Die Titel der KrimiZeit im November / „Grenzfall“ von Merle Kröger auf Platz 1

An der Spitze der KrimiZEIT-Bestenliste November 2012 steht Grenzfall von Merle Kröger. In ihrem ebenso bemerkenswerten Kriminalroman Grenzfall spinnt sie die tatsächlich geschehene Geschichte von 1992 fort, als zwei Roma beim Übertritt der polnisch-deutschen Grenze mit Wildschweinen verwechselt und erschossen wurden. Adriana, die Tochter eines der Opfer, kehrt 20 Jahre danach zurück, um den – keineswegs verurteilten – Täter mit seiner Tat zu konfrontieren. Grenzfall ist eine außergewöhnlich gelungenes Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion.

Auf Platz 6: Zahltag von Petros Markaris. Der Athener Petros Markaris, im deutschsprachigen Raum wie in Griechenland und der Türkei bekannt als eloquenter und engagierter Kommentator der griechischen Verhältnisse, lässt im zweiten Band seiner Trilogie der griechischen Krise einen Volkshelden erstehen. Mit antiken Waffen mordet er die Steuerhinterzieher, die ihre Schulden nicht bezahlen wollen. Böse, komisch, traurig: Pflichtlektüre in finsteren Zeiten.

Auf Platz 7: Du bist das Böse von Roberto Costantini. In seinem Debüt-Roman entfaltet der Römer Costantini ein Epos über die Verquickungen von politischer und privater Gewalt seit der Bleiernen Zeit der achtziger Jahre bis in die jüngste Gegenwart.

Auf Platz 8: Kings of Cool von Don Winslow. Passend zum Erscheinen des Films Savages, der auf Winslows Roman Zeit des Zorns basiert, erzählt Kings of Cool die Vorgeschichte von Chon, Ben und O – eine nüchterne, bissige und höchst dramatische Abrechung mit den Blütenträumen der siebziger Jahre in Südkalifornien.

Auf Platz 9: So bitterkalt von Johan Theorin. Nach drei faszinierenden Romanen von der Insel Öland macht Theorin eine Pause. In seinem psychologischen Thriller versuchen etliche Personen aus unterschiedlichen Motiven über eine Vorschuleinrichtung in die geschlossene psychiatrische Haftanstalt „Sankt Psycho“ einzudringen. Psychologisch plausibel und sehr spannend.

Auf Platz 10: Das albanische Öl oder Mord auf der Straße des Nordens von Anila Wilms. In ihrem Debütroman greift die aus Albanien stammende, Deutsch schreibende Autorin ein wahres Ereignis von 1924 auf. Der Mord an zwei amerikanischen Touristen wird im instabilen Albanien Anlass für den Machtkampf zwischen Modernisierern und Traditionalisten. Im Hintergrund agieren die Großmächte, denn es soll in Albanien Öl geben. Kluges Buch.

Unsere Dauerchampions:
Zum vierten Mal finden Sie Helon Habila: Öl auf Wasser auf der KrimiZEIT-Bestenliste.

Die komplette Liste:
1 (-) Merle Kröger: Grenzfall (Argument/Ariadne)
Mecklenburg-Vorpommern/Rumänien, 1992-2012. Wie Wildschweine erschossen beim Grenzwechsel: Marius und Nicu. Die Jäger freigesprochen. Marius’ Tochter Adriana kehrt zurück, um sie zu stellen. Kluge Kriminalerzählung zum Dokumentarfilm Revision. Empathisch scharfer Blick in europäische Angstzustände.

2 (7) Robert Littell: Philby. Porträt des Spions als junger Mann (Arche)
Europa 1938-1963. Voll Hintersinn ruft Littell die Zeugen des größten Spionagefalls im 20. Jahrhundert auf: Kim Philby und vier andere Cambridge-Boys waren Sowjet-Agenten. Und verwandelt, als Autor, der alle Spionagewitze kennt, die alte Geschichte mit leichter Hand in eine neue. Bravourös.

3 (4) Carl Nixon: Rocking Horse Road (Weidle)
Christchurch, Neuseeland. Weihnachten 1980 wird Lucy Ashers Leiche an den Strand gespült. Und alles wird anders. Durch die Gewalt, den Mord. Eine Gruppe von Jungen verfällt der großen Suche nach dem Täter. Und der romantischen Liebe. Der stärkste Kriminalroman aus dem Gastland der Buchmesse.

4 (8) James Sallis: Driver 2 (Liebeskind)
Phoenix. Die Angreifer kann Driver töten. Aber Elsa verblutet, angeschossen. Driver wird gehetzt, wehrt sich, tötet, will nur fahren, mit Spaß an 180-Grad-Wenden. Irgendwer aus der Vergangenheit des Fluchtfahrers gibt keine Ruhe. Das Leben: Fahren, Irren, Kämpfen. Sallis: einzigartig, erneut in Driver 2.

5 (1) Helon Habila: Öl auf Wasser (Das Wunderhorn)
Port Harcourt/Nigerdelta. Alltag im Delta: Ingenieursfrau entführt, Lösegeld gezahlt, „Rebellen“ erschossen, Öl fließt weiter. Die Journalisten Rufus und Zaq hilflos, ahnungslos, am Sterben teilnehmende Betrachter. Reise – nicht ins Herz der Finsternis, zu Shells Gewinnquellen. Ohnmacht, Wut. Unerbittlich traurig.

6 (-) Petros Markaris: Zahltag (Diogenes)
Athen. Trilogie der Krise Band 2: Die Armen bringen sich um, die Bourgeois hinterziehen Steuern, der Staat jault. Ein Erpresser wird Volksheld. Als „nationaler Steuereintreiber“ zwingt er die Reichen zu Nachzahlungen. Und straft mit Schierling, Pfeil und Bogen. Böse, komisch, traurig: Pflichtlektüre in finsteren Zeiten.

7 (-) Roberto Costantini: Du bist das Böse (C. Bertelsmann)
Rom 1982-2006. Mord im Zentrum der Macht. Die 18jährige Elisa liegt verstümmelt im Graben. Ex-Faschist Commissario Balestreri hat Fußball, Frauen, Whisky im Kopf. 14 Jahre später geht es wieder los. Geritzte Frauen, und Balestreri quält die Schuld. Stark. Epos über Macht, Gewalt, Schuld mit laaangem Ende.

8 (-) Don Winslow: Kings of Cool (Suhrkamp)
Laguna Beach/Baja California. Ben, Chon und O vor Zeit des Zorns. Revierkriege zwischen mexikanischen Fraktionen stören Frieden und Gewinne der lässigen Hydro-Dope-Farmer. „Leck mich am Arsch“, an allem sind die Eltern schuld. Winslow betört durch verfeinerte Technik und fixe Pointen.

9 (-) Johan Theorin: So bitterkalt (Piper)
Valla/Nordbro, östliches Schweden. In die Vorschule Lichtung gehen Kinder, deren Eltern in „Sankt Psycho“ verwahrt sind. Einzige Verbindung ist das Zimmer, in dem sie sich begegnen. Ein Raum des Begehrens nicht nur für Erzieher Jan. Super tricky Thriller über die Fallen des Gutmenschentums.

10 (-) Anila Wilms: Das albanische Öl oder Mord auf der Straße des Nordens (Transit)
Albanien 1924. Eine Schande, unduldbare Verletzung der Gastfreundschaft: Im Bergland werden zwei amerikanische Touristen erschossen. Von Tirana, der provisorischen Kapitale, dringen Schockwellen bis London und Washington. Leidenschaftlich klug: Parabel über erzwungene Modernisierung und Staatenbildung.

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