Was 1997 als Kiezprojekt begann, hat längst Kultstatus. Bereits zum dreizehnten Mal wandelte sich die Gegend rund um die Oranienstraße in Berlin Kreuzberg gestern zum Treffpunkt der Bücherfreunde aus der ganzen Stadt.
Schon am frühen Nachmittag begannen die Veranstaltungen für die jungen Leser. „Unser Kinderprogramm war ein schöner Erfolg“, freute sich am Abend Stefanie Hetze, Inhaberin der Buchhandlung Dante Connection in der Oranienstraße und Mitinitiatorin des Projekts.
Wie immer wurde nicht nur in Buchhandlungen und Bibliotheken gelesen, sondern auch im Kino und im Theater, in Bars und Cafés, in einer Kita, einer Schule und einer Kirche. Mit dem Programmheft in der Hand ließ sich das Publikum von Ort zu Ort treiben, auch ein heftiger Regenschauer konnte die gute Stimmung nicht trüben.
Zur größten Autorenlesung der Welt hatte das Werkbundarchiv – Museum der Dinge geladen. Über 100 Co-Autoren lasen 12 Stunden lang non stop Texte aus dem Lesikon der visuellen Kommunikation von Juli Gudehus (Verlag Hermann Schmidt Mainz).
Ein paar Schritte weiter, im Wirtshaus Max & Moritz, stellte Melvin Burgess gemeinsam mit seiner Übersetzerin Heike Brandt seinen neuen Roman Nicholas Dane (Carlsen) vor, im Club Monarch stand Peggy Mädler mit ihrer Legende vom Glück des Menschen (Galiani) auf dem Programm und im Ballhaus Naunynstraße Adriana Altaras mit Titos Brille (Kiepenheuer & Witsch). Mehr als 100 Veranstaltungen an über 40 Orten wurden bei freiem Eintritt geboten.
Bis zum letzten Moment hatte man in der Buchhandlung Moritzplatz noch eingeräumt, doch gestern konnte Ben von Rimscha die Türen wie geplant im Rahmen der Langen Buchnacht öffnen. Abends stand hier eine Lesung mit Wolf Wondratschek auf dem Programm. Die 170 Quadratmeter große Buchhandlung befindet sich im Erdgeschoss des Aufbau Hauses am Moritzplatz. Auch das Theater Aufbau Kreuzberg (tak) ist bereits fertig. Hier war der irische Autor Stuart Neville mit seinem Thriller Die Schatten von Belfast (Rütten & Loening) angekündigt.
Auch weit nach Mitternacht wurde in der Langen Buchnacht noch gelesen und gefeiert, diskutiert und getanzt. Schönere Worte als die von Abbas Khider lassen sich für das Event kaum finden: „2008 schlenderte ich spätabends zur Oranienstraße“, schreibt er im Programmheft, „und traf ganz zufällig auf die vielleicht schönste aller Berlinerinnen: Die ‘Lange Buchnacht‘. Wir stießen heftig mit den Köpfen aneinander, sodass ich ihr in die Arme stolperte und sie mich unwillkürlich festhielt. Nur einige Augenblicke später und ihr Gefühl, ihr Geist und ihre Gestalt hatten mich vollends verzaubert. Seitdem bin ich unsterblich in diese Schönheit aus Texten, Träumen und Talenten verliebt, und habe mir geschworen, keine einzige Nacht mehr mit ihr zu verpassen und euch alle heute Abend an ihrem Zauber teilhaben zu lassen…“
Die 14. Lange Buchnacht findet am 12. Mai 2012 statt. Informationen unter www.lange-buchnacht.de
ML
