Das Autorengespräch Klaus-Peter Wolf über den Erfolg seiner Ostfriesen-Krimis

Künftig immer freitags ab 15 Uhr hier ein Autoren-Gespräch – heute mit Klaus-Peter Wolf: Mit Ostfriesenschwur ist er am Montag auf Platz 1 der SPIEGEL-Taschenbuchliste. Der Krimi hat sich 360.000 Mal verkauft, ebenso oft wie die Backlist. Neben Charlotte Link war Wolf 2015 der meistverkaufte Krimi-Autor im Bereich „Taschenbuch Originalausgabe“.

Und was ganz wenige Autoren schaffen: Auch seine beiden letzten Ostfriesenkrimis waren Top-SPIEGEL-Bestseller: Beide gingen in der ersten Woche des ET von 0 auf 1 (Ostfriesenfeuer und Ostfriesenwut). Jetzt wiederholt sich dieser Erfolg. Es gibt also genügend Anlässe für Fragen an den Autor:

Klaus-Peter Wolf: „Engagierte BuchhändlerInnen haben meinen Erfolg erst möglich gemacht“
(c) Petra Gerster

BuchMarkt: Klaus-Peter, der Buchhandel wünscht sich genau solche Autoren wie Dich, die ihm einen „garantierten“ Umsatz liefern.

K.-P. Wolf: Oh, die engagierten BuchhändlerInnen und die treuen Leser haben dieses Wunder erst möglich gemacht und aus einer kleinen Regio-Krimireihe eine Kult-Krimireihe gezaubert …

Wir kennen uns schon so lange, ich weiß, das war nicht immer so …

Wie wahr, es gab Zeiten, da lagen meine Bücher wie Steine im Regal und kein Mensch kaufte sie. Ich konnte meine Miete nicht zahlen, und ein Freund riet mir, in seiner Versicherungsagentur einzusteigen. Bei meinem Talent Lügengeschichten zu erfinden, prophezeite er mir eine große Zukunft in seiner Branche. Ich schrieb dann Fernsehserien und einiges für den Tatort und Polizeiruf 110. Ich glaube gut 150 Stunden Fernsehen sind von mir …

… nicht die schlechtesten …

… aber ich schrieb immer weiter Bücher und ging auf wirklich ausgedehnte Lesereisen, oft durch Schulen für den Bödecker-Kreis. Ich mache das noch heute und kenne deshalb mein Publikum. Ich habe es mir erlesen und erschrieben. Inzwischen sind mehr als drei Millionen Ostfriesenkrimis von mir verkauft worden. Dazu kommen noch die Hörbücher. Ich lese sie selbst ein. Das mache ich leidenschaftlich gerne. Mein Produzent Ulrich Maske vom GoyaLit Verlag sagt: „Keiner interpretiert deine Figuren so wie du.“

Dein Publikum liebt Dich auch dafür, hab ich selbst erlebt.

Ja, wenn ich abends aus den Büchern vorlese, ist die Hütte meist Wochen vorher ausverkauft. Gerade war der Start für Ostfriesenschwur. In Nordenham in der Jahnhalle, dann Wremen in der Willehadi-Kirche: 280 Gäste. Bremerhaven, Theater im Fischereihafen: 300 Gäste. Weiter geht es in Achim und dann folgt eine Tour durchs Ruhrgebiet. Gelsenkirchen (Stadttheater), Bottrop. Dinslaken. Dorsten … Ich kann es nicht alles aufzählen. Auf meiner Homepage www.klauspeterwolf.de findest Du die nächsten 100 Termine.

Und trotzdem giltst Du in manchen Regionen Deutschlands noch als „Regional-Schriftsteller“.

Das liegt beatimmt an den Titeln meiner Bücher. Da ist es für „Nichtleser“ leicht, sie einzuordnen. Allerdings erscheinen meine Bücher auch in Polen, Estland, Frankreich, Russland … Die denken ja zum Teil noch, Ostfriesland sei in Ostdeutschland. Gute Kriminalromane sind immer klar in Zeit und Raum verortet. Ian Rankins Kriminalromane spielen fast ausschließlich in Edinburgh – im Grunde sogar in einem Viertel. Wer würde ihn als Regionalschriftsteller bezeichnen? Oder Mankell: Ist er ein Regio-Autor, weil seine Bücher in Ystad spielen?

Trotzem aber gibt es nach meinen Infos ein richtiges Nors-Südgefälle.

Das ist eine typisch deutsche Einordnung. Es ist auch der Versuch, etwas zu etikettieren und dann in die Schublade zu legen. Leider gibt es zahllose, sehr schlechte „Kriminalromane“ die gar keine sind, weil sie nicht milieusicher sind, völlig unspannend und schlecht erzählt. Der Autor kennt nur jeden Straßenzug, und die örtliche Buchhandlung verkauft das Werk. Die Lokalzeitung berichtet darüber. Ein Dorf weiter liest das schon kein Mensch mehr.

Darüber wollen wir doch jetzt nicht reden, oder?

In Ostfriesland gibt es eine rege Krimiautoren-Szene. Da sind sehr gute Kollegen: Peter Gerdes, Christiane Franke, Regine Kölpin, Manfred C. Schmidt.

Und in Deinen Büchern tauchen diese Autoren auch auf …

Ja, mein Kommissar Weller sammelt ja Kriminalromane, denkt drüber nach, liest. Hat eine literarische Meinung. Kommissarin Ann Kathrin Klaasen sammelt Kinderbücher. Sie schaut sich in jeder Wohnung zuerst das Buchregal an, weil sie sagt: Das ist ein Fingerabdruck der menschlichen Seele. Es erzählt ja viel über die harte Verhörspezialistin, wenn sie abends mit Kinderbüchern schlafen geht. Genauso spielt die ostfriesische Musikszene eine Rolle …

Der Verlag und auch Du unternehmen eine Menge, um die Marke KP WOLF zu stärken und zu promoten.

Aber Hallo! Jetzt feiern wir das große Jubiläum. Zu Ostfriesenschwur gibt es eine große POS-Kampagne mit Bodenaufsteller, Tischdisplay, Autorenflyer, Plakat und Lesezeichen und ein Deko-Gewinnspiel für den Handel. Als Hauptpreis winkt ein Wochenende in Norden. Die Großflächen-Kampagne hat mich zunächst erschreckt. Ich fuhr zum Supermarkt und plötzlich schwebte ich da in Lebensgröße über mir an der Plakatwand. Aber die Fans lieben es. Sie machen überall Selfies vor den Plakaten und posten sie bei Facebook. Natürlich hängen diese großen Plakate nicht nur in Ostfriesland, sondern auch in München, Frankfurt, Berlin, Köln … Es gibt auch Printanzeigen … Ich habe die volle Unterstützung des Hauses Fischer. Da arbeiten gute Leute, mit denen es Spaß macht. Wir verstehen uns als Team …

Auch in diese Kampagne bist Du eingebunden …

… und ich freue mich besonders über das Gewinnspiel für Leser und Leserinnen – Hauptgewinne sind wie gesagt u.a. Reisen nach Norden mit Hotel-Aufenthalt, Essen im legendären Restaurant Smutje und ein Treffen mit den Personen aus den Büchern. Viele Personen der Romane gibt es ja wirklich. Den Journalisten Holger Bloem und den Maurer Peter Grendel. Den Konditor Jörg Tapper, die Sängerin Bettina Göschl … halt meine ostfriesischen Helden … Ich werde auch zum Essen kommen, und wir besichtigen noch einige Schauplätze der Bücher.

Wie stehst Du das durch?

Die Lesereise ist heftig. Wir haben bereits bis in den November hinein Termine vereinbart … Zum Glück begleitet mich meine Frau, die Liedermacherin Bettina Göschl. Sie hat meine Arbeit von Anfang an unterstützt und Lieder zu den Kriminalromanen und den handelnden Figuren geschrieben. Ein bisschen selbstironisch und augenzwinkernd erzählt sie in ihren Songs davon, was passiert, wenn ihr Mann einen Kriminalroman schreibt und in fremde Rollen schlüpft.

Und jetzt schwappt die Marke Ostfriesenkrimi sogar auf den Audiomarkt über.

Du spielst auf die CD meiner Frau Bettina Göschl an! Ja, nach hunderten erfolgreicher Veranstaltungen hat sich jetzt der Verlag GoyaLit entschieden, zum zehnjährigen Jubiläum die Krimilieder-CD Ostfriesenblues von Bettina Göschl und ihren Komplizen auf den Markt zu bringen. Ich bin stolz und glücklich darüber. Die Fans wollten das einfach. Bei jeder Veranstaltung wurden wir gefragt: „Wann gibt es die Lieder endlich zu kaufen?!“ Nun sind sie da. Und ich freue mich, hat ja nicht jeder Autor eine Lieder-CD zum zehnjährigen Jubiläum seiner Reihe.

Ihr seid jetzt beide zusammen in Deutschland auf Tournee?

Jetzt gemeinsam auf Tournee:
Klaus-Peter Wolf und seine Frau Bettina Göschl

Ja, vorher waren wir in der Schweiz. Da haben die Ostfriesenkrimis auch sehr viele Fans. Und in Estland. Jetzt planen wir im Oktober Lesungen in Polen und Portugal. Der Kontakt zum Publikum ist uns immer sehr wichtig. Ich weiß, was die Leser sich wünschen, was sie beschäftigt, ärgert und umtreibt. Das fließt in meine Bücher und Bettinas Lieder ein.

Wirst Du trotz des großen Erfolgs wieder ein neues Ostfrieslandkrimis-Extrablatt machen? Wir hatten darüber mehrfach schon berichtet [mehr…]

Aber sicher. Im Juli wie immer. Es wird in einer Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren gedruckt werden, und dann legen wir das Tageszeitungen bei. Vom Hamburger Abendblatt bis zum Fränkischen Tag. Es ist jedes Mal wie ein langer Brief an die Fans. Ich war immer ein leidenschaftlicher Blattmacher. Schon als Schüler habe ich Schülerzeitungen herausgegeben, die gern verboten wurden.

Hinten in Ostfriesenschwur hat der real existierende Polizeichef von Ostfriesland Hans-Jürgen Bremer das Nachwort geschrieben. Grundtenor: Der Wolf ist verdammt nah dran …

Ich fand es klasse, die Meinung eines Kripochefs einzuholen. Der weiß genau, wovon ich rede … Unter Kripoleuten habe ich viele Leser. Die fühlen sich von mir und meinen Romanen ernst genommen. Das können nicht viele Kriminalschriftsteller über sich sagen.

Gemeinsam mit Deiner Frau schreibst Du auch eine Kinderbuchreihe für den Jumbo Verlag, die Kinderkrimis Die Nordseedetektive.]

Gerade ist der dritte Band erschienen. Auch das war im Grunde eine Forderung der Leserinnen und Leser. Ich erhielt E-Mails wie: „Sehr geehrter Herr Wolf! Ich bin ein großer Fan. Gern würde ich auch meine Kinder zu Leseratten erziehen. Aber ich kann ihnen schlecht Ostfriesenblut vorlesen. Haben Sie nicht Lust, eine Kinderkrimireihe zu schreiben? Pädagogisch wertvolle Bücher haben wir schon. Jetzt brauchen wir noch welche, die die Kinder auch lesen …“. Das gemeinsame Schreiben macht großen Spaß, und da Bettina elf Jahre lang als Erzieherin gearbeitet hat, achtet sie auch darauf, dass die Bücher bei aller Spannung „pädagogisch wertvoll“ bleiben.

Die Fragen stelle BuchMarkt-Herausgeber Christian von Zittwitz. Durch Klick auf die Fotos mehr Infos.

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