Verteilungspraxis von Verwertungsgesellschaften rechtswidrig? / Börsenverein: Reprobel-Urteil gefährdet das Miteinander von Autoren und Verlagen in VG Wort

Gestern hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Teile der bisherigen Verteilungspraxis von Verwertungsgesellschaften für rechtswidrig erklärt: „Laut Richterspruch haben Verwerter – also hauptsächlich Verlage – nicht unbedingt einen Anspruch darauf, an den Ausschüttungen der Gesellschaften beteiligt zu werden“, schreibt der Spiegel.

Das Urteil bezieht sich auf ein Musterverfahren in Belgien. Die Richter entschieden darin unter anderem über die Frage, ob Verleger an dem Ausgleich für private Vervielfältigungen beteiligt werden dürfen, der nach einer europäischen Richtlinie vorgesehen ist.

Konkret heißt das: Der Verlegeranteil aus Verwertungserlösen, der in Deutschland 50 Prozent beträgt, steht nun auch hierzulande auf dem Prüfstand. Dabei geht es um viel Geld: Die Ausschüttungen der VG Wort lagen laut Geschäftsbericht 2014 bei knapp 106 Millionen Euro, 2013 waren es rund 92 Millionen Euro.

Als höchst problematisch wertet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. Im sogenannten Reprobel-Verfahren, in dem unter anderem über die Ausschüttungspraxis von Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort verhandelt wurde, hat der EuGH entschieden, dass Verlage an den Ausschüttungen nicht beteiligt werden können. Der Grund: Sie seien formal keine Rechteinhaber im Sinne der europäischen Urheberrechtsrichtlinie InfoSoc (2001/29/EG). Seit dem frühen 19. Jahrhundert ist es geltendes Recht, die Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften zwischen Verlagen und Autoren aufzuteilen. Das geschieht deshalb, weil Verlage für ihre Leistungen honoriert werden müssen.

„Nur weil in der wichtigsten Richtlinie zum Urheberrecht das Wort Verlage fehlt, müsste jetzt eine über Jahrzehnte hinweg fruchtbare Zusammenarbeit von Autoren und Verlagen aufgekündigt werden. Die EU-Kommission, die ohnehin an Urheberrechtsänderungen arbeitet, hat jetzt die Pflicht, das zügig zu korrigieren, damit es bei der angemessenen und bewährten Aufteilungspraxis bleiben kann. Wird die Europäische Kommission hier nicht umgehend tätig, werden Verlage gezwungen sein, ihre Kalkulationen in jeder Beziehung anzupassen, auch was die Autorenvergütung betrifft“, sagt Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses des Börsenvereins. Das beträfe auch Dienstleistungen, die Verlage im Rahmen des kooperativen Zusammenwirkens mit Autoren in der VG Wort erbringen, beispielsweise, um zugunsten der Urheber die Erfassung von online genutzten Texten zu ermöglichen (METIS-Meldesystem).

Wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag im vergangenen Jahr hervorgeht, teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Verlage an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften zu beteiligen sind. Der Börsenverein geht davon aus, dass die Bundesregierung sich mit allem Nachdruck auf europäischer Ebene für eine rasche Korrektur der Urheberrechtsrichtlinie in diesem Sinne einsetzt.

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