Neues Zuhause für Literatur in Köln: Interview mit Literaturhaus-Leiterin Bettina Fischer

Morgen startet mit einer offiziellen Feier das Literaturhaus Köln in neuen Räumen [mehr…], und am Sonntag sollen von 11 bis 19 Uhr unter dem Titel „Alte Freunde. Neue Stimmen“ zahlreiche Autorinnen und Autoren auftreten und das neue Haus von Anfang an mit Leben füllen. Den ganzen Tag über wird es bei freiem Eintritt Lesungen und Gespräche geben.

BuchMarkt sprach aus diesem Anlass mit Bettina Fischer, der Leiterin des Hauses.

BuchMarkt: Bettina Fischer, nach vielen Jahren der Ko-Existenz mit dem „Forum für Fotografie“ in der Kölner Südstadt bezieht das „Literaturhaus Köln“ mit seinem Umzug in das älteste Bürgerhaus der Stadt am Großen Griechenmarkt 39 endlich ein eigenes Domizil – und das im Zentrum der Rheinmetropole, in unmittelbarer Nähe zur Zentralbibliothek, zur VHS und zum Rautenstrauch-Joest-Museum… Wie groß ist die Freude über dieses Ereignis?

Bettina Fischer

Bettina Fischer: Das ist rasch beantwortet: Riesig!

Offizielle Eröffnung und Start des neuen Programms finden an diesem letzten Wochenende im August statt – unter dem Motto „Alte Freunde. Neue Stimmen“ – Was dürfen Gäste und Publikum erwarten?

Das Motto nehmen wir ernst: Alte Freunde treffen, Gespräche führen, neue und vertraute Stimmen hören – am neuen Ort. Ein Ort, der ja übrigens sehr alt ist, aus dem Jahr 1590 stammt und selbst viele Geschichten birgt. Hans Thill und Ernest Wichner sprechen über Lyrik, wir stellen die druckfrische Anthologie „Eigentlich Heimat“ vor und drei Debütantinnenwerden ihre Erstlinge präsentieren. Wir diskutieren übers Netzwerken und Nachbarschaft und über Literaturförderpolitik. Es gibt eine Hochzeit, nämlich die „Vogelscheuchenhochzeit“ von Axel Scheffler. Also: Menschen, Aspekte, Themen, die grundsätzlich unsere Arbeit prägen. Und gute Musik gibt’s bei der offiziellen Eröffnung auch, die Kölner Verlagskolleginnen haben entschieden auf einer Party bestanden!

Und Ihre eigenen Erwartungen? Verknüpfen sich mit dem neuen Standort ggf. auch Hoffnungen auf eine sich noch deutlich steigernde Anzahl an Mitgliedern des Literaturhauses, auf wachsende Besucherzahlen – eventuell sogar auf weitere Förderer und Sponsoren?

Über mangelnde Wahrnehmung konnten wir uns bislang nicht beklagen. Aber natürlich erwarten wir in diesem wunderbaren und einladenden Haus eine gesteigerte Wahrnehmung– und in Folge dessen sowohl mehr Besucher als auch – hoffentlich – Mitglieder. Wir sind bereits ein großer Verein, aber die Basis in der Bürgerschaft ist für uns ein wichtiges und stärkendes Fundament. Und die Suche nach neuen Förderern hat von je unsere Arbeit begleitet: wir sind zuversichtlich, dass das neue Literaturhaus so manchem als besonders förderungswürdig ins Auge stechen wird. Wir sind Überzeugungstäter und führen gerne Gespräche!

Der Umzug und die innenarchitektonische Anpassung der bislang ja nicht als öffentliche Veranstaltungsstätte genutzten Räumlichkeiten an die Notwendigkeiten einer solchen ist zweifellos ja nicht nur eine logistische Herausforderung gewesen, sondern auch eine materielle… Hat eine hierdurch womöglich entstandene finanzielle Belastung Auswirkungen auf die Programmfülle des Literaturhauses Köln und seines seit 2007 ebenfalls aktiven Jungen Literaturhauses – zumindest in den nächsten Monaten – das heißt, auf seine Kernaufgaben als Impulsgeber für das literarisch-kulturelle Leben in der Stadt und als Vermittler eines breiten, vielstimmigen Spektrums der Literatur selbst?

Die Belastungen der letzten Monate waren und sind in der Tat sehr groß. Für gute Veranstaltungen muss man schließlich die richtige Umgebung und Ausstattung schaffen. All diese Anstrengungen waren ja kein Selbstzweck: wir verfolgen umso mehr unsere Ziele – vor allem ein Ort der Anregung und des Gesprächs, Impulsgeber und Vermittler zu sein. Es geht darum, dass Literaturhaus Köln und das Junge Literaturhaus und die Literatur in unserer Stadt noch stärker zu machen. Deshalb setzen wir mit einem starken Programm ein Ausrufungszeichen!

Lassen sich hierzu aus den kommenden Veranstaltungen vielleicht schon ein paar Programmpunkte von besonderer Signifikanz nennen, die für diese akzentuierte Kontinuität stehen?

Was die Kontinuität betrifft: Entdeckerlust und Treue prägen weiterhin unsere Arbeit. Wir können eine Fülle an interessanten internationalen und deutschsprachigen Stimmen mit Neuerscheinungen dieses Herbstes bieten. Ob Stewart O’Nan, Thomas Hettche, Judith Herrmann, Sherko Fatah oder Tao Lin Michael Köhlmeier kommt, der im letzten Jahr Mittelpunkt unserer Aktion “Ein Buch für die Stadt” war, aber auch Nino Haratischwili mit ihrer großen Familiensaga oder Reiner Stach mit der Vollendung der Kafka-Biographie. Autorinnen und Autoren, die wir in früheren Jahren begleitet– und manche, die wir für uns und das Publikum neu entdeckt haben. Die Auseinandersetzung mit Lyrik bleibt uns wichtig. Und wir setzen Themenschwerpunkte: in diesem Jahr das Verhältnis von Literatur und Arbeit. In dem Zusammenhang stellen wir zum Beispiel den zweiten Teil des auf sieben Bände angelegten Werks Das Büro des Niederländers J.J. Voskuil vor: Literatur gewordene Arbeit! Auch im Jungen Programm gibt es einerseits Bewährtes im Angebot für alle Altersgruppen, von der Lesung für Kleine über die Familienveranstaltung bis zur Schullesung. Mit einem kräftig überarbeiteten Workshop-Angebot für Jugendliche wird aber auch ein neuer Akzent gesetzt. Auswählen macht hier keinen Spaß: weil alles genannt sein sollte! Wir denken aber auch kräftig über neue Formate nach. Im Herbst werden wir einen monatlichen Mittagstisch für Autorinnen und Autoren anbieten. Wir lassen uns überraschen, was sich daraus entwickelt.

Sind hierbei auch Kooperationen, z. B. mit den genannten kulturellen Institutionen in Ihrer Nachbarschaft oder mit weiteren Partnern, angedacht? ]

Selbstverständlich. Zuerst möchte ich da einen Abend mit Jürgen Becker nennen, den wir gemeinsam mit der Buchhandlung Klaus Bittner und der benachbarten Zentralbibliothek anbieten können. Das ist natürlich eine große Freude. Das großartige Rautenstrauch-Joest-Museum ist um die Ecke und auch mit der Philharmonie wollen wir unsere Kooperationen vertiefen. Kooperation war schon immer ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit: wir freuen uns, dass wir vielen Partnern nun räumlich näher sind und sich Neues durch nachbarschaftliches Gespräch ergibt.

Werden Sie ihre historische Veranstaltungsstätte auch für affine externe Veranstaltungen zur Verfügung stellen können – zum Beispiel für Buchhändlerseminare, Verlagstreffen, Vertreterkonferenzen usw.…?

Ja, das wollen wir sehr gerne tun – und denken, dass jeder hier eine sehr angenehme und produktive Atmosphäre vorfinden wird. Wir selbst erleben sie täglich als sehr gut.

An wen muss sich ein Interessent in einem solchen Fall wenden? Oder gar ein Förderer oder Sponsor, der das Literaturhaus Köln – als e. V. mit ca. 700 Mitgliedern ja überwiegend auf private Finanzierung angewiesen – grundsätzlich unterstützen möchte?

Interessierte können sich gerne direkt an uns wenden, an die Kolleginnen im Team und mich. Einfach info@literaturhaus-koeln.de anschreiben! Wenn es um neue Ideen zum Sponsoring geht, bin ich selbstverständlich jederzeit ansprechbar. Wir denken in diesem Zusammenhang selber – auch mit unserem Vorstand – über neue Konzepte nach.

Ihr neues, historisches Domizil ist den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt bislang unter dem Namen „Haus Bachem“ bekannt… Wie lange, denken Sie, wird es brauchen, bis alle es nur noch das Literaturhaus Köln nennen?

Die historische Dimension unseres neuen Ortes gefällt uns sehr. Etwa war das Haus Bachem über lange Zeit ein Brauhaus: beste Voraussetzungen also für einen Ort des Gesprächs. Trotz langer Geschichte, glaube ich, werden wir in Jahresfrist das Literaturhaus durchgesetzt haben. Fahren Sie in einem Jahr mit dem Taxi zu uns und sagen Sie nur “Literaturhaus”: dann wird es sich erweisen.

Programmhinweise und mehr finden sich auf folgender Webseite: http://www.literaturhaus-koeln.de/

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