Klaus Eck (65)

Klaus Eck
© Christine Strub

Klaus Eck wird heute 65 Jahre alt. Gerhard Beckmann gratuliert dem bisherigen Geschäftsführer der Verlagsgruppe Random House zum runden Geburtstag:

Klaus Eck war 31 und gerade Cheflektor von Goldmann geworden, als ich ihn näher kennen lernte. Ich erinnere mich an das Abendessen in seiner ersten kleinen Münchner Wohnung, auf zwei Geschossen, zu dem er auch Wolfgang Mertz – damals Verlagsleiter von C. Bertelsmann – und den Spiegel-Kulturredakteur Matthias Schreiber eingeladen hatte, die das Gespräch mit recht dezidierten Meinungen dominierten. Meiner Frau Giuliana und mir wurde erst hinterher richtig bewusst, wie sehr Klaus Eck, sozusagen als ruhender Mittelpunkt, den Dialog immer wieder auf konstruktive Bahnen gelenkt hatte. Solch eine weltmännische Fähigkeit des sachbezogenen, im Umgang mit Menschen geschickten Moderierens hatten wir Frankreich, in Italien, vor allem in England erlebt; in Ländern mit einer hohen Diskussions- und Streitkultur. In Deutschland hingegen war uns so etwas noch nicht begegnet.

Die an sich unbedeutende Anekdote mag veranschaulichen, warum Eck es bis ganz weit oben schaffte und reüssierte. Als er, nach Lehrjahren bei Gustav Lübbe in Bergisch-Gladbach, 1981 von Olaf Paeschke nach München geholt wurde, war Goldmann –erst drei Jahre zuvor von Bertelsmann übernommen – bei rund 20 Millionen Mark Umsatz ein defizitärer, mittelgroßer Taschenbuchverlag mit einem Programm ohne Glanz und Gloria. Drei Jahrzehnte später war Klaus Eck „der mächtigste deutsche Verleger“, wie Hannes Hintermaier in der F.A. Z. schrieb – oberster Programmchef von 47 Random House Verlagen mit rund zehn Prozent Gewinn bei 340 Euromillionen Umsatz. Unter seiner verlegerischen Leitung ist aus der vom Kultur-Establishment eher verachteten Verlagsgruppe Bertelsmann obendrein ein international auch literarisch geachtetes Verlagsgebilde geworden.

Die Verlagshistorie muss hier nicht noch mal skizziert werden. Sie ist bekannt. Sie ist auch im Verantwortungsbereich von Klaus Eck nicht immer ganz glatt und reibungslos verlaufen. Und es hat so herausragende Vorstände wie Dr. Ulrich Wechsler und Joerg Pfuhl gebraucht, damit Eck seine Fähigkeiten entfalten konnte, so wie seine verlegerische Leistung natürlich auch nur mit so außergewöhnlichen Vertriebs- und Marketingleitern wie Volker Neumann und Claudia Reitter möglich wurde. Sie bleibt dennoch sui generis.

Warum ist er dann in der Öffentlichkeit unbekannt? Weshalb kommt er in den Medien selten vor? Wieso ist er selbst in der Buchbranche weithin nur ein Name geblieben? Weil er nie Öffentlichkeit suchte. Weil er gegenüber den Medien Vorsicht walten ließ und mit seiner Art für große Medienauftritte wohl auch nicht der Richtige war. Weil er sich und seiner Arbeit nie ins Licht stellte „Was macht der eigentlich und überhaupt?“, ist hinter vorgehaltener Hand immer wieder mal abschätzig gefragt worden. „Der war doch eh überflüssig“, ist mancherorts gehämt worden, sogar innerhalb von Random House, besonders als seine Position bei seinem Ausscheiden Ende Juni nicht wieder besetzt wurde.

Man könnte ihm eine altmodische Bescheidenheit zuschreiben – eine Zurückhaltung, wie sie für weite Teile des klassischen unternehmerischen Mittelstand typisch ist, der lieber sein als scheinen möchte. Es wäre jedoch naiv, Klaus Eck einfach von solch einem Hintergrund her erklären zu wollen (den er sich übrigens nie klar eingestanden hat). Seine ungewöhnliche Zurückhaltung in publicis zeigt nämlich, dass er über eine hoch entwickelte Medienintelligenz verfügt. Man erinnere sich: Mindestens bis Ende des vorigen Jahrhunderts war in Deutschland das Bertelsmann-Bashing populär, im meinungsbildenden Feuilleton und in Kulturmagazinen des Fernsehens wie im einen oder andern Organ der Branchenpresse, wo man sich der Gunst von Buchhandlungen und Verlagen mit einem Halali auf diesen Konzern, seine Verlage, Manager und Bücher versichern zu können glaubte. Klaus Eck war meines Wissens der Erste, der sich insbesondere letztere Spielchen, dem Olaf Paeschke und selbst Ulrich Wechsler lange auf den Leim gegangen waren. Wenn Reinhard Mohn in einer Fernseh-Dokumentation „der stille Mann aus Gütersloh“ tituliert wurde, amtierte Klaus Eck gewissermaßen als sein stiller Mann in München.

Wer von dem Hauen und Stechen in den Beletagen von Konzernen weiß, müsste sich aber fragen, wie Klaus Eck bei Bertelsmann so lange eine Spitzenposition zu halten vermochte. Es hat eben auch damit zu tun, dass er sich nie unnötig weit aus dem Fenster lehnte, provozierte oder andere ins Eck stellte. Dabei hat er zumindest in den ersten 20 Jahren selber allerhand einstecken müssen, manchmal mit Folgen für das gesundheitliche Wohlbefinden. Er hat aber klug durchgehalten. Er besitzt viel Selbstvertrauen, immenses Stehvermögen, eine beneidenswerte Umsichtigkeit und Eleganz, wenn es darauf ankommt, karambolierenden Kollegen und Situationen aus dem Wege zu gehen und trotzdem auf Kurs zu bleiben – wobei seine erste Frau, Kiki, ein ungemein klar denkende, resolute Frau, die mit beiden Beinen auf der Erde steht, ihm eine große Hilfe war.

Dabei hat er halt die eigene Karriere und Zukunft im Auge gehabt? Klar hat er das, auch. Ebenso hat er freilich eine Kontinuität und Ruhe in die Programmarbeit der deutschen Random House-Gruppe gebracht, die wirklich staunenswert ist, wenn man sich an die dortigen Karusselldrehungen bis Ende der 90er Jahre erinnert. Im übrigen: Ohne solche Kontinuität und eine so ruhige Hand hätte sich die rasant zunehmende Zahl der Verlage – durch Übernahmen wie durch Neugründungen, und das auf allen nur möglichen Programmfeldern – kaum auffangen, konsolidieren und koordinieren. Für die rasche bisherige Entwicklung der deutschen Random House war Klaus Eck ein idealer, unersetzlicher Stratege.

Und er hat die Gruppe mit seiner ganz eigenen Art geformt und gestaltet – so, dass man ihn selbst als handelnden Verleger schließlich kaum mehr wahrnahm. Ich habe nie gehört, dass er sich eines Autors rühmte, den er entdeckt, an Land gezogen oder zum Erfolg geführt hat. Nie, dass er den (manchmal spektakulären) Aufbau eines neu gegründeten oder die erfolgreiche Neuausrichtung eines akquirierten Verlages für sich reklamierte oder auch nur den Allein-Erfolgsanspruch von Kollegen im Haus zurechtgerückt hätte, selbst dann nicht, wenn sein Anteil an einer Erfolgsgeschichte erheblich war. Er hat sich und seine Arbeit sozusagen immer wieder unsichtbar gemacht, seine Spuren gelöscht. Macht- und Geltungsgehabe, ein im
Verlagsgewerbe häufig anzutreffendes Wichtigtun, sind ihm fremd. Und wenngleich Random
House in München nicht als Paradies bezeichnet werden kann, ist die Arbeitsatmosphäre dort doch in vielem angenehmer, freier und menschlicher als in manchen berühmten Häusern, die nach außen hin viel auf Geist, Kultur und Humanität geben. Ich kenne Verlagsleiter, die an kaum einem ihrer Lektoren oder sonstigen Mitarbeitern ein gutes Haar lassen. Klaus Eck dagegen habe ich nie ein böses Wort über irgendjemand in seiner Mannschaft äußern gehört.

Er hat es gefördert, dass Georg Reuchlein, Ulrich Genzler, Sylvia Kuttny wie nach ihr Nicola Bartels und Thomas Rathnow unter ihm ihre eigenen Machtzentren und Einflusssphären bildeten. Hat er da nicht Schwäche gezeigt? Aber nein: Er konnte, ohne verletzend zu werden hart und unnachgiebig sein, wenn es um Linien ging, die durchgezogen werden mussten. Selbst dann bewies er sich am Ende als der perfekte Moderator, der die Mitglieder seiner Tafelrunde voll zu ihrer Entfaltung und Geltung kommen ließ. Seine bedeutsamste Leistung sehe ich darin, dass er bei und für Random House ein solides Führungsfundament gelegt und die verlegerischen Führungspositionen personell exzellent besetzt hat.

Seine Großzügigkeit ist bewundernswert. Wenn er angegriffen wird, ist er nie – oder zeigt er sich nie persönlich gekränkt oder nachtragend. Ich erinnere mich an die Buchmesse, nachdem Karl-Heinz Bittel, der den Knaus Verlag zu einer der ersten literarischen Adressen im Lande gemacht, bei exzellentem Wirtschaften und mit Gewinn, den Büttel hinschmiss, weil der Knaus Verlag Karl Blessing zugeschlagen wurde, dessen viel zu großer Aufwand bei einem niedrigen Umsatz dem Konzern damals untragbar schien. Bittel hielt eine Fortführung seiner Arbeit unter Blessing für unmöglich. Es war nach einem der großartigen Goldmann-Autoren-Diners im Frankfurter Hof, Mitternacht war längst vorbei, als mich der Teufel ritt und ich Klaus Eck wegen dieser m.E. unvertretbaren Entscheidung über die Maßen laut und heftig zur Rede stellte – in Anwesenheit von Verlagskollegen, Autoren, Kritikern und Journalisten. Andere hätten mir wegen dieses peinlichen Auftritts die Freundschaft gekündigt. Klaus Eck hingegen hat später nie ein Wort drüber verloren.

Man kann Frank Sambeth nur beglückwünschen, dass er diesen kultivierten und wendigen Old Surehand als strategischen Berater für die weitere Zukunft gesichert hat. Ad multos annos!

Wer auch gratulieren möchte: klaus.eck@randomhouse.de

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