Nach ARD-Bericht: Kunden strafen Amazon ab / Erster Verlag kündigt Kundenkonten und erhebt weitere Vorwürfe

Die Wünsche der Kunden hat Amazon ganz oben auf seine Fahnen geschrieben. Jetzt sind die Kunden geschockt, wie sich an der Reaktion nach der ARD-Reportage „Ausgeliefert!“ zusammenfassen lässt. Inzwischen hat der Schroer Verlag als erster seine Kundenkonten bei Amazon gekündigt.

Während amazon.de auf seiner Facebook-Seite versuchte, weiter heiter-heile Warenwelt zu spielen, wurde fast jeder Post mit bösen Kommentaren versehen. Auch auf buchmarkt.de, wo auf unsere Nachfrage zuerst eine Stellungnahme von amazon.de zu den Vorwürfen zu lesen war, meldeten sich aufgebrachte Stimmen zu Wort [mehr…]. Zahlreiche Kunden wollen bei Amazon nicht mehr bestellen. „Heute nehmen wir Abschied, wir kündigen unsere Zulieferer- wie auch Kundenkonten“, schreibt der Schroer Verlag auf seiner Homepage in einem offenen Brief an Jeff Bezos.

Mit der Aufregung um die berichteten Arbeitsbedingungen werden damit noch andere Probleme mit Amazon öffentlich. „Seit Jahren ist es uns als Verlag ein Dorn im Auge, dass Sie an kleine Zulieferer wie uns überzogene Rabattforderungen von 55% stellen. Nein, es muss ja, um mit dem Buchpreisbindungsgesetz konform zu sein, heißen: 50% Rabatt plus 5% Lagerkosten. Dass aber Waren, die nachweislich Durchlaufposten sind, auch ohne Lagerung diese 5% zusätzlichen Kosten verursachen, war uns schon immer unverständlich“, lautet sein Vorwurf.

Und weiter im Detail: „Auch haben wir akzeptiert, dass Sie mit luftigen Buchungstricks bei der Umsatzsteuer Ihren Gewinn maximieren; dass Sie von kleinen Zulieferern verlangen, Rechnungen zu stellen, die dann ins EU-Ausland versandt werden müssen; dass Sie sich vertraglich einen unglaublichen Skontorahmen einräumen lassen. Dass neue, frisch angelieferte Titel in Ihrem eigenen „Marketplace“-Anbieterkonto als Mängelexemplare auftauchen. Und dass Sie Kommissionswaren remittieren, die Sie nicht pfleglich behandelt haben und diese somit vom weiteren Verkauf ausgeschlossen sind“, heißt es in dem Brief, der hier nachgelesen werden kann

Auch zahlreiche Blogger haben ihre Links zu Amazon herausgenommen, ist zu hören. Die Kunden äußern vor allem auf Facebook ihren Unmut. „Amazon – euer Umgang mit Leiharbeitbehmer/-innen ist derart pervers – deshalb habe ich mein Konto bei euch gekündigt“, schreibt einer auf der Fan-Page. „Scheiß auf das Gewinnspiel. Hier VERLIEREN Menschen“, ein anderer und: „Unmenschliches, profitmaximierendes Unternehmen. Ihr habt einen weiteren Kunden verloren.“ Viele haben der Seite die Sympathie entzogen, die Kurve der „likes“ zeigt deutlich nach unten. Hinzu kommen Boykott-Aufrufe. „Was ich auf ARD gesehen habe, ist erschreckend und menschenunwürdig. Werde nie wieder was über Amazon bestellen und ich hoffe, ihr werdet das Gleiche tun“, lautet eine eindeutige Aufforderung.

Auf Facebook wurde jetzt die Gruppe „amazon? Nein Danke“ gegründet, die innerhalb kurzer Zeit über 1200 likes bekommen hat. Immerhin: Amazon verspricht, den Vorwürfen nachzugehen. Doch auf buchmarkt.de kommt zum Ausdruck, dass viele Nutzer diesen Versprechungen von Amazon nicht trauen. Denn inzwischen sind auch Hinweise aufgetaucht, wonach Amazon seine Mitarbeiter angewiesen habe, positive Posts auf der Fan-Page abzusetzen. Das stünde im Widerspruch zur Klage, dass es auf Amazon viele gefakte Rezensionen gäbe. Allerdings können diese Berichte nur schwer verifiziert werden. Viele fürchten, nach diesem Moment der Aufregung werde Gras über die Sache wachsen – und beim nächsten Weihnachtsgeschäft alles beim Alten sein. Klar dürfte sein, dass erst substantielle Veränderungen die Glaubwürdigkeit wieder herstellen, so die allgemeine Stimmung.

Die Vorwürfe, die der ARD-Bericht erhebt, sind allerdings nicht neu, sie wurden aber wohl noch nie so konzentriert und anschaulich gezeigt: Seit einigen Jahren weist ver.di auf die Bedingungen der Leiharbeiter hin, auch hat z.B. der Spiegel mehrfach über die Zustände berichtet. Der aktuelle Film zeigt, dass Leiharbeiter mit falschen Versprechungen nach Deutschland geholt werden, sie kaum Privatsphäre bei ihrer Unterbringung haben und von einem Sicherheitsdienst überwacht werden, der sich offenbar in der Nähe zur rechtsradikalen Szene bewegt.

Immer wieder wurde auch darauf hingewiesen, dass der Wunsch nach billigem Einkauf zu diesen Verhältnissen geführt habe. Auch trüge die frühere Bundesregierung Schuld daran, dass diese die Bedingungen für den Einsatz von Leiharbeitern erst geschaffen habe und die Jobcenter bei dieser Art Arbeitsvermittlung ebenfalls involviert seien. Die Politik sei gefragt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

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