Das Sonntagsgespräch Herbert Ullmann: Packt dem Papier das E-Buch dazu

Mit seinem Angebot „Buch und E-Book in einem Produkt“ will Verleger Herbert Ullmann einen Beitrag zur Frequenzerhöhung im Sortiment und zur Umsatzsteigerung leisten. Seine Meinung: Die Branche braucht ein einheitliches, klares Konzept, die Kunden in den Läden zu halten bzw. sie in die Läden zurück zu holen.

Herr Ullmann, ich habe im Handelsblatt gelesen, dass unser Berufsverband offen seine Befürchtung zugibt, die „Zukunft der Buchverlage ist digital und katastrophal.“

Herbert Ullmann:
„Von unserem Verband
erwarte ich positive
Aussagen“

Ullmann: Ja, das habe ich auch gelesen, auch den Satz: „Der illegale Download von E-Books jagt den Verlegern und Buchhändlern, die zusammen rund zehn Milliarden Euro pro Jahr umsetzen, einen gehörigen Schrecken ein.“

Und Ihnen nicht? Da ist doch was dran?

Ich sehe das völlig anders. Der Verband tut dem Buchhandel keinen Gefallen mit seinen Prognosen, die wohl so auch nicht eintreten werden. Und psychologisch sind sie auch unglücklich: Denn 50 % der Wirtschaft ist Psychologie, meinte schon Ludwig Erhard, und dem folge ich mehr als Heinz Erhardt, der einst sagte, dass „Pessemisten mit der Sonnenbrille in die Zukunft schauen.“ Von unserem Verband erwarte ich positive Aussagen.

Aber das war es weniger, was Sie geärgert hat.

Ja, vor allem, dass Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, dem Handelsblatt sagt: „Schätzungsweise zwei Drittel aller E-Books werden illegal erworben“, weil immer mehr Konsumenten offenbar der Ansicht seien, es gebe im Netz ein Recht auf Umsonstheit. Da möchte ich Herrn Skipis empfehlen, den britischen Moralphilosophen und Volkswirtschaftler Adam Smith (1723-1790) zu lesen.

Warum?

Smith ist zwar seit über 200 Jahren tot. Sehr aktuell aber sind seine Standpunkte für den Buchhandel und die Verlage. Der zukunftsweisende Ökonom erklärte schon im 18. Jahrhundert, dass die Wirtschaft immer nur über den eigenen Vorteil funktioniert. „Es ist nicht die Wohltätigkeit des Metzgers oder des Bäckers, die unser Abendessen erwarten lässt, sondern, dass sie nach ihrem eigenen Vorteil trachten.“ Und an den Chef des Börsenvereins ist mit Blick auf unsere Branche ein noch bedeutenderes Zitat von Adam Smith gerichtet: „Wer sein eigenes Interesse verfolgt, befördert das der Gesamtgesellschaft häufig wirkungsvoller, als wenn er wirklich beabsichtigt, es zu fördern. Ich habe nie erlebt, dass viel Gutes von denen erreicht wurde, die vorgaben, für das öffentliche Wohl zu handeln.“

Das kapiere ich jetzt nicht – was hat das mit E-Books und der Buchbranche zu tun?

Das Brennen aus dem Netz kann man definitiv nicht verhindern. Raubkopien ebenso nicht. Wer gegen den Strom schwimmt, geht unter. Die Musikbranche hat in den letzten Jahren nichts, aber auch gar nichts dazu gelernt, Marktanteile verloren und Firmen wurden verkauft bzw. sogar geschlossen! Der Buchhandel und die Verlage könnten aus den Fehlern lernen.

Sie glauben also, das Starren auf Regularien fürs Internet, die Diskussion über Kopierschutz…

…hält nur auf. Das Problem ist doch weniger der Kopierschutz als die rückläufige Frequenz im stationären Buchhandel. Daran sollte und könnte gearbeitet werden. Mit unserem Angebot „Buch und E-Book in einem Produkt“ leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Frequenzerhöhung im Sortiment und zur Umsatzsteigerung. Und erreiche damit noch dazu, dass potentielle E-Book-Nutzer nicht zusätzlich ins Internet abwandern.

Da bin ich ganz bei Ihnen

Jede andere Haltung hätte mich auch gewundert. Wen sollten wir denn letztlich im Blick haben, wenn wir unsere Produkte entwickeln? Natürlich einzig und nur den Endkunden, immer! Wenn man immens viel Qualität für wenig Geld anbietet, kann man auch wirklich hohe Auflagen erzielen. Die Branche braucht ein einheitliches, klares Konzept, die Kunden in den Läden zu halten bzw. sie in die Läden zurück zu holen.

Wie stellen Sie sich das vor?

Sie haben es am Montag gemeldet: Wir werden der Neuausgabe unseres Weltbestsellers „1000 Places toseebeforeyou die“ einen 16-stelligen Nummerncode beigeben, mit dem der Buchkäufer das E-Book von der h.f.ullmann-Homepage einmalig herunterladen kann – das ist im Preis des Buches enthalten. Aus unserer Sicht ist das ein unschlagbares Angebot: 1216 Seiten in Farbe auf Papier und digital. Alle Destinationen bis zu den Restaurants, Hotels etc. können direkt aufgerufen werden. Kein Buch weltweit hatte das bisher in dieser Kombination.

Viele Autoren werden sich dagegen stemmen, weil sie auf potentielle Extra-Umsätze verzichten….

Kalkulatorisch war die Umsetzung für den Verlag tatsächlich nur möglich, weil die Autorin Patricia Schultz auf ihr Honorar, für die digitale Nutzung in dieser Form verzichtet hat. Aber ich denke, diese Lösung, dem Buchkäufer ein attraktives Angebot zu machen, wird sich langfristig durchsetzen und alle werden profitieren, die Verlage, der Handel und auch die Autoren. Wir dürfen uns doch nichts vormachen, letztlich entscheidet der Kunde, in welcher Form er Inhalte und Informationen überhaupt haben will.

Und der will wie bei einer CD sein Buch im Urlaub auch mal bequem auf seinem Reader abspielen können…

… was jeder Online-Versender, der die Kundendaten gespeichert hat, künftig nachliefern könnte – der Buchhändler kann das nicht. Deswegen glaube ich, dass unser Kombiprodukt eine innovative Antwort auf die Frage nach der Zukunft des Buches und einer möglichen Vorherrschaft von E-Books ist. Wir sehen für unsere Lösung „Buch und E-Book“ insoweit zwei Hauptgewinner: den Endkunden und durch die Umsatzsteigerung den Sortimentsbuchhändler, also unseren Geschäftspartner den Buchhändler.

Spielt das E-Book denn schon eine Rolle?

Noch ist das eher ein Nischenprodukt, aber mit einer potentiell großen Dynamik. Tatsache ist: Wer bislang ein E-Book kaufte, hat das leider nicht im stationären Buchhandel gemacht. Insofern ging den Buchhändlern ein bedeutender Umsatz verloren. (In den USA werden ca. 10 % des Buch-Umsatzes über E-Books generiert und in Deutschland erst 1 %). Deshalb sollte man zukunftsorientiert handeln.

Wo liegen die Stolpersteine?

Auch wenn sich der Buchhandel technikaufgeschlossen gibt, sind viele Verlage und vor allen Dingen Autoren und Agenten etwas sturköpfig. Es gibt, ich wiederhole, definitiv keinen wirksamen Kopierschutz. Und das muss man akzeptieren. Nur: Mit Unkenrufen an die „geistigen Lieferanten“ oder sogar Buchhändler holt man doch den Konsumenten definitiv nicht ab. Die Autoren sollten das ebenso bedenken, wie die Agenten. Eine wundersame Geldvermehrung lässt sich nur begrenzt mit geistigem Eigentum realisieren. Insofern ist meine Botschaft: Packt die E-Books dem Papier-Produkt dazu. Kein Download ohne das Buch beim Buchhändler!

Ihre Strategie?

Sicher werden wir auch zukünftig separate E-Books verkaufen, weil nicht die gesamte Internetgeneration über das Buch abgeholt werden kann. Manche wollen eben keine Bücher, kommen aber bisweilen später auch über das Digitale über Umwege aufs Papier und das Buch. Das wäre unser Beitrag zur Leseförderung. Und was die Zukunft unserer Branche angeht, ist sie dann nicht katastrophal, wenn wirsie mit neuen Produkten innovativ gestalten.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

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