Der andere Fragebogen Wie war Ihr Jahr, Claudia Wuttke?

Claudia Wuttke


Seit dem 6. Dezember (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6.1. 2016 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Unseren „anderen“ Fragebogen beantwortet heute Claudia Wuttke, Verlagsleitung Programm bei HarperCollins Germany.

1.

Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Da fallen mir ganz viele schönste Tage ein. Wenn ich sie so aufsummiere, war vermutlich das ganze Jahr ein einziger schöner Tag – wenngleich ein ganz schön aufreibender… Schließlich war 2015 das Jahr, in dem wir mit HarperCollins Germany an den Start gegangen sind.

2.

Worüber haben Sie sich 2015 am meisten geärgert?
Dass die Zeit zu schnell vergeht, als dass man alle Herausforderungen meistern könnte.

3.

Was war 2015 Ihr schönster Erfolg?
Ich finde es, trotz der schnellen Zeit, großartig, was wir in so kurzer Zeit bei HarperCollins Germany auf die Beine gestellt haben: Eine völlig neue und ich denke gelungene Vorschau, drei Platzierungen auf der „Spiegel“-Bestsellerliste in drei Monaten, nicht gleich Top Ten, aber immerhin … Großartige Akquisen, mit Alligatoren und 411 Jahre alten Hausgeistern im Zentrum. Der Aufbau eines Programms mit deutschen Autoren. Die Teamverstärkung. Ja, da war schon einiges los, über das ich mich sehr gefreut habe!

4.

Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Ich musste einsehen, dass ich nicht die Richtige für einen Resthof bin.

5.

Ihre liebste Buchhandlung / Ihr liebster Verlag?
Die Buchhandlung am Mühlenkamp in Hamburg. Frau Westphal weiß alles!
Und Verlage: Ich liebe gerade alle Verlage, die sich um das gedruckte Buch und ihre Autoren verdient machen. Und Sie haben hoffentlich Verständnis dafür, dass ich unseren Verlag gerade ganz besonders mag ;-)!

6.

Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?
Über bestimmte Dinge wie die E-Bundle-Produktion und die damit verbundenen unterschiedlichen Steuersätze, die steigende Komplexität des Urheberrechts, die Beteiligungsmodelle für Autoren und Übersetzer, die Bild-Bestsellerliste etc. würde ich gern noch viel mehr lesen – am liebsten allerdings anderes als bislang…

7.

Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Ich verweise auf Frage 6.

8.

Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im neuen Jahr vermeiden?
Ich möchte keinen Resthof mehr kaufen.

9.

Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Ich werde mich weiter über die Fantastillionen ärgern, die deutsche Verlage gerade wieder auf dem Lizenzmarkt zahlen.

10.

Welches Buch hat Ihnen besonders viel Freude gemacht?
Homer Hickams „Carrying Albert Home“ war definitiv die beglückendste Lektüre. Der Titel war eine relativ kleine Submission unserer New Yorker Kollegen. Und nach nicht einmal zwei Wochen jubelte es von Australien über Japan durch ganz Europa bis hin nach Brasilien, was das doch für ein zauberhaftes Buch sei. Und in der Tat: Es ist witzig, charmant, schräg und liebevoll. Weder den Alligator Albert noch solche Charaktere wie Homer oder Elsie vergisst man so schnell wieder. Den Hahn, der auch „mitspielt“, im Übrigen ebenfalls nicht… Ich freue mich auf den Sommer 2016, wenn wir das Buch auf Deutsch bringen.

11.

Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Eins habe ich gerade genannt. Ansonsten ist wichtig relativ. Aber ganz sicher haben wir viele wichtige Bücher im Gepäck. Tolle Bücher!

12.

Von wem würden Sie auch gern mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Britta Hansen würde mir gefallen. Oder eine Übersetzerin, Wiebke Kuhn fällt mir ein.

13.

Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Wie viel Mut braucht die Branche?

14.

Hier können Sie die auch beantworten:
Wir merken es ja gerade als neue Tochter eines amerikanischen Konzerns hautnah und werden damit nicht allein sein: Je unsicherer die Zeiten werden, je mehr Umsatz abzufließen droht, desto mehr Planung, Reporting und Budget 1, 2, 3, 4 ist nötig. Das frisst Energie, verunsichert und lenkt uns von dem ab, was wir hauptsächlich zu tun haben: gute Bücher/Autoren finden, die wir dann auf die bestmögliche Weise vermarkten.
Insofern meine ich, dass die Branche Mut braucht: Wege zu Ende gehen, Vertrauen darauf haben, dass wir unser Geschäft gut machen, wenn wir es ernsthaft betreiben. Mal nicht genau so regelmäßig auf die Zahlen zu gucken wie ins Outlook. Das würde ich mir wünschen!

Gestern antwortete Günther Butkus [mehr…]; morgen antwortet Klaus-Peter Wolf

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