Diskussion um Fusion geht weiter: Nächste „Ausfahrt“ Essen, Donnerstag

Am Donnerstag soll die diesjährige Hauptversammlung des Landesverbandes NRW über eine Fusion mit dem Börsenverein auf Bundesebene entscheiden. Klartext-Verleger Ludger Claßen hat kritische Fragen zu den Fusionspapieren, die er am Donnerstag stellen will – Gabriele Schink, die Geschäftsführerin des LV NRW, antwortet hier schon jetzt darauf. Wir dokumentieren das Streitgespräch:

Ludger Claßen: Die Papiere kennen nur Alles oder Nichts in einer polemischen Zuspitzung: Entweder Fusion oder Untergang.

Dr. Ludger Claßen:
„Es gibt gute Gründe,
an der föderalen Struktur
unserer Branche festzuhalten“

Gabriele Schink: Nicht ganz, es gibt ja noch den alternativen Beschlusstext, im Falle einer nicht verabschiedeten Fusion dann mithilfe einer bezifferten Beitragserhöhung weiter zu machen im alten Konstrukt, so lange es eben geht. Das werden wir auf der Hauptversammlung mündlich noch stärker ausführen. Oder die zweite Alternative: deutlicher Leistungsabbau – auch dazu werden wir in der HV mehr sagen, aber ich denke, dass sich das jeder vorstellen kann.

Ludger Claßen: Der Börsenverein ist nach dem Krieg regional begründet worden, es gibt gute Erfahrungen mit einem Gegengewicht zu zentralistischen Strukturen, und wir haben als Landesverband sehr erfolgreich gearbeitet.
Gabriele Schink: Ja, das stimmt. Ich glaube aber, dass das mit dem Gegengewicht eine Selbsttäuschung ist. De facto haben wir der zentralistischen Struktur zwar Verzögerungen abgerungen und immer wieder Dinge moniert, im Ergebnis aber haben wir nichts verhindert und leider auch (da wir immer mit Gegenarbeiten beschäftigt sind) wenig für das Ganze des Börsenvereins bewirkt. Stattdessen haben wir stolz unsere eigenen Länderzäune gestrichen und uns damit begnügt, es uns im eigenen Garten schön zu machen. Ich denke, dass wir uns das nicht mehr leisten können und eher Energien freisetzen müssen, das Ganze gut zu machen.

Ludger Claßen: Warum ist eine Modernisierung unter Beibehaltung unseres Vereins von vorneherein verworfen bzw. gar nicht geprüft worden?
Einsparungen bei ‚Seminaren‘ und ‚Verwaltung‘ wären möglich auch ohne Auflösung des Vereins.

Gabriele Schink

Gabriele Schink: Es war natürlich eine Aufgabe, auch diese Möglichkeit zu prüfen. Nach genauer Betrachtung der Zahlen finden sich dort auch Antworten, auf die wir bei der HV noch stärker eingehen werden. Die Verwaltung nach Frankfurt zu geben, proben wir in diesem Jahr schon per Dienstleistungsvertrag: Fibu, Controlling und Personalverwaltung haben wir abgegeben und könnten das auch in Zukunft weiter so machen. Würden wir auch. Damit sparen wir aber nur 8000€. Das ist gut, aber nicht überragend viel.

Ludger Claßen: Der Mitgliederservice wird erhöht. Wie viel davon ist aus den bisherigen Posten ‚Verwaltung‘ und ‚Gremienarbeit‘ hierher „umgebucht“?
Gabriele Schink: Fast nichts. Wir haben in den letzten Jahren sehr genau die Kosten gemessen, vor allem die Personalkosten für Regionaltreffen, HV, Tagungen usw. Diese Zahlen haben wir als Berechnungsgrundlage angesetzt. Dann haben wir die Zahl der geplanten Veranstaltungen ermittelt und die Kosten dafür eingeplant. Bei den Gremienkosten entfällt dann z.B. die Hauptversammlung, wir haben aber Kosten für einen eintägigen Kongress ermittelt und wiederum angesetzt, da eine solche Großveranstaltung pro Jahr die Möglichkeit des Treffs auf Inhaberebene im größeren Rahmen bieten soll. Es entfallen aber: Rechenschaftsbericht, Vorstandsreisekosten usw.

Ludger Claßen: In dem Papier wird nur der Fall dargestellt, welche personellen Konsequenzen es ohne Fusion in der Geschäftsstelle geben würde. Welche personellen Änderungen wird es in der Geschäftsstelle nach der Fusion geben?
Gabriele Schink: Gar keine. Wir haben bereits in diesem Jahr die Stelle von Frau Meinel abgebaut, weil wir bereits drei Jahre defizitär gearbeitet haben und sich keine Einsparmöglichkeiten mehr ausschöpfen ließen außer Personalabbau. Wir haben uns bemüht, das organisch zu lösen und das ist ja auch gelungen. Nun haben wir rechnerische 3,7 Mitarbeiter plus eine Volontärin. Das ist genau die Zahl, die wir als Zielvorgabe beim Fusionsmodell errechnet haben. Alle Mitarbeiter und die Geschäftsstelle als solche erhalten eine Bestandsgarantie.

Ludger Claßen: Ebenso werden die schlimmen Konsequenzen sinkender Beitragseinnahmen ohne Fusion geschildert. Nach einer Fusion scheint es das Problem nicht mehr zu geben. Warum?
Gabriele Schink: Doch, natürlich gibt es diese Bedrohung auch nach der Fusion. Da wir aber nicht das gesamte Einsparpotential in Form von Beitragssenkungen weitergeben werden, gibt es noch einen kleinen Spielraum. Auch denken wir, dass sich die Rationalisierungseffekte im administrativen Bereich noch weiter ausbauen lassen, wenn wir erst einmal Schwung hineingebracht haben. Z.B. noch bessere Ausnutzung gemeinsamer Softwarelösungen, gemeinsame Personalentwicklung u.ä.

Ludger Claßen: Wie wird überwacht, dass die geplanten Einsparungen tatsächlich realisiert werden und es zu einer dauerhaften Beitragssenkung trotz sinkender Beitragseinnahmen kommt?
Gabriele Schink: Das Regionalbüro bekommt ein eigenes Budget (so wie SOA und VA auch), allerdings auf der in der Satzung festgelegten Basis der Regionalbeitragseinnahmen. Auch die eventuell zu erzielenden Überschüsse aus Eigenaktivitäten (das spornt dann auch künftig an) wandern ins für unsere Arbeit festgelegte Vermögen und können künftige Durststrecken zumindest lindern. Ich als Regionaldirektor bin für die Solleinhaltung genauso verantwortlich wie jetzt, formal gibt es dann den Haushaltsausschuss und den Schatzmeister des Bundesverbands, die das Ganze prüfen werden.

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