Literaturpreise Die Besten der Besten, Teil 1: Drei Gewinner des Deutschen Hörbuchpreises 2011 stehen fest

Seit gut einem Monat rätselt die Branche, welche nominierten Titel zu Gewinnern des Deutschen Hörbuchpreises gekürt werden. Jetzt hat der gleichnamige Verein mit Sitz bei der WDR Mediagroup in Köln die ersten Preisträger in drei von sieben Kategorien veröffentlicht. Freuen können sich die Verlage Hörbuch Hamburg, Oetinger audio und Der Audio Verlag.

Als „Beste Interpretin“ des Jahres 2010 wurde gewählt:

Laura Maire für das Hörbuch „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ (von Janne Teller, erschienen bei Silberfisch / Hörbuch Hamburg)

Laura Maire
© Fabian Magnus Isensee

Nach Ansicht der Preisträger-Jury, die das Hörbuch von der Nominierungs-Jury zusammen mit zwei anderen Titeln vorgelegt bekam, habe Laura Maire eine „verführerisch frische Stimme“ und spiele „mit sanft erotischen Untertönen“, die von Anfang an Rätsel anklingen ließen. „Als atemraubend betörende Erzählerin berichtet sie mit der wissenden Stimme einer Heranwachsenden – weder altklug noch abgeklärt, sondern mit juvenil forscher Neugierde, die allemal zu erkennen gibt, wie abgrundtief das Erschrecken sein kann, wenn das Leben überraschend ernst macht.“

Wer den Stoff nicht kennt, sollte dies nachholen – denn hier ist starker Tobak angesagt. Als der Achtklässler Pierre Anton feststellt: „Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun“, steigt er aus dem Leben aus und verbringt seine Tage auf einem Pflaumenbaum. Seine Mitschüler sind irritiert und geschockt und wollen ihm das Gegenteil beweisen. Sie beginnen Dinge zusammenzutragen, die Bedeutung haben – jeder muss etwas Liebgewonnenes hergeben. Aber die Opfer werden immer größer, und die Aktion läuft aus dem Ruder.

So lässt Janne Tellers „Nichts“ den Hörer in der Radikalität seiner These und den daraus resultierenden Konsequenzen für die Geschichte im wahrsten Sinne aufhorchen – genauso wie Laura Maires Stimme: „Dass ihre Sprecherleistung geehrt wird, heißt für uns als Verlag, dass Qualitätsansprüche bei der Besetzung der Sprecher gewürdigt werden“, freute sich Hörbuch-Hamburg-Chef Johannes Stricker über die Auszeichnung. „Ein toller Erfolg für sie als versierte Sprecherin vieler Hörbuchproduktionen und ein wichtiges Signal an uns, dass Qualität sich durchsetzt.“

Ebenfalls nominiert waren:
Sophie Rois für „Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ (von Alina Bronsky, erschienen bei tacheles! / Roof Music)
Barbara Nüsse für „Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courage“ (Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Eichborn)

„Bestes Kinderhörbuch“ ist ein alter Bekannter:

„Kuckuck, Krake, Kakerlake“ (von Bibi Dumon Tak, erschienen bei Oetinger audio)

Bekannt deshalb, weil das Hörbuch gerade feierlich beim Hörfest in Wiesbaden zum „Kinder- und Jugend-Hörbuch des Jahres“ gekürt worden ist und vorab auch schon mit zahlreichen weiteren Auszeichnungen bedacht wurde.

„Die sprachlich wohlkomponierten Miniaturen dieser Produktion, allesamt kurze Exkursionen in die mitunter entlegenen oder übersehenen Regionen unserer Fauna, werden Ihre zoologischen Kenntnisse erweitern oder auffrischen. Präzise ausgewählte, aufeinander abgestimmte Sprecher und eine ausgefeilte akustische Dramaturgie beleben und bereichern die Textvorlage entscheidend“, so die Jurybegründung. „Das so entstandene unterhaltsame wie interessante Füllhorn kleiner Pretiosen kann man wohldosiert genießen oder aber – weil sie durch die Vielzahl erstklassiger Stimmen abwechslungsreich genug sind – in einem Rutsch durchhören. So oder so, das Hörbuch bestätigt: Die Natur ist unglaublich und
wunderbar – und Wissen macht Spaß.“

„Kuckuck, Krake, Kakerlake – Das etwas andere Tierhörbuch“ erzählt von seltenen Tieren und deren Besonderheiten. „Die Umsetzung bedeutete eine besondere Herausforderung für uns, da die Faszination dieses ungewöhnlichen Tiersachbuches zu einem großen Teil auch in der besonderen optischen Anmutung liegt“, erklärt Pressesprecherin Judith Kaiser.

Der Inhalt: Vielleicht ist ja allgemein bekannt, dass beim Seepferdchen die Männchen die Schwangerschaft übernehmen oder dass das Faultier kopfüber im Baum an einem Ast hängt und die meiste Zeit seines Lebens schläft. Aber ist auch bekannt, dass das Faultier kaum laufen kann, langsamer als eine Schnecke ist und warum es nur etwa alle zehn Tage vom Baum herabsteigt? Oder wer hat schon mal von der Jesus-Christus-Echse oder dem Wasserreservoirfrosch gehört? Und wer kennt die besonderen Fähigkeiten dieser Tiere? Das Hörbuch klärt diese und viele andere Fragen höchst amüsant – und nach Meinung vieler Hörer sogar noch besser als die Buchvorlage.

Ebenfalls nominiert waren:
„Polinas Geheimnis“ (von Nina Blazon, Der Audio Verlag)
„Ruchlose Rivalen“ (von Leuw von Katzenstein, Hörcompany)

In der Spezialdisziplin „Das besondere Hörbuch“, diesmal mit dem Schwerpunkt „Beste Bearbeitung“, hat gewonnen:

„Das Haus – House of Leaves“ (drei Hörspiele mit jeweils einer eigenen Perspektive der Geschichte von Mark Z. Danielewski, Der Audio Verlag, WDR)

Die Story: Pulitzerpreisträger Will Navidson zieht in ein altes Haus. Als im Haus plötzlich eine Kammer auftaucht, bemerkt er, dass sich die Struktur des Hauses stets verändert. Um der Sache auf die Spur zu kommen, begibt sich eine kleine Gruppe in die neuen Räume, die sich wie ein Labyrinth aufbauen. Die Videoaufzeichnungen, die Will davon macht, werden als „The Navidson Record“ bekannt – sämtliche Kopien des Filmes verschwinden jedoch spurlos. Der blinde Hobby-Kinoexperte Zampano will mehr wissen, stellt Analysen und Dokumente zusammen und untersucht die Hintergründe von „The Navidson Record“. Nach seinem mysteriösen Tod fällt seine Materialsammlung in die Hände von Johnny Truant, der die Beschäftigung mit dem Stoff nicht ohne Folgen übersteht.

Das Besondere hier: Die Produktion (auf DVD mit geheimnisvollem Notizbuch) besteht aus drei verschiedenen Hörspielen, die jeweils eine andere Erzählebene beinhalten – einer Geschichte, deren Verlauf der Hörer selbst entscheiden kann. „Der WDR hat sich getraut, dieses komplexe Hörspiel spannend und interessant umzusetzen“, erklärte DAV-Chef Amadeus Gerlach.

Die Jury zeigte sich begeistert, weil der Hörer „zum Abenteurer auf der Jagd nach dem blutroten Faden“ werde. Denn: „Danielewskis Kultroman vereint den elementaren Alptraum mit Zitaten von Dante bis Derrida. Raffiniert macht Thomas Böhm aus dem topo- und typografischen Textlabyrinth eine akustische Expedition. Den geballten Horror aus Fragmenten und Fragezeichen verteilt er auf drei Ebenen, die zum interaktiven Zapping locken.“

Ebenfalls nominiert waren:
„Don Quijote von der Mancha“ (Miguel Cervantes, Der Hörverlag, DLF)
„Öland“ (Johann Theorin, Der Hörverlag, DLR Kultur)

Schon am Montag, 14. Februar, werden die Gewinner in den restlichen Kategorien veröffentlicht: „Bester Interpret“, „Beste Information“, „Beste verlegerische Leistung“ und „Beste Fiktion“ – wobei wir hier zumindest schon mal Überraschungen ankündigen können.

Die Gala zum Deutschen Hörbuchpreis ist am 16. März und wird im Radio über WDR 5, hr2-Kultur, Studio Hamburg und NDR live übertragen. Die TV-Aufzeichnung strahlt 3sat in der Nacht vom 19. auf den 20. März aus.

rw

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