – kein einziges nicht nachgewiesenes Zitat.

˗ In den von Olaf Rader verfassten Kapiteln (einschließlich Epilog) findet sich eine Reihe von nicht nachgewiesenen Zitaten. Im Kapitel „1. Salamis“ sind das auf 29 Druckseiten rund 13 Stellen mit insgesamt 3000 Zeichen, was etwa 1,5 Druckseiten oder rund 5% des Textes entspricht. Die meisten dieser nicht kenntlich gemachten Zitate stammen aus dem Wikipedia-Artikel zur Schlacht bei Salamis.

In den Kapiteln 2 bis 5 finden sich deutlich weniger nicht kenntlich gemachte Zitate: Im Kapitel „2. Mylae“ haben wir vier kurze Stellen aus vier verschiedenen Wikipedia-Artikeln gefunden. Im Kapitel „3. Actium“ gibt es rund 12 nicht nachgewiesene Zitate, vor allem aus den Wikipedia-Artikeln „Marcus Antonius“ und „Schlacht von Actium“. Im Kapitel „4. Konstantinopel“ gibt es zehn kurze Stellen, die in der Formulierung Wikipedia-Artikeln ähneln oder gleichen, vor allem den Artikeln „Belagerung von Konstantinopel“ sowie „Byzantinische Marine“. Im Kapitel „5. Montechristo“ findet sich eine kurze Stelle (118 Zeichen) zum Begriff der Kimm, die der entsprechenden Erklärung im Wikipedia-Artikel „Horizont“ stark ähnelt.

Als besonders problematisch hat sich Kapitel „9. Trafalgar“ erwiesen, weil hier der Schlachtablauf angelehnt an den 2003 von Thomas Siebe im Internet publizierten Artikel „Mythos Trafalgar“ erzählt wird. Die Quote der sehr ähnlichen Formulierungen beläuft sich hier auf rund 10%. In dem von Olaf Rader im Namen beider Autoren verfassten Epilog haben wurde 12 nicht als Zitat nachgewiesene wortgleiche oder -ähnliche Übereinstimmungen mit verschiedenen Wikipedia-Artikeln gefunden.

Der Verlag entschuldigt sich für die nicht kenntlich gemachten Übernahmen aus Wikipedia-Artikeln und insbesondere für die Anlehnung an den Trafalgar-Artikel von Thomas Siebe. Während man darüber streiten kann, wie originell Formulierungen zu technischen Details sind, über die man sich auch in anderen Artikeln und Büchern informieren kann, entspricht die nicht kenntlich gemachte auch darstellerische Orientierung eines Kapitels an dem Artikel eines anderen Autors zum gleichen Thema keinesfalls den Ansprüchen des Verlags an sein Programm. Olaf Rader bedauert die nicht nachgewiesene Nutzung fremder Texte zutiefst.

Die eigentliche wissenschaftliche und geistige Leistung der Autoren, Seekriegsgeschichte in globalhistorischer sowie primär kultur-, nicht militärgeschichtlicher Perspektive darzustellen, sieht der Verlag durch die oben skizzierten Übernahmen aus Fremdtexten auf der Faktenebene nicht beeinträchtigt. Wir weisen auch im Namen der Autoren den Vorwurf zurück, das Buch bestehe aus nichts weiter als solchen Übernahmen, weil das auch bedeuten würde, dass es außer chronologischen und technischen Fakten nichts zu bieten hätte. Diese Fakten sind jedoch nur die Grundlage für eine Interpretation von 2500 Jahren Geschichte aus maritimer Perspektive. Der Verlag begrüßt es, wenn ihn Hinweise auf Fehlverhalten erreichen. Diese sollten aber mit Rücksicht auf die Konsequenzen für die Betroffenen sorgfältig geprüft werden, bevor sie publiziert werden. Die Plagiatsverdächtigungen gegen Arne Karsten erweisen sich als haltlos. Die Vorwürfe gegen Olaf Rader bestätigen sich zwar teilweise, aber es ist unklar, ob sie urheberrechtlich relevant sind. Olaf Rader hat sich mit Thomas Siebe über die Nutzung des Artikels „Mythos Trafalgar“ verständigt.

Der Vorwurf von Arne Janning, die Autoren hätten DFG-Mittel zweckwidrig eingesetzt, ist falsch. Das Buchprojekt ist von der DFG nicht gefördert worden, wie die DFG nach einer Überprüfung in einer Stellungnahme mitteilte [mehr…].

Arne Janning hat dem Verlag zugesagt, bis zum Abend des 24. April weitergehende Belege, über die zu verfügen er öffentlich behauptet, zur Kenntnis zu bringen. Diese Belege sind bisher nicht eingetroffen. Das Vorgehen, pauschalisierende Behauptungen in die Welt zu setzen, ohne diese hinreichend zu belegen, ist nicht akzeptabel. Die Autoren haben rechtliche Schritte gegen Arne Janning eingeleitet.

Der Verlag begrüßt die Debatte um den Umgang mit digitalen Publikationen, insbesondere mit der Internet-Enzyklopädie Wikipedia, die nun im Gange ist. Das Internet hat den Umgang mit Wissen auf eine neue Grundlage gestellt, und dies auch in praktischer Hinsicht, da es verführerisch leicht ist, Informationen – mit oder ohne die dazugehörige Formulierung – vom Internet in ein eigenes Dokument zu kopieren. Der Verlag vertraut weiterhin seinen Autorinnen und Autoren, stellt aber fest, dass diesem Thema künftig gemeinsam mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Diskutiert werden sollte aber auch der Stellenwert von Wikipedia in der Wissenschaft. Jeder benutzt sie, keiner zitiert sie – das scheint bisher die Devise zu sein. Wissenschaftler und Verlage sollten ihren Umgang mit der Online-Enzyklopädie klären. C.H. Beck ist gerne bereit, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.

München, den 29. April 2014
Verlag C.H. Beck

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