Marc Degens: Buchpremiere im rollenden Bus

Hätte ich geahnt, daß die Deutsche Bahn just gestern Abend schon mal ihr Winterverspätungsprogramm übt (zunächst 100 Minuten, dann unbestimmt – und das gegen Mitternacht, wenn sich der S-Bahn-Verkehr schlafen legt), ich wäre trotzdem zu Marc Degens Buchpremiere nach Bochum gefahren – allerdings mit dem Auto.

Denn angekündigt war eine ungewöhnliche (im Gegensatz zur Bahn mobile) Veranstaltung: Buchhändler, Veranstalter und Journalisten waren geladen, mit dem Autor die Stätten des Geschehens in Degens neuem Roman Das kaputte Knie Gottes (Knaus) im Bus abzufahren. Los ging es am Hauptbahnhof (der späteren Stätte verzweifelten Herumstehens und sich schnell verdrückendem Servicepersonals) Richtung Uni: Degens hat dort studiert, aber das ist ein paar Tage her; und geschrieben hat er seinen Roman in Armenien (kein Reiseziel der Deutschen Bahn): „Diese Fahrt ist ein guter Test, ob wirklich alles stimmt, was ich geschrieben habe.“ Weitere Stationen der Reise: Buchhandlung Ubu (genannt auch Ubü), Degens ehemaliges Lieblingscafé Katzenstube („Da habe ich mal eine Tischdecke in Brand gesetzt.“), die Uni natürlich (wo er – wie es sich für einen Studenten gehört – Protestsongs aufführte), dann Laerholzstraße und schließlich das Museum Bochum.

Degens, in der Branche auch als SuKuLTuR-Verleger (der also dazumal die Vorlage für Hegemanns Axolottchen veröffentlichte – erinnert sich noch einer daran?) bekannt, erzählte launig über seinen turbulenten und witzigen Roman, las im ruckligen Bus (der übrigens mit dem iPhone eines der mitreisenden Kameramänner navigiert wurde) aus seinem Buch, spielte Songs aus seiner musikalischen Vergangenheit.

Ganz „nebenbei“ ist Degens Roman auch eine Persiflage auf den Kulturbetrieb – den er als langjähriger Kolumnist der Literaturzeitschrift Volltext bestens kennt. Ob er aber alle seine gefakten Roman-Anfänge (die als Kolumnen im Verbrecher-Band Unsere Popmoderne erschienen sind) zu Ende schreiben wird? Das ist zweifelhaft, denn der Autor hat Einfälle genug, um sich nicht wiederholen zu müssen. Er ist ja nicht die Deutsche Bahn, die nur eins kann: Kunden nerven.

uf

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