Bund der Freien Waldorfschulen erwirkt einstweilige Verfügung gegen „Schwarzbuch Waldorf“

Am 11. September 2008 hat das Landgericht Stuttgart dem Gütersloher Verlagshaus durch Einstweilige Verfügung untersagt, das Buch des Autors Michael Grandt „Schwarzbuch Waldorf“ anzubieten, auszuliefern oder zu verbreiten, gibt Random House jetzt in einer Pressemitteilung bekannt.

Das betreffe die Inhalte, „soweit es zum Thema des Verhältnisses der Waldorfpädagogik zu körperlichen Strafen in den Waldorfschulen aus dem Buch ‚Die Strafe als Selbsterziehung und in der Erziehung des Kindes‘ von Erich Gabert zitiert, ohne dabei nachfolgend näher bezeichnete gerichtliche Auflagen zu beachten“, heißt es.

Der Verlag bedauere, dass der Bund der Freien Waldorfschulen das Angebot des Verlages zu einem klärenden Gespräch über angebliche falsche, in Wirklichkeit nie auch nur ansatzweise substantiierte Tatsachenbehauptungen ausgeschlagen und stattdessen gerichtliche Hilfe gesucht hat. „Souveränität im Umgang mit Kritikern sieht anders aus, entsteht doch so der Verdacht, dass ein grundsätzlich missliebiges Buch in Gänze verhindert und ein renommierter Autor mundtot gemacht werden soll“, heißt es aus Gütersloh.

Und weiter: „Der Verlag wird diesen durchsichtigen Versuch der Beeinflussung der öffentlichen Diskussion über die kontroverse, in Grandts Buch thematisierte Frage, ob die Waldorfschulen Weltanschuungsschulen sind, mit allem Nachdruck zurückweisen. Deshalb wird der Verlag gegen die Einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen. Bis zu einer positiven Entscheidung über den Widerspruch wird das Buch mit einem klarstellenden Hinweis ausgeliefert, der den gerichtlichen Auflagen entspricht.

Ein Kritikpunkt des Gerichts war, dass im Schwarzbuch nur Passagen aus dem Buch von Gabert, immerhin von 1951 bis 1993 in zehn Auflagen als Band 1 der Schriftenreihe der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen erschienen, zitiert werden, die sich zustimmend zu körperlichen Strafen äußern. Eindeutig der Anwendung körperlicher Gewalt zustimmenden Passagen bei Gabert wie zB „Das Schmerzerlebnis hat eine seelisch-reinigende und zugleich eine das Bewusstsein aufweckende und aufhellende Wirkung. Dabei kann solcher Schmerz in der Strafe von der aller verschiedensten Art sein. Er kann rein physischer Schmerz sein, wie bei einem Schlage, einer Ohrfeige.“ müssten, so das Gericht, zukünftig auch Passagen gegenübergestellt werden, in denen Gabert die negativen Folgen körperlicher Gewalt erörtert.

Im Schwarzbuch muss zukünftig weiter klargestellt werden, dass 1993 eine Neubearbeitung des Gabert-Buchs durch einen Autor Kniebe erfolgte, in der körperliche Strafen ausdrücklich abgelehnt werden. Interessanterweise aber nennt das Vorwort der Neubearbeitung Gaberts Fassung trotz der teilweisen Abkehr von dessen Thesen zur körperlichen Gewalt weiterhin einen „Klassiker der Literatur zur Waldorfpädagogik“ und ein „verdienstvolles Buch“. Und die oben zitierte Passage Gaberts zur körperlichen Gewalt schreibt Kniebe trotz seiner Ablehnung körperlicher Gewalt im Übrigen nur eher dezent um zu: „Das Schmerzerlebnis hat eine seelisch-reinigende und zugleich eine das Bewusstsein aufweckende und aufhellende Wirkung. Dabei kann solcher Schmerz in der Strafe von der aller verschiedensten Art sein. Der rein physische Schmerz, wie beim Schlag, bei der Ohrfeige, kommt wohl in den seltensten Fällen wirklich in Betracht.“

Schließlich muss nach dem Wunsch des Gerichts klargestellt werden, dass sich die Verlagswerbung des überarbeiteten Gabert-Werkes („Georg Kniebe hat das Buch – bereits in mehreren Auflagen erschienen und zu einer unverzichtbaren Grundlage der Waldorfpädagogik geworden – grundlegend aktualisiert und durch eigene Überlegungen ergänzt“) nicht mehr auf die Gabert-Fassung, sondern ausschließlich auf die Kniebe-Neubearbeitung beziehen soll. Der Verlag wird diesen Hinweis beachten, jedoch seine entgegenstehende, der Sprachlogik folgende Auslegung der Reichweite der Verlagswerbung gerichtlich verteidigen.“

Das Thema war in Besprechungen einiger großer Tageszeitungen bereits aufgenommen worden. Interne Kreise der Freien Waldorfschulen kritisieren das Vorgehen des Bundes der Waldorfschulen bereits. Es würde die negative Publicity der Waldorfschulen verstärken, heißt es.

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