Das Sonntagsgespräch „Es gibt noch viele verdammt gute Buchhandlungen!“ Michael Riethmüller über den Stand der BuyLocal-Kampagne

Im vergangenen Jahr kündigten Michael und Margarete Riethmüller, Inhaber der Buchhandlungen RavensBuch in Ravensburg und Friedrichshafen, eine Kampagne für den inhabergeführten Einzelhandel in der Region an. Unter dem Namen „BuyLocal“ ist ein bundesweites Gütesiegel geplant, das beim Kunden ein Bewusstsein dafür schaffen soll, wo er einkauft und was von seiner Kaufentscheidung alles abhängt (s.a. BuchMarkt 10/2011). Michael Riethmüller wird das Projekt in der kommenden Woche auf den Buchtagen und auf der AKS-Tagung in Berlin vorstellen. Wir haben ihn vorab nach dem Stand der Dinge gefragt.

Herr Riethmüller, im vergangenen Jahr haben Sie die BuyLocal-Kampagne angekündigt. Was ist seither passiert?

Michael Riethmüller

Michael Riethmüller: Nach intensiver Diskussion über die Statuten sind wir in der konkreten Organisationsarbeit angelangt. Genau 110 Anfragen aus dem Buchhandel sind bei uns eingegangen, von denen bisher etwa 40 konkret ihre Bereitschaft erklärt haben, unserem Verein beitreten zu wollen. Diesen werden wir nächste Woche, am Donnerstagabend auf den Buchtagen in Berlin in Anwesenheit von Herrn Dr. Wallenfels gründen. Da leider nur wenige Sortimentsbuchhändler die Buchtage besuchen, werden nur etwa zehn Gründungsmitglieder den Verein aus der Taufe heben.

Welche Probleme sind noch zu klären?

Wir werden einen konkreten, mit Herrn Dr. Wallenfels abgesprochenen Satzungsentwurf vorlegen. Aber selbstverständlich muss dieser auch von den Gründungsmitgliedern gebilligt werden. Ebenso die Struktur und Höhe der Mitgliedsbeiträge. Und damit sind wir beim leidigen Thema, beim Geld, angelangt. Momentan treten wir – RavensBuch – in Vorleistung, sind aber sicher, dass es uns gelingen wird, durch die Vereinsbeiträge, aber auch über Spenden die benötigten Mittel aufzutreiben. Denn unsere Kampagne soll natürlich dazu beitragen, die von vielen Verlagen als zunehmend existenzbedrohend empfundene Konditonenknebelung durch Erhalt der Vielfalt abzumildern. Wir mittelständischen Buchhandlungen sind deren natürliche Verbündete! Aber nicht nur Verlage fühlen sich durch unsere Kampagne angesprochen.

Der Name BuyLocal steht als Kampanen-Name bzw. Gütesiegelname fest?

Der Name „BuyLocal“ wird seit nahezu zwei Jahren immer wieder kritisiert, allerdings sehr viel häufiger heftig verteidigt. Aber jedermann bestätigt, dass er zielgenau unser Anliegen beschreibt. Außerdem haben wir uns die Seite buylocal.de gesichert, so dass ein einheitlicher Auftritt gesichert ist.

Wie wird das Logo aussehen?

Da wir ein möglichst gutes Logo vorlegen wollen, haben wir Groothuis Lohfert, Consorten – Gesellschaft für Formfindung und Sinneswandel damit beauftragt. Mitte Juli können wir mit Ergebnissen rechnen.

Was kommt auf einen Buchhändler zu, der mitmachen möchte? Wie viel Zeit und Geld muss er investieren?

Wer sich an BuyLocal beteiligt, muss sich vor allem verpflichten, die Statuten einzuhalten (einsehbar unter www.buylocal.de. Und natürlich die in Zusammenarbeit mit Groothuis erarbeitete Werbekampagne unterstützen sowie Werbemittel und Maßnahmen einsetzen und vor Ort nach geeigneten Kandidaten aus anderen Branchen, nach anderen Leuchttürmen, suchen. Bei allen, die sich bei uns gemeldet haben, ist die deutliche Bereitschaft, sich engagieren zu wollen, deutlich spürbar. Das finanzielle Engagement wird sich sicherlich an der Umsatzgröße des Betriebs orientieren. Wir werden bei der Vereinsgründung einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.

Wie stemmen Sie selbst das Projekt bei laufendem Betrieb von zwei großen Buchhandlungen?

Wir haben bisher schon einiges an Zeit und Geld investiert. Zum Glück haben wir die Ressourcen. Großartig und stimulierend ist der Zuspruch, den wir mit unserem Anliegen – auch von anderen Einzehändlern aus unserer Stadt – erfahren. Das beflügelt uns, da wir sehen, dass wir Geburtshelfer einer wunderbaren Idee sind.

Sind Sie im Gespräch mit anderen Unternehmensverbänden? Wenn in Zukunft beispielsweise geprüft werden muss, ob ein Unternehmen mitmachen kann, das nicht zum Buchhandel gehört, wie wird das bewerkstelligt?

Mit der IHK Bodensee/Oberschwaben sind wir im Gespräch und werden Anfang Juli Einzelhandelskollegen das Konzept vorstellen. Über den Kollegen Jan Orthey haben wir Kontakt mit der Leuphana in Lüneburg, einer jungen Universität, die sich ganz dem Thema der Nachhaltigkeit verschrieben hat und über einen freigestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter in Lüneburg dieses Thema mit Unternehmern anderer Branchen durchspielt. Bis zur Buchmesse ist noch viel tun, aber immer mehr Kolleg(Inn)en werden ja aktiv. Eine Bemerkung ganz zum Schluss: Eines zumindest haben wir – seit wir uns mit diesem Thema beschäftigen – gelernt und erfahren: Es gibt noch viele verdammt gute Buchhandlungen!

So stellt sich die Kampagne BuyLocal dar:
Unsere Vision
Bundesweit stehen Einzelhändler und Kunden gemeinsam für ihre vielfältige und starke Region ein. Die Einzelhändler übernehmen Verantwortung für den gemeinsamen Lebensraum und ihre lebendige Innenstadt. Die Kunden unterstützen diese Bemühungen durch ihre bewusste Kaufentscheidung bei engagierten örtlichen Händlern und dem Kauf regionaler Produkte – vor Ort und im Internet. Das Label buylocal soll diesen Inhalt kommunizieren und als verlässliches Gütesiegel dafür einstehen.

Begründung
Wir Einzelhändler müssen dem Bürger und den Kunden klar machen, dass ihre Kaufentscheidung maßgeblich das Aussehen und die Lebensqualität ihrer Region beeinflusst. Unter dem Slogan: buylocal soll dem Kunden vermittelt werden, dass unser Einzelhandelsgeschäft sich zur Einhaltung bestimmter Regeln verpflichtet. Dies wird durch ein zertifiziertes Siegel sichtbar. Dem Kunden muss klar sein, dass er durch seinen Einkauf seine Region kulturell und sozial aktiv mitgestaltet. Wir wollen erreichen, dass diese Bewegung von vielen unabhängigen Einzelhändler in ganz Deutschland getragen wird, die aktiv und verantwortungsvoll das Leben in ihrer Region beeinflussen wollen. So wird beim Kunden ein Bewusstsein für die Folgen einer Kaufentscheidung geschaffen, und es wird aktiv für ein regionales Einkaufen – auch im Internet – geworben.

– Mittelständischer, inhabergeführter Einzelhandel schafft Arbeitsplätze vor Ort.
Die Löhne unserer Mitarbeiter, die Gewinne unserer Firmen fließen in hohem Maß zurück in die Stadt und sorgen damit wiederum für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
– Mit unseren Steuern tragen unsere Firmen und Mitarbeiter dazu bei, dass Kindergärten, Schulen, Freizeit- und Kultureinrichtungen für alle Bürger zur Verfügung gestellt werden können.
– Wir Einzelhändler leben auch meistens in unserer Stadt. Wir übernehmen Verantwortung, sind ansprechbar und unterstützen Institutionen und Initiativen vor Ort.
– Wir Einzelhändler bieten faire Arbeitsbedingungen. Wir bezahlen nach Tarif. Unsere Mitarbeiter haben unbefristete Arbeitsverträge, nur in Ausnahmefällen weichen wir davon ab.
– Eine interessante und einzigartige Stadt lockt Touristen und Gäste an. Davon profitieren wir alle.
– Sie möchten, dass Ihre Wohnung sich von anderen abhebt. Warum soll dann unsere Innenstadt wie jede andere aussehen?

Quelle: buylocal.de

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