Wie war Ihr Jahr, Georg Reuchlein?

Georg Reuchlein

Seit dem 06. Dezember (Nikolaustag) bis zum 06. Januar (Heilige Drei Könige) fragen wir auch in diesem Jahr wieder in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet Georg Reuchlein, Goldmann-Verleger, unseren „anderen Fragenbogen“…

1

Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Da gibt es glücklicherweise viele tolle Tage. Zuletzt zum Beispiel ein Sonntag Mitte November, an dem ich bei strahlendem Sonnenschein und unglaublichen Frühlingstemperaturen noch einmal mit meiner Frau in die Berge gehen konnte und wir vom Gipfel aus einen unglaublichen Blick über die bayerischen Seen bis hin nach München hatten. So etwas vergisst man lange nicht.

2

Worüber haben Sie sich 2012 am meisten geärgert?
Über die Versuche, das Urheberrecht zu diskreditieren und Piraterie zu einem heroischen Kampf für die Freiheit zu verklären. Und darüber, dass Verlage in dieser Diskussion ebenso unbedacht wie polemisch als bloße „Verwerter“ diskreditiert werden. „Verwerter“, das ist ja ein diffamierender Begriff, der in der Reihe der „unehrlichen Berufe“ gleich nach „Abdecker“ kommen dürfte. Da kann ich mich doch gleich schon wieder ärgern…

3

Was war 2012 Ihr schönster Erfolg?
Dreimal dürfen Sie raten.

4

Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Es mit keinem unserer großartigen Herbsttitel wenigstens auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises geschafft zu haben…

5

Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Das sind so richtig tödliche Fragen. In der Mythologie geht es bekanntlich immer böse aus, auf solche Fragen zu antworten. Denn mit der Entscheidung für einen Liebling entscheidet man sich ja immer zugleich gegen alle anderen seiner Lieblinge. Aber ich will es einmal darauf ankommen lassen. Unter den Buchhandlungen: die Buchhandlung Gattner in Murnau. Weil Murnau eine der schönsten oberbayerischen Städte überhaupt ist und die Buchhandlung Gattner auf engstem Raum ein wahrhaft erlesenes und gleichsam handverlesenes Sortiment bietet. Und bei den Verlagen: Antje Kunstmann, was sonst, wer sonst – eine wunderbare Verlegerin, ein seit Jahren, nein: Jahrzehnten wirklich beeindruckendes Programm und ein wunderschönes neues Verlagsdomizil, auf das man schlicht nur neidisch sein kann.

6

Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?
Dass das Urheberrecht das Recht auf Informationsfreiheit im Internet behindere und auf den Müllhaufen der Geschichte gehöre…

7

Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Da bin ich ganz altmodisch: die Liebe, den Tod, das Leben.

8

Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?
Zu viel Zeit in Sitzungen zu verbringen.

9

Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Zu viel Zeit in Sitzungen zu verbringen.

10

Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Kathrin Weßlings Buch „Drüberleben“. Kathrin Weßling beschreibt aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, an Depressionen zu leiden und mehr noch: Wie sich dies anfühlt. „Drüberleben“ ist im wahrsten Sinn des Wortes atemberaubend geschrieben. Für mich eine der großartigsten Entdeckungen dieses Jahres.

11

Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Schon wieder so eine tödliche Frage. Ich sage mal: im Frühjahr Elisabeth Herrmanns „Das Dorf der Mörder“ bei Goldmann, im Herbst Elizabeth Strouts neuer Roman „Das Leben, natürlich“ bei Luchterhand. In beiden Romanen geht es übrigens, auf ganz unterschiedliche Weise, um die großen alten Themen der Literatur: die Liebe, den Tod, das Leben.

12

Von wem würden Sie auch gern mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Wie wär’s mit Christian von Zittwitz?

13

Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Was bringt das neue Jahr?

14

Hier können Sie die auch beantworten:
Weiß ich doch auch nicht.

Morgen antwortet Jan Orthey; gestern stellte sich Ulrike Rodi unseren Fragen [mehr…].

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