KrimiZEIT-Bestenliste im Dezember – hier zum Download

Heute ist die KrimiZEIT-Bestenliste Dezember 2016 in der Wochenzeitung DIE ZEIT erschienen; hier können Sie die Liste downloaden und als Plakat ausdrucken. An der Spitze der KrimiZEIT-Bestenliste Dezember 2016 finden Sie neu auf

Platz 1: Miss Terry von Liza Cody

Nita Tehri, 23 Jahre jung, in England geboren, aus einer sehr patriarchalen und traditionalistischen Familie, hat es geschafft. Sie ist beliebte als Lehrerin in ihrer Grundschule, besitzt eine eigene kleine Wohnung am Themseufer und wird von ihrem Vater und den Cousins nicht mehr behelligt. Doch als im Schuttcontainer vor ihrem Haus die Leiche eines dunkelhäutigen Neugeborenen gefunden wird, ist es vorbei mit den Illusionen gelungener Integration. „Miss Terry“, wie sie mit britischer Arroganz genannt wird, gilt als Kindsmörderin und muss sich gegen Polizeiwillkür, DNA-Tests und die Entlassung aus dem Schuldienst wehren. Wie schon in der bewundernswerten Trilogie um Eva Wylie und in Lady Bag ergreift die 1944 geborene Liza Cody, selbst mit indischen Wurzeln, das Panier einer gesellschaftlich stumm gestellten Frau. Und wieder geht es, amüsant, mitreißend und gefahrvoll, um Emanzipation im Abwehrkampf: Als Detektivin in eigener Sache lernt Nita, dass Anpassung an die Normen der Mehrheitsgesellschaft keinen Schutz bietet, auch innerlich muss sie frei werden.
„Miss Terry ist ein großes Buch. Wieder eigentlich kein Krimi, sondern das Ergebnis des haarfeinen, gewohnt präzisen Gesellschaftsmikroskopierens von Liza Cody.“ (Elmar Krekeler, Die WELT)

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Neu auf der KrimiZEIT-Bestenliste Dezember finden Sie weitere drei Titel. Insgesamt sind es diesmal zwei englische, ein irischer und ein deutscher. Mit zusammen 1.370 Seiten. Neu dabei sind:

Auf Platz 2: Bogmail von Patrick McGinley

Über Patrick McGinley, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen deutsch-irischen Autor und Regisseur Jahrgang 1977, sind die verfügbaren Daten rar. Er wurde 1937 in Glencolmcille, Donegal, geboren, arbeitete als Lehrer, übersiedelte nach Kent, wo er als Autor und Verleger tätig ist. Bogmail, 1978 erstmals und 2013 erneut in der Reihe Modern Irish Classics veröffentlicht, ist sein spätes, aufregendes Debüt auf dem deutschen Markt.
Ex-Priester und Kneipier Roarty hat seinen Kellner erschlagen, im Moor verbuddelt und fühlt sich besser, der Mord scheint perfekt. Doch dann erhellt er Bogmails (ein Neologismus aus bog = Moor und blackmail = Erpressung). Der bisher friedliche Zusammenhalt gebildeter oder gehobener Schätzer an seinem Tresen verwandelt sich in einen Hobbes’schen Krieg aller gegen alle, verschärft durch Streitereien um Religion, Ritus, Grundstücke und den englisch-irischen Konflikt. Der aber gleichzeitig im traulichen Gespräch whiskey-liebender Männer auch wieder in Phasen des Waffenstillstands umschlägt.
„Eine Perle“ habe der Steidl-Verlag mit diesem Text ausgegraben, schwärmt Sylvia Staude. Und hat eine reizvolle Revision der Paratexte vorgenommen. Statt „Kriminalroman“ nennt der Verlag Bogmail einen „Roman mit Mörder“ – Vorbild für alle Klappentexter, die literarische Qualität vorstellen möchten.

Auf Platz 7: Nussschale von Ian McEwan

Formal gesehen, hat Ian McEwans jüngstes Kunststückchen alle Elemente eines Kriminalromans: einen Detektiv, der später zum Zeugen wird, ein Komplott, Mord und Mörder. Ungefähr so, wie formal gesehen der Icherzähler ein Mensch ist: Er hat Arme, Beine, Verstand, Augen. Aber er ist noch nicht geboren. Seine Geschichte ist die Hamlets: Mutter und Onkel wollen seinen Vater ermorden, er will Rache, wenn er die Untat nicht verhindern kann.
In der Jury gehen die Meinungen auseinander:
„McEwans Geschichte funktioniert auf vielen Ebenen: als bitter-ironischer Kommentar zum desolaten Zustand der Welt, als wahnwitziges literarisches Experiment – und als zeitgenössischer Roman noir. Mit der düsteren Konsequenz und dem Fatalismus, die man aus den besten Filmen der Schwarzen Serie kennt. (…) Nur dass der Held, der – sehenden Auges, aber unfähig zu handeln – in die Katastrophe schliddert, kein von Geldgier und Lust Getriebener ist, dessen Zeit abgelaufen ist. Sondern jemand, dessen Leben noch nicht einmal begonnen hat.“ (Marcus Müntefering, SPIEGELonline)
„Diese amüsant die Begrenztheit des Lokals („wie eine zu enge Mütze“) wortreich sprengende Fötologie eifert dem erklärten Ziel nach: ‚Alle Kunst will wie die Kunst Mozarts sein.‘ Doch die war nicht so harmlos wie McEwans Kamin-Plauderei über die unendliche Freiheit der Ungeborenen.“ (Tobias Gohlis, RECOIL)

Auf Platz 9: Zwei Sekunden von Christian v. Ditfurth

Am Beginn stand die Frage, ob es ihm gelingen könnte, so etwas wie einen amerikanischen Politthriller auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. In Tempo, Intrige, Action und Hintersinn ist das Christian v. Ditfurth gelungen: Sein arroganter, aber frecher und freier Kommissar de Bodt braucht zwar die Unterstützung der Kanzlerin, um eine Serie von Morden unter Ministern und Ministerialen aufzuklären. Aber er hat es auch mit extrem finsteren Gegnern zu tun: mit ausgebufften Killern, Geheimdiensten, der deutschen Bürokratie, dem sich selbst blockierenden Rechtsstaat und erstaunlich langfristig denkenden Heuschrecken.
„Böser Thriller, scharfe Satire.“ (Tobis Gohlis, DIE ZEIT)

Die Dauerchampions: Zum vierten Mal stehen Giancarlo de Cataldo/Carlo Bonini mit Die Nacht von Rom und Friedrich Ani mit Nackter Mann, der brennt auf der KrimiZEIT-Bestenliste. Zum dritten Mal ist Malla Nunn mit Zeit der Finsternis dabei.

Die KrimiZEIT-Bestenliste Dezember wird am 1.12.2016 auf ZEITonline unter www.zeit.de/krimizeit-bestenliste und im Nordwestradio veröffentlicht, am Donnerstag, den 1.12.2016 gegen 9.20 live mit Tobias Gohlis und in den Sendungen der „Buchpiloten“, hier nachzuhören

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