Literaturpreise Der Deutsche Buchpreis 2015 geht an Frank Witzel

Frank Witzel

Gerade eben im Frankfurter Römer verkündet: Der Deutsche Buchpreis geht in diesem Jahr an Frank Witzel für den Roman Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 (Matthes & Seitz). Ausgezeichnet wurde damit der „beste deutschsprachige Roman des Jahres“. Insgesamt hatte die Jury 167 Romane aus 110 Verlagen (80 aus Deutschland, 15 aus Österreich und 15 aus der Schweiz zu beurteilen.

Der Deutsche Buchpreis wird in diesem Jahr zum elften Mal verliehen. Auf der Shortlist standen weiter:

Jenny Erpenbeck Gehen, ging, gegangen (Knaus)

Rolf Lappert Über den Winter (Hanser)

Inger-Maria Mahlke Wie Ihr wollt (Berlin Verlag)

Ulrich Peltzer Das bessere Leben (S. Fischer)

Monique Schwitter Eins im Andern (Droschl)

Die Jury: Claudia Kramatschek (Sprecherin), Markus Hinterhäuser (Wiener Festwochen), Rolf Keussen (Mayersche Droste, Düsseldorf), Ursula Kloke (Botnanger Buchladen, Stuttgart), Ulrike Sárkány (Norddeutscher Rundfunk), Christopher Schmidt (Süddeutsche Zeitung) und Bettina Schulte (Badische Zeitung).

Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth begrüßte die Gäste im Kaisersaal und sagte: „Der Deutsche Buchpreis ist eine Form mittelbarer Literaturförderung.“ Die Jury habe in diesem Jahr eine durchaus schwierige Auseinandersetzung mit den eingereichten Romanen zu bewältigen gehabt.

Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, unterstrich: „Wir wind zusammengekommen, um die deutschsprachige Literatur zu feiern.“

Ein Autor – Ralf Rothmann – wollte seinen Roman nicht für den Preis vorschlagen lassen. „Auch das ist respektabel“, bemerkte Riethmüller. Dennoch sei der Deutsche Buchpreis „eine Säule in der deutschsprachigen Literatur“.
Buchhandlungen weisen auf die Long- und Shortlist-Titel hin, das sei gut, denn: „Literatur findet nicht nur im Hochfeuilleton statt.“
Mit der Verleihung des Deutschen Buchpreises sei die Diskussion um neue Romane nicht abgeschlossen, der Preis trage weiter, betonte Riethmüller.

Gert Scobel moderierte die Veranstaltung und sagte: „Wir leben in sehr bewegten Zeiten, wurden in den letzten Wochen und Monaten aufgerüttelt.“ Die bislang bestehenden Werte der Europäischen Union würden in Frage gestellt. „Die Veränderungen treffen ins Mark und werden uns noch lange beschäftigen“, vermutete Scobel.

Umbrüche, so stellte der Moderator fest, spielen sich in allen sechs Romanen der Shortlist wider.

Jurysprecherin Claudia Kramatschek sah das Thema Entfremdung in allen Titeln – trotz der unterschiedlichen Sujets.

Scobel vermutete, dass die Bücher der Shortlist möglicherweise miteinander kommunizieren. „Man verwächst in den sechseinhalb Monaten Juryzeit mit den Büchern“, bekannte Kramatschek. „Am liebsten hätte ich einen Krönungshut für die sechs Köpfe der Autorinnen und Autoren“, sagte die Juroren.

In der folgenden Vorstellung der Bücher in alphabetischer Reihenfolge der Autoren gab es eine Neuerung: Die ersten Sätze wurden von der Schauspielerin Franziska Junge vorgetragen.

Dann endlich beantwortete Heinrich Riethmüller die spannende Frage nach dem besten Roman des Jahres – Frank Witzel gewann mit Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969. In der Begründung hieß es: Mit dem Roman habe Witzel ein „maßloses Romankonstrukt“ vorgelegt, das viele literarische Formen enthalte. Das Buch bewege sich zwischen Wahn und Witz und sei ein einzigartiges, genialisches Sprachkunstwerk, einem Steinbruch ähnlich.

Frank Witzel zeigte sich überrascht. Er habe keine Rede vorbereite. „Ich bin fast als Außenseiter ins Rennen gegangen, wusste am Ende des Buches nicht, ob es geglückt war oder ob ich mich verrannt hatte.“ Sein Freund Ingo Schulze habe das Buch als Erster gelesen und fand es gut.
„Ich bin sehr glücklich, dass der Verlag auf dieses Wagnis eingegangen ist. Nun liegt ein Kilo Roman da. Von jetzt ab dürfen Sie alle auch den Titel auf Die Erfindung abkürzen“, sagte Witzel scherzhaft.

Bei seinen Lesungen habe er erfahren, dass unterschiedliche Generationen etwas mit dem Buch anfangen können und begeistert waren. Der Autor wandte sich noch einmal an die Jury: „Es war schon eine mutige Entscheidung, mich auf die Shortlist zu setzen.“
Witzel dankte seinem Verlag und vermutete: Ruhige Zeiten werden wohl nicht auf Matthes & Seitz zukommen.

JF

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert