„Fifty Shades“ verschönt Bertelsmann-Bilanz

Bertelsmann ist – so die Aussage auf der heutigen Bilanzpressekonferenz – beim Umbau des Konzerns gut vorangekommen und „kann sich dabei auf eine positive Geschäftsentwicklung 2012 stützen“: auf einen Umsatzanstieg, ein stabiles Operating EBIT und ein leicht gesteigertes Konzernergebnis. Für die nächsten Jahre peile Bertelsmann weiteres organisches und akquisitorisches Wachstum an.

V. l.: Markus Dohle, Judith Hartmann, Karin Schlautmann, Thomas Rabe,
Anke Schäferkordt, Thomas Hesse

Erste Schritte sind die geplante Zusammenlegung von Random House und Penguin zu einer der global führenden Buchverlagsgruppen [mehr…], die Komplettübernahme des Musikrechteunternehmens BMG [mehr…] und der Auf- und Ausbau neuer, vornehmlich digitaler Geschäfte.

Bertelsmann-Vorstandsvorsitzender Thomas Rabe betonte, dass Bertelsmann bei der Strategieumsetzung in allen vier definierten Stoßrichtungen vorangekommen sei: Stärkung der Kerngeschäfte, digitale Transformation, Ausbau von Wachstumsplattformen und Expansion in Wachstumsregionen. „Was unser Kerngeschäft angeht, so haben wir uns im Buchmarkt an die Spitze der Konsolidierung gesetzt. Zugleich haben wir mit der vollständigen Übernahme von Random House Mondadori unseren Zugang zu den lateinamerikanischen Buchmärkten erweitert. Die RTL Group stärkte ihr Kerngeschäft unter anderem mit dem Start fünf neuer TV-Sender in Europa und Asien – mehr als je zuvor in einem Jahr.“

„Nach der Trennung von wachstumsschwachen Geschäften und einem entsprechenden Umsatzrückgang in den vergangenen Jahren ist Bertelsmann wieder auf dem Wachstumspfad. Wir werden alles daran setzen, diese Aufwärtsentwicklung zu verfestigen. Dabei werden wir innovative Finanzierungsmodelle nutzen wie beim Zusammengehen unseres Buchgeschäfts mit einem starken Partner wie Pearson oder beim erfolgreichen Aufbau von BMG. Zudem prüfen wir wie angekündigt aktuell auch die Möglichkeit, unsere Beteiligung an der RTL Group zu reduzieren, bei Erhalt unserer qualifizierten Mehrheit“, erklärte der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende.

Positive Impulse kamen 2012 vor allem aus dem starken Bestseller-Portfolio der Buchverlagsgruppe Random House, aus dem deutschen Fernsehgeschäft und wachsenden Dienstleistungsgeschäften. Der Konzernumsatz wuchs im Geschäftsjahr 2012 in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld um 4,5 Prozent auf 16,1 Mrd. Euro (Vj: 15,4 Mrd. Euro); das organische Wachstum betrug 3,1 Prozent. Das Operating EBIT erreichte mit 1,74 Mrd. Euro in etwa das hohe Niveau des Vorjahres (Vj: 1,76 Mrd. Euro). Dazu trugen Rekordergebnisse wichtiger Profit Center in den Unternehmensbereichen bei, etwa des Buchbereichs insgesamt, der Mediengruppe RTL Deutschland, des Chinageschäfts von Gruner + Jahr sowie der Finanzdienstleistungen von Arvato Infoscore. Dem standen rückläufige Erlöse in einigen wichtigen Werbemärkten – insbesondere im Printbereich – sowie planmäßige Aufwendungen für den Konzernumbau gegenüber.

Die Umsatzrendite zeugt mit 10,8 Prozent (Vj: 11,4 Prozent) von „einem weiterhin guten Ertragsniveau“. Das Konzernergebnis stieg „trotz hoher Sondereinflüsse“ aus Geschäften in strukturell rückläufigen Märkten wie Druck, Replikation und Direktmarketing sowie aus Mediengeschäften in Südeuropa leicht auf 619 Mio. Euro nach 612 Mio. Euro im Vorjahr.

Die Mitarbeiter werden an diesem Erfolg beteiligt und erhalten für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Gewinn- und Erfolgsbeteiligung in Höhe von 92 Mio. Euro. Für den Genussschein 2001 werden am 7. Mai 2013 gemäß den Genussscheinbedingungen erneut 15 Prozent auf den Grundbetrag ausgeschüttet. Die Ausschüttung für den „alten“ Genussschein aus dem Jahr 1992 wird bei 7,39 Prozent (Vj: 7,37 Prozent) liegen.

Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr erklärte der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Thomas Rabe: „Bertelsmann ist ordentlich ins neue Jahr gestartet.“ Sowohl bei Penguin Random House als auch bei BMG sei Bertelsmann zuversichtlich, die erforderlichen kartellrechtlichen Genehmigungen im Laufe der kommenden Wochen und Monate zu erhalten, betonte Rabe.

Die Bilanzsumme erhöhte sich zum 31. Dezember 2012 auf 18,9 Mrd. Euro (Vj: 18,1 Mrd. Euro). Der Zuwachs erklärt sich vorwiegend mit den gestiegenen liquiden Mitteln von 2,7 Mrd. Euro (Vj: 1,8 Mrd. Euro). Das Eigenkapital lag mit 6,1 Mrd. Euro auf dem Vorjahreswert. Vor allem durch den Anstieg der Bilanzsumme nahm die Eigenkapitalquote leicht von 33,9 Prozent im Vorjahr auf 32,2 Prozent ab.

Die Gesamtinvestitionen lagen im Geschäftsjahr 2012 mit 655 Mio. Euro erwartungsgemäß unter dem hohen Niveau des Vorjahres (Vj: 956 Mio. Euro). Das Gros entfiel auf Sachanlageinvestitionen bei Arvato, auf den Erwerb von Filmrechten durch die RTL Group sowie auf die vollständige Übernahme von Random House Mondadori.

Zum Ende des Geschäftsjahres beschäftigte der Konzern weltweit 104.286 Mitarbeiter (Vorjahr: 102.752). Der Anstieg um 1.534 Beschäftigte ist neben organischem Wachstum auch auf Akquisitionen zurückzuführen. Im Jahr 2012 absolvierten 1.254 Menschen (Vj: 1.284) eine Berufsausbildung in den inländischen Bertelsmann-Unternehmen.

Die weltweit größte Publikumsverlagsgruppe erlebte 2012 „dank eines starken Titelportfolios“, allen voran die Roman-Trilogie Fifty Shades, ein Rekordjahr. Der Umsatz legte um 22,5 Prozent auf 2,1 Mrd. € (Vj.: 1,7 Mrd. €) zu, das Operating EBIT stieg „signifikant“ um 75,7 Prozent auf 325 Mio. € (Vj.: 185 Mio. €). Die Umsatzrendite erreichte 15,2 Prozent nach 10,6 Prozent im Vorjahr. Zum Jahresende beschäftigte Random House 5.712 Mitarbeiter (31. Dezember 2011: 5.343).

Im Berichtszeitraum steigerte Random House Umsatz und Ergebnis in allen seinen Kernmärkten. Wachstumstreiber war in erster Linie ein starkes Bestseller-Portfolio, wobei auch Kostenmanagement, eine niedrigere Retourenquote und Währungseffekte das Ergebnis positiv beeinflussten. Random House verkaufte zwischen März und Dezember 2012 mehr als 70 Millionen Exemplare aus der Fifty Shades-Trilogie von E L James als Taschenbuch, Hörbuch oder E-Book in den Sprachen Englisch, Deutsch und Spanisch. Die Buchserie verkaufte sich damit schneller als jede andere in der Firmengeschichte.

Die drei Teile des Liebesromans waren auch die größten Bestseller auf dem weltgrößten Buchmarkt USA, wo Random House im Berichtsjahr insgesamt 252 Titel auf den Bestseller-Listen der „New York Times“ platzierte, darunter 33 auf Platz eins. Zu den Top-Titeln zählten zudem Gone Girl von Gillian Flynn, Thomas Jefferson von Jon Meacham und The Racketeer von John Grisham. Die britische Random House Group steuerte 28 Nummer-eins-Titel und knapp ein Viertel aller Werke auf den Bestseller-Listen der Sunday Times bei. Auch dort führten die Titel der Fifty Shades-Trilogie, gefolgt von A Wanted Man von Lee Child, der Autobiografie Rod von Rod Stewart und Private Games von James Patterson. Die deutsche Verlagsgruppe Random House verzeichnete Zuwächse in einem stagnierenden Buchmarkt und steigerte sich 2012 insbesondere bei Taschenbüchern und E-Books. Auch Random House Mondadori verbesserte Umsatz und Ergebnis im spanischsprachigen Markt trotz der anhaltenden Konjunkturkrise in Spanien. Seit Dezember 2012 gehört das Verlagshaus vollständig zu Random House: Bertelsmann erwarb den 50-prozentigen Anteil von Mondadori an dem Unternehmen, um die Position von Random House in Spanien und den Zugang zu den wachsenden lateinamerikanischen Buchmärkten zu verbessern.

Mit einem weiteren Ausbau des E-Book-Katalogs auf mehr als 47.000 Titel, der Einrichtung von Autorenportalen, neuen Apps und der zunehmenden Einbeziehung sozialer Medien in die Buchvermarktung festigte Random House seine Vorreiterrolle bei der digitalen Transformation. Random-House-Autoren wurden 2012 mit mehreren prestigeträchtigen Auszeichnungen bedacht, so Katherine Boo in den USA mit einem National Book Award für Behind The Beautiful Forevers.

Der Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr verzeichnete 2012 in rückläufigen Anzeigenmärkten einen moderaten Umsatzrückgang und deutliche Einbußen beim operativen Ergebnis. Der Umsatz erreichte 2,2 Mrd. € nach 2,3 Mrd. € im Vorjahr (-3,0 Prozent); das Operating EBIT sank – auch wegen verstärkter Investitionen in die digitale Transformation, Neugeschäfte und Strukturanpassungen – um 27,9 Prozent auf 168 Mio. € (Vj.: 233 Mio. €). Die Umsatzrendite betrug 7,6 Prozent (Vj.: 10,2 Prozent). Gruner + Jahr beschäftigte zum Jahresende 11.585 Mitarbeiter (31. Dezember 2011: 11.822).

G+J Deutschland konnte das Rekordergebnis des Vorjahres nicht halten. Während die Vertriebserlöse weitgehend stabil blieben, entwickelte sich das Anzeigengeschäft rückläufig.

Der globale Business-Process-Outsourcing-Dienstleister Arvato verzeichnete 2012 dynamisches Umsatzwachstum und einen Rückgang beim Operating EBIT. Im Berichtszeitraum wurden die Geschäfte des Unternehmens neu geordnet und Arvato wurde dabei mehr auf wachstumsstarke Services fokussiert. Die Tiefdruckaktivitäten und die internationalen Druckereien wurden zum 1. Januar 2012 ausgegliedert und bilden nun den neuen Unternehmensbereich Be Printers. Alle Zahlen einschließlich die des Vorjahres wurden entsprechend angepasst. Arvato konzentriert sich auf den Auf- und Ausbau der Geschäfte in europäischen Kernländern, auf globale Hightech- und Internetkunden, E-Commerce-Dienstleistungen, Finanzdienstleistungen und Schwellenländer mit Schwerpunkt China.

Der Umsatz von Arvato legte 2012 um 5,9 Prozent auf 4,4 Mrd. € (Vj.: 4,2 Mrd. €) zu, das Operating EBIT verringerte sich dabei um 10,4 Prozent auf 241 Mio. € (Vj.: 269 Mio. €). Die Umsatzrendite betrug 5,4 Prozent nach 6,4 Prozent im Vorjahr. Arvato beschäftigte zum Jahresende 63.818 Mitarbeiter (31. Dezember 2011: 61.257). Wachstumstreiber waren vor allem die IT-Services von Arvato Systems, die von Arvato Infoscore bereitgestellten integrierten Finanzdienstleistungen in Europa sowie die Dienstleistungsgeschäfte in Nordamerika und in China. Die Umsätze in der Speichermedienreplikation gingen erwartungsgemäß weiter zurück. Im Operating EBIT spiegeln sich Anlaufverluste für den Ausbau neuer Geschäfte u. a. im Bereich E-Commerce wider.

Zu Jahresbeginn stieg Bertelsmann in den „Wachstumsmarkt Education“ ein. Zusammen mit weiteren namhaften Investoren wurde der University Ventures Fund aufgelegt, um „innovative Studien- und Weiterbildungsprogramme“ in Europa und den USA zu lancieren. Investiert wurde u. a. in den US-Bildungsanbieter „University Now“ sowie in Firmen, die in Partnerschaft mit Hochschulen anerkannte Online-Studiengänge anbieten oder maßgeschneiderte – zum Teil zweisprachige – Studienangebote für Zielgruppen wie Hispanics oder Mediziner aufbauen.

Die Club- und Direktmarketinggeschäfte waren 2012 weiter rückläufig. Der Umsatz ging deutlich zurück; ergebnisseitig stabilisierten sich die Geschäfte, es fielen aber hohe Restrukturierungskosten an. Bei den deutschen Clubs standen Filialschließungen und Kostenmaßnahmen sowie der Ausbau der Digitalaktivitäten im Vordergrund. Der Direktvertrieb von Inmediaone verzeichnete niedrigere Auftragseingänge. Die osteuropäischen Tochterunternehmen verbleiben im Konzern und wurden in die fortgeführten Aktivitäten wieder eingegliedert.

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