Jens Lindner zu seinem Plagiat

Jens Lindner nimmt Bezug auf unsere Berichte „Neues Plagiat? Löst Jens Lindner Helen Hegemann ab“ [mehr…] und „Piper nimmt Jens Lindners Plagiat vom Markt“ [mehr…]und bittet um Veröffentlichung der nachfolgenden Stellungnahme

Zu dem Vorwurf, bei meinem Roman „Döner for One“ handele es sich um ein Plagiat, möchte ich mich wie folgt äußern:

Mangels eines schlüssigen Plots habe ich mich an der Story von Janet Evanovichs „Einmal ist keinmal“ entlanggeschrieben. Dies war ein Fehler, für den ich mich an dieser Stelle bei meiner Literaturagentur, meinem Verlag, meinen Lesern und den Fans von Janet Evanovich in aller Form entschuldige.

Dass „Döner for One“ sofort vom Markt genommen wurde, war die einzig richtige Konsequenz meines Verlages, für deren Folgen ich die Verantwortung übernehme.

Kann Jens Lindner denn nicht selbst schreiben?

Das mögen andere beurteilen, Fakt ist, dass ich seit Jahren schreibe und – Menschen die ebenfalls schreiben wird dieses Szenario bekannt vorkommen – meine Manuskripte wie Brieftauben stets den Weg nach Hause zurückfanden. Einen letzten Versuch wollte ich noch starten und so verfasste ich eine schmissige Leseprobe (die meiner Fantasie entstammte) und schickte diese an eine Literaturagentur. In Ermangelung eines Plots habe ich mich von Janet Evanovich inspirieren lassen; ich ging fest davon aus, dass auch dieser letzte Versuch postwendend abgelehnt würde. Umso größer war die Überraschung, als man großes Interesse an meinem „Roman“ bekundete und das Gesamtmanuskript anforderte. Vor lauter Freude hätte ich beinahe vergessen, dass es ja noch gar kein Gesamtmanuskript gab. Was tun? Im Stil der witzigen, rasanten Leseprobe weiter zuschreiben wäre kein Problem gewesen, aber einen Plot zu entwickeln, dazu hätte es Wochen oder gar Monate gebraucht, schließlich gehe ich einer Vollzeitbeschäftigung nach, Schreiben konnte (kann) ich nur am Wochenende. Also habe ich Janet Evanovichs Roman als Grundgerüst benutzt, um darüber meine eigenen Ideen zu stülpen.

Hatte ich dabei kein schlechtes Gewissen?

Ja und Nein, da ich immer noch von einer Absage für das Gesamtmanuskript ausging. Ins „Recall“ schaffen es viele – doch erst im Re-Recall (um beim DSDS-Sprech zu bleiben) kommt die Stunde der Wahrheit. Und die kam sehr schnell: Das Manuskript gefiel und sollte angeboten werden. Hier hätte ich die Reißleine ziehen müssen; ab hier befand sich mein Gewissen im roten Bereich. Ich beruhigte mich jedoch mit den Zitaten anderer, großer Plagiatoren wie Goethe, Mann, Brecht, die sich allesamt an fremdem Eigentum bedient haben und ganz offen dazu standen. Als der Piper Verlag Interesse bekundete, war die Freude so unaussprechlich, das auch der letzte Rest Vernunft den Bach runterging; vor mir lag mein erster Autorenvertrag, unterschrieben vom Geschäftsführer einer der renommiertesten deutschen Verlage. Soviel Mumm, diesen Vertrag statt mit meiner Unterschrift mit einer Erklärung der Sachlage zurückzuschicken, das gestehe ich ein, hatte ich nicht. Stattdessen setzte ich alle Hoffnung auf einen aberwitzigen Plan: ich wollte unter einem Vorwand das Manuskript in der verbleibenden Zeit bis zum Lektorat komplett umschreiben, alle fremden Einflüsse unkenntlich machen, mein eigenes Buch quasi nachliefern. Also teilte ich meiner Agentur mit, mir sei inzwischen ein noch besserer Plot eingefallen und ich müsse nachträglich Änderungen vornehmen. Daraufhin antwortete man mir, dies sei nun nicht mehr möglich, da sich der unterzeichnete Verlagsvertrag auf das eingereichte Manuskript beziehe. (Meine Lektorin sagte mir später, dies wäre sehr wohl möglich gewesen, da war es jedoch für größere Änderungen bereits zu spät.)

So ist „Döner for One“ entstanden. Ich erzähle dies alles nicht, um mein Fehlverhalten zu beschönigen oder zu relativieren. Die Seifenblase, die mein trügerisches Autorenidyll umgab, ist geplatzt, weil ich einer Versuchung bis zum Schluss nachgegeben habe, anstatt die Wahrheit zu sagen. Ja, ich habe einen großen Fehler gemacht; dafür stehe ich gerade.

Homepage: http://www.jens-lindner.de/

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