Ottfried Daschers Flechtheim-Biographie hatte im Düsseldorfer Malkasten Premiere

Lange erwartet, jetzt endlich erschienen (und am Wochenende in der Literarischen Welt gleich mit einer opulenten Doppelseite begrüßt): der erste Biographie des Sammlers, Kunsthändlers und Verlegers Alfred Flechtheim. Jahrelang hat Ottfried Dascher (Foto) alle Quellen für sein bei Nimbus erschienenes Buch recherchiert.

Längst überfällig ist diese Biographie des 1937 im Exil gestorbenen Flechtheims und

v.l.: Rudolf Schmitt-Föller, Ottfried Dascher,
Berhard Echte

seiner Frau Betti, die sich angesichts der drohenden Deportation 1941 das Leben nahm. Er war einer der bedeutendsten Kunsthändler der Weimarer Republik – zusammen mit den „Konkurrenten“ Paul und Bruno Cassirer hat er die Moderne nach Deutschland gebracht. Angefangen damit haben sie alle lange vor dem Ersten Weltkrieg – als für die neue Kunst hauptsächlich Spott, Hohn und Unverständnis zu ernten war.

Flechtheims „Kunstblatt“ Der Querschnitt war eines der engagiertesten Zeitschriftenprojekte der Weimarer Republik, hinzu kommen zahlreiche Mappenwerke und natürlich Kataloge. Als Kunsthändler war er Freund und Vertrauter zahlreicher Maler, stellvertretend seien hier nur Picasso oder George Grosz genannt. Seine inzwischen in alle Welt verstreute Sammlung liest sich wie Lexikon der modernen Kunst.

Natürlich kann hier der abenteuerliche Lebensweg Flechtheims nicht nacherzählt werden – dafür gibt es schließlich das Buch. Verleger Bernhard Echte (der den Nimbus Verlag zusammen mit Walter Feilchenfeldt, im Amsterdamer Exil geborener Sohn des Cassirer-Geschäftsführers Walter Feilchenfeldt, betreibt [mehr…]) erinnert sich, wie alles begann: Es war ein Symposium im Jahr 2010, bei dem sehr viel Weltbewegendes vorgetragen wurde, doch als Dascher das Rednerpult betrat, war ihm klar: Das muß verlegt werden. Nur ein Jahr später ist es wahr geworden: Das rund 500 Seiten starke, reich bebilderte Werk liegt vor, und Echte, der mit Superlativen normalerweise nicht hausieren geht, weiß: Dieses Buch hat das Zeug zu einem Standardwerk.

Ottfried Dascher, über 40 Jahre im Archivwesen tätig gewesen, hat den unschlagbaren Vorteil, recherchieren zu können. Quellen aufzutun und zu bewerten. Mit den Überlebenden der Familie hat er gesprochen und mit Eric A. Kaufmann, Neffe von Alfred Flechtheim (dem das Buch gewidmet ist), konnte er noch große Teile des Manuskripts noch abstimmen. Sein Buch also ist ein Flechtheim-Kompendium, das an Faktenreichtum schwerlich zu überbieten ist.

Bemerkenswert ist auch der Anhang des Werkes: Rudolf Schmitt-Föller, bei Weidle Herausgeber der Texte Flechtheims unter dem Titel Nun mal Schluß mit den blauen Picassos, hat eine ausführliche Bibliographie erarbeitet – unter seiner Ägide übrigens wurde in der Düsseldorfer Universitäts- und Landesbibliothek eine einmalige Flechtheim-Sammlung aufgebaut, auf die die Forschung seit Jahren gern zurückgreift. Auf einer CD-Rom gibt es die Kataloge der Galerie und den berühmten Querschnitt durch Alfred Flechtheim am 1. April 1928 (dem 50. Geburtstag des Kunsthändlers) – eine kaum auf dem Markt zu bekommende Rarität. Und: Rico Quaschny hat eine Flechtheim-Stammtafel beigesteuert.

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