Die Besten der Besten, Teil 2: Die restlichen Gewinner des Deutschen Hörbuchpreises 2011

Fünf Tage nach Bekanntgabe der ersten Gewinner [mehr…]hat die WDR Mediagroup nun die restlichen veröffentlicht. Über den Deutschen Hörbuchpreis 2011 freuen sich Der Hörverlag, Cybele Records, speak low und ein zweites Mal Hörbuch Hamburg.

Die „Beste Fiktion“ liefert nach Meinung der Jury dieses Hörbuch: „Das Geisterhaus“ (von Isabell Allende, Der Hörverlag, SWR / hr2)

Der Weltbestseller als aufwendiges Hörspiel mit über 70 Rollen und Sprechern. Der achtzigjährige Esteban Trueba blickt zurück auf sein Leben und erzählt die Geschichte seiner Familie, die eng verwoben ist mit der Geschichte des Landes Chile. Er berichtet von seinem Aufstieg als Großgrundbesitzer und den Erfolgen als Senator der Konservativen. Vor allem aber erzählt er von der Liebe zu seiner Frau, der hellsichtigen Clara, und den anderen Frauen seiner Familie. Sie stehen von Generation zu Generation in einer geheimnisvollen Verbindung zueinander.

„Wer nach dem Buch und dessen Leinwandversion ein solch opulentes Epos zu einem Hörbuch verarbeiten will, braucht einen gewieften Regisseur wie Walter Adler und einen erfahrenen Komponisten wie Pierre Oser“, freute sich die Preisträger-Jury über die gelungene Produktion. „Sie wurde mit vielerlei Recht schon als ‚Hörbuch des Jahres 2010‘ ausgezeichnet. Verdient hat diese Auszeichnung aber auch das große Ensemble von Sprecherinnen und Sprechern, die ihr Können in überbordende Spielfreude münden ließen und so ein kurzweiliges Hörtheater zuwege gebracht haben.“

Ganz aus dem Häuschen ob des Hörbuchpreis-Gewinns war das Team des Münchner Hörverlags: „Wir haben die Sektkorken hier in der Lindwurmstraße richtig knallen lassen – und zwar, als alle Mitarbeiter vollzählig waren“, erinnert sich Pressesprecherin Heike Volker-Sieber. „Es freut uns ungemein, dass die Inszenierung von Walter Adler die Jury genauso begeistert hat wie uns im Verlag. Das perfekte Zusammenspiel von Regie, Stimmen und Musik hat aus Allendes Roman ein eigenes Kunstwerk entstehen lassen.“

Darüber hinaus freut man sich beim Verlag über einen schönen Nebeneffekt: „Aus Erfahrung wissen wir, dass der Preis dem ‚Geisterhaus‘ nun noch mehr Presseberichte und vor allem viele zusätzliche Hörerinnen und Hörer bescheren wird.“

In der Kategorie „Beste Fiktion“ waren ebenfalls nominiert:
„Hinduhans“ (Michael Stauffer und Hans Koch, Christoph Merian Verlag, DRS)
„Atemschaukel“ (Herta Müller, Hörbuch Hamburg, NDR)

Als „Bester Interpret“ des Jahres 2010 wurde gewählt: Burghart Klaußner für das Hörbuch „Schuld“ (Ferdinand von Schirach, Osterwold Audio / Hörbuch Hamburg)

Burghart Klaußner
© Martin Steffen

Das Hörbuch ist eine Sammlung schauriger Geschichten, die der erfolgreiche Strafverteidiger und Bestsellerautor Ferdinand von Schirach der Wirklichkeit abgelauscht hat. Sie handeln davon, wie leicht Verbrechen und Gewalt in unseren scheinbar so wohlgeordneten Alltag einbrechen können. Schirach zeigt Beweggründe auf, die zu Verbrechen führen, oder spricht von der Entscheidung, die ein Anwalt manchmal treffen muss, ohne zu urteilen oder den moralischen Zeigefinder zu erheben.

Von der Interpretation zeigte sich die Jury begeistert: „Der Schauspieler Burghart Klaußner bewahrt den kargen, an mündliche Berichte erinnernden Stil des Autors. Im besten Sinne ist er der Erzähler der Geschichten und nicht etwa ein Vortragender. Mit kühler Präzision verleiht er diesen Kurz-Dramen um Schuld und Sühne eine ungeheure Kraft und Intensität, die über die der literarischen Vorlage noch hinausgeht – und im Hörer lange nachwirkt.“

„Die Auszeichnung von Burghart Klaußner ist – zusammen mit dem Erfolg für Laura Maire als „Beste Interpretin“ – in erster Linie ein Lob für unser Lektorat und die langjährige Erfahrung darin, Texte und Stimmen auf den Punkt genau zusammenzubringen“, schwärmt Hörbuch-Hamburg-Chef Johannes Stricker. „Ein Doppelerfolg, der hier bei uns im 15. Stock schon für den einen oder anderen Freudentanz gesorgt hat.“

Die Wahl Klaußners gilt als Überraschung, weil ebenfalls nominierte „stimmliche Schwergewichte“ wie Christian Brückner (für die 29-Stunden-Produktion „Schau heimwärts, Engel“; Thomas Wolfe, Parlando) und Peter Matic (für die 157 Stunden lange und über sieben Jahre entstandene Gesamtausgabe von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“; Marcel Proust, Der Hörverlag) diesmal leer ausgegangen sind.

„Beste Information“ lieferte im vergangenen Jahr dieses Sachhörbuch: „Nelly Sachs, Schriftstellerin, Berlin/Stockholm“ (von Vera Teichmann und Harald Krewer, speak low, DLF/DLR)

Eine Hörbiografie samt historischer Originaltöne und neu interpretierter Gedichte. „Ich habe Schweden sehr lieb gewonnen und es hat uns gerettet, aber auf Erden ist kein Ort mehr, ich habe keinen Ort mehr auf der Erde“, sagte die zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geratene Schriftstellerin Nelly Sachs. Wegen ihrer jüdischen Wurzeln musste sie 1940 Berlin verlassen. Gerade noch rechtzeitig, bevor sie ins Lager transportiert werden sollte, flog sie mit einer der letzten Passagiermaschinen nach Stockholm. Und ihr Werk ist von Flucht und Trennungsschmerz geprägt.

Die Hörbuchpreis-Jury lobte: „Dem Produzenten- und Verlegerteam von speak low ist mit dem eindringlichen Porträt der großen deutschen Lyrikerin und Literaturnobelpreisträgerin Nelly Sachs ein akustisches Kleinod gelungen.“ Das Hörbuch sei eine „äußerst zarte und zugleich wortgewaltige Hommage“ und zeichne „mit großem Gespür für den poetischen Kosmos von Nelly Sachs“ das von Flucht und Verwandlung geprägte Leben und Schaffen der Schriftstellerin nach.

Ebenfalls nominiert waren:
„Käsebier erobert den Kurfürstendamm“ (Gabriele Tergit und Volker Kühn, duo-phon records)
„Worte und Musik“ (Erik Satie, words & music)

Ein Verlag hat 2010 laut Jury die „Beste verlegerische Leistung“ erbracht: – der Düsseldorfer Kleinverlag Cybele Records (Vertrieb: audiopool) für seine Musik-Hörbuch-Reihe „Edition Künstler im Gespräch“, die die wichtigsten musikalischen Künstler der Moderne porträtiert

Die Edition stellt in porträtierenden Interviews und ausgewählten Tondokumenten Komponisten der Moderne wie Karl Amadeus Hartmann, Hans Erich Apostel oder Hans Werner Henze einem breiteren Publikum vor. Dem Team um Cybele-Chefin Mirjam Wiesemann – so das Lob der Jury – gelinge es, wichtige Werke der neueren Musikgeschichte aus dem Klassik-Museum zu befreien und neu zugänglich zu machen. „Ein schlüssiges und mutiges verlegerisches Konzept, das hohe Anerkennung verdient und dessen versierte Umsetzung die Jury mit der Auszeichnung fördern möchte.“

„Die Freude bei uns war unglaublich, und Karin Maier vom WDR, die Überbringerin der Nachricht, freute sich hörbar mit, als ich am Telefon meiner Begeisterung recht impulsiv Ausdruck verlieh!“, erinnert sich Mirjam Wiesemann. „Die Sektkorken knallten zunächst nur über Skype, da mein Mann, der sich über den Äther ausgiebig mit mir freute, noch für eine Produktion unterwegs war – dann aber umso schöner beim Wiedersehen. Die Auszeichnung bedeutet uns sehr viel, da sie unsere gemeinsame kreative und verlegerische Arbeit als Ganzes würdigt.“

Ebenfalls nominiert waren:
• der Schweizer Christoph Merian Verlag (Vertrieb: Steinbach) für sein außergewöhnliches Hörstück „Blösch“
Random House Audio für seine „Marx total“-Box, die einen vermeintlich überholten Stoff facettenreich zu Gehör bringt

Am vergangenen Mittwoch wurden bereits die Gewinner der ersten drei Kategorien bekanntgegeben: „Beste Interpretin“ wurde Laura Maire mit dem Hörbuch „Nichts – Was im Leben wirklich wichtig ist“ von Hörbuch Hamburg, „Bestes Kinderhörbuch“ ist das Sachhörbuch „Kuckuck, Krake, Kakerlake“ von Oetinger audio, und angesichts einer herausragenden Bearbeitungsleistung wurde die DVD „Das Haus“ vom DAV zum „Besonderen Hörbuch“ gewählt.

Gekürt werden alle Preisträger auf der Gala zum Deutschen Hörbuchpreis am 16. März im WDR-Funkhaus in Köln. Die Gala wird im Radio über WDR 5, hr2-Kultur, NDR Kultur, SWR 2, antenne saar und SR 2 KulturRadio live übertragen. Die Ausstrahlung der TV-Aufzeichnung folgt auf 3sat in der Nacht vom 19. auf den 20. März.

rw

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