Wie war Ihr Jahr, Bodo Horn-Rumold?

Bodo Horn-Rumold

Seit dem Nikolaustag und noch bis zum 6. Januar (Heilige Drei Könige) fragen wir täglich in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet Baumhaus-Verleger Bodo Horn-Rumold (Foto) unseren „anderen“ Fragebogen.

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Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Da gibt es gleich mehrere Tage. Die Buchmessen in Leipzig, Bologna und Frankfurt sind immer absolute Highlights wegen der vielen persönlichen Treffen und guten Gespräche. Und der Autorenabend von Stefan Lübbe während der Frankfurter Buchmesse. Wann hat man schon die Gelegenheit innerhalb von nur wenigen Stunden mit so interessanten Persönlichkeiten wie Nazan Eckes, Rebecca Gablé, Auma Obama, Ken Follet, Wolfgang Hohlbein oderBen Becker ins persönliche Gespräch kommen zu können. Diese Begegnungen werden noch lange nachwirken. Dafür liebe ich die Buchbranche und meine Arbeit und möchte im Leben nichts anderes tun. Privat, aber auch der Tag an dem meine Tochter Luisa nach 5 Monaten Kanada-College wieder „unbeschadet“ nach Hause kam und sie erst einmal nach deutschen Vokabeln suchen mußte nach 5 Monaten nur Englisch und Französisch. Und der 50. Geburtstag am 17. Juni mit dem sehr ungewöhnlichen Geburtstagsgruß von Klaus Baumgart und Jan Birck im Buchmarkt, der mich sehr gefreut hat, auch in der Form wie das präsentiert wurde, ich mußte doch sehr lachen. Das Jahr 2010 hielt viele Überraschungen bereit und es hat sehr viel Spaß gemacht.

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Worüber haben Sie sich 2010 am meisten geärgert?
Die zum Teil sehr undifferenziert geführte Diskussion um Migranten und Ausländerfeindlichkeit. Sehr ärgerlich. Gelegentlich muß man „sich schämen“. „Fremdschämen“. Ich kenne und wir arbeiten mit vielen zusammen, so fleißige, intelligente und absolut verantwortungsbewußte internationale Damen und Herren, die uns jeden Tag zeigen, wie es ganz wunderbar im Miteinander funktionieren kann. Ich verweise gern auf die ausgezeichneten Filme des Regisseurs Fatih Akin, der versucht, Brücken zu bauen für mehr Verständnis zwischen den Kulturen. Sicher ist nicht alles gut, aber wir sollten differenzieren und offen sein.

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Was war 2010 Ihr schönster Erfolg?
Über eine Million verkaufte Greg’s Tagebücher von Jeff Kinney in 2010 haben dem Verlag und dem Buchhandel viel Freude bereitet und, das ist unsere besondere Freude, die Jungs zum Lesen gebracht. Die gute Nachricht ist, dass Jeff Kinney in 2010 beschlossen hat die Serie bis Band 7 fortzusetzen, ursprünglich wollte er mit Band 5 die Serie abschließen. So werden wir alle noch in den nächsten Jahren viel
Spaß mit den lustigen Erlebnissen von Greg haben. Zudem macht die sehr enge Zusammenarbeit mit Stefan Lübbe, Thomas Schierack und Klaus Kluge im Hause Lübbe sehr viel Spaß. Das ist eine sehr kreative und in den Entscheidungswegen sehr schnelle und „sehr schlank strukturierte“ Kombination und da werden noch so einige positive Überraschungen entstehen in den nächsten Jahren, da bin ich sicher.

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Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Noch ist es kein echter Misserfolg, das Buch hat noch alle Chancen entdeckt zu werden: Das Buch Zara und der Buchhändler von Bagdad von Fernando Marias, der für dieses Buch den höchsten spanischen Jugendliteraturpreis erhalten hat, den man verliehen bekommen kann, den Gran Angular Award. Als ich es zum ersten Mal gelesen habe, hatte ich das Gefühl, daß es eine ähnliche Sprachatmosphäre und Qualität hat wie die Romane von Carlos Ruiz Zafon, die ich sehr bewundere. So hoffe ich, daß dieses Buch von der Presse und dem Buchhandel noch richtig entdeckt wird. Für diesen Roman gehe ich als Überzeugungstäter gern kämpfen. Privat habe ich den großen Fehler begangen, zu zwei nicht ganz unwichtigen Treffen mit meiner Frau etwas zu spät einzutreffen, das sollte man nicht tun. Das war nicht nett und geht gar nicht. Auch wenn in diesen beiden Fällen „höhere Gewalt“ im Spiele war, so gelobe ich doch für 2011 deutliche Besserung.

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Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Die Heldinnen und Helden des Jahres 2010 sind sicher alle die, die richtig Mut bewiesen haben und beweisen. Da ist die Buchhändlerin Anne von Bestenbostel, die Drillinge bekommt und es trotzdem schafft, die Buchhandlungen und die neuen Anforderungen mit gleich drei Kindern unter einen Hut zu bekommen. „Chapeau !“ Frau von Bestenbostel und alle guten Wünsche für Ihre Familie und die Kinder. Das ist bestimmt nicht ganz einfach und ich weiß wovon die Rede ist, wir haben 4 Kinder. Rainer Groothuis hat viel Mut bewiesen mit der Neugründung des CORSO Verlages in Hamburg mit diesen schönen und schön gestalteten Büchern und dem Slogan Willkommen woanders. Viel Glück und Erfolg für die Neugründung und viele geneigte Leserinnen und Leser und viele mutige Buchhändlerinnen und Buchhändler an der Seite die unterstützen, dieses Programm zu den Lesern zu bringen. Peter Haag vom Kein&Aber Verlag in Zürich beweist sehr viel programmatisches Gespür und hat tolle Verlagsprogramme auf die Beine gestellt, auch nach Zürich nur die allerbesten Wünsche. Es gäbe noch sehr viele mehr Buchhandlungen und Verlagskolleginnen und Kollegen die sehr viel Mut beweisen und die hier genannt werden sollten, leider reicht der Platz nicht, so mögen die drei genannten Beispiele stellvertretend für alle stehen, die in 2010 Mut hatten und in 2011 den Mut haben werden, ungewöhnliche, starke Ideen auf den Weg zu bringen.

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Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?
Die ganze recht überflüssige Diskussion um den Niedergang des gedruckten Wortes und der Buchkultur. Mit der Verbreitung des Fernsehens 1965/1966 wurden die Radio-Sender totgesagt. Mit der Erfindung des Internets wurden Radio, Fernsehen und Bücher totgeredet. Alles Unsinn. Es wird alle Parallelwelten geben und alle werden gleichzeitig existieren. Der Trend zum Zweit- und Dritt- Buch wird anhalten. Die Aufgabe der Verlage ist es mit Augenmaß und Verantwortung mit ihren jeweiligen Inhalten sinnvoll auch an den neuen Medienformen & „Sendeflächen“ teilzunehmen. Das wird die Verlage auch in 2011 sehr stark beschäftigen.

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Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Branchenübergreifende Kooperationen zwischen Verlagen, Buchhandlungen und Partnern aus der Industrie und der Presse. Alles was uns allen hilft neue Leserinnen und Leser zu gewinnen ist gut.

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Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?
Für gut vorbereitete, spannende, lustige Themen bin ich gelegentlich schnell zu begeistern und fange Feuer und gehe kämpfen. Das hat Vor- und Nachteile. Vor allem kostet es viel Zeit und der Tag hat nun mal nur 24 Stunden, was ich gelegentlich sehr bedauere. Und, ich hatte es schon erwähnt, ich habe meine Frau in diesem Jahr 2 mal mit Verspätungen geärgert, das soll sich 2011 ändern.

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Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Für gut vorbereitete, spannende, lustige Themen bin ich gelegentlich schnell zu begeistern, und an einem guten Teil davon werde ich sicher festhalten, muß aber etwas mehr auf Zeitökonomie achten. An dieser Stelle bin ich sehr froh, dass Stefan Lübbe auf mich aufpasst und unter anderem dafür gesorgt ist, dass im Hause Lübbe morgens um 3.00 Uhr die Zentral-EDV wegen der Datensicherungen „heruntergefahren“ wird, so dass man für einen gewissen Zeitraum keine Mails mehr schreiben kann. Das ist sehr vernünftig. Vielen Dank für diese Maßnahme.

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Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Das Buch Zwei an einem Tag von David Nicholls im Kein&Aber Verlag hat mir sehr imponiert. Tja, die verschlungenen Wege der Liebe. Wiederentdeckt: Der Fönig von Walter Moers (im Eichborn Verlag). Ich habe dieses köstliche Buch rund um Weihnachten gleich 3 mal live vorgelesen (was gar nicht so einfach ist, durch den permanenten Tausch der Fs mit den Ks durch das gesamte Vokabular des Buches hindurch) was im richtigen Kreis und zu fortgeschrittener Stunde, einen Heidenspaß macht. (Aber, Achtung: nicht ganz jugendfrei). Mehr davon. Tränen lachen? Bitte schön. Natürlich noch viele, viele Bücher mehr, aber der Platz…….

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Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Wir konnten für die „Baumhaus-Familie“ einen neuen Ratgeber und Freund gewinnen. YODA, den weisen Yedi-Ritter aus Star Wars. Für das Jahr 2011 und die damit verbundenen Zukunftsaussichten befragt, meinte YODA in seiner knappen und prägnanten Art sich auszudrücken: „Nichts überstürzen Du sollst!“ und „Aufpassen auf die Finanzen Du musst!“ und „Achten auf Deine Freunde und Verbündeten Du sollst!“. Da hat er wahrscheinlich uneingeschränkt Recht. Da kann man nur sagen: „May the force be with us (all) in 2011“. Und natürlich sind noch viele richtig gute Bücher am Start für 2011…

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Von wem würden Sie auch gern mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Walter Moers und Ralf König, die zwei würden vielleicht mit gezeichneten Cartoons antworten, das wäre sicher interessant, Harry Rowohlt mit seinem ganz eigenen Humor (siehe seine Korrespondenzen mit Verlagen, Buchhandlungen und Fans), Jan Weiler, Dieter Nuhr, Elke Heidenreich mit „ihrem jeweiligen Blick auf die Dinge und den gespitzten Stiften und Zungen“ und natürlich, dies wurde ja schon öfter gewünscht, Christian von Zittwitz, aus vielen guten und interessanten Gründen.

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Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Wie sehen Sie die Aussichten für das Jahr 2011?

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Hier können Sie die auch beantworten:
Eine große Herausforderung für Verlage und Buchhandlungen in dem gesamten Medienumfeld. Und: das Jahr 2011 kann sehr gut werden. Das Wichtigste scheint mir, dass alle weiterhin in gutem Kontakt und in permanenten Gesprächen miteinander sind um Dinge gemeinsam zu bewegen, nach vorne zu bringen. Und so freuen wir uns neben den persönlichen Treffen im Verlag oder in den Buchhandlungen und die umfangreichen Informations-Sendungen auf die Buchmessen in Leipzig, Bologna und Frankfurt für das persönliche Gespräch. Das persönliche Gespräch ist und bleibt unersetzlich bei aller modernen Kommunikationstechnik.

Zum vorigen Beitrag [mehr…]. Morgen antwortet Katharina Scholz

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