Berlin: Erneute Durchsuchungen bei linken Buchläden

Heute haben Beamte der Berliner Staatschutzbehörde wieder die Schwarze Risse Buchläden im Mehringhof, in der Gneisenaustraße und in der Kastanienalle, den Buchladen oh21 und den Infoladen M99 durchsucht – „zum sechsten Mal in diesem Jahr“, wie sich Frieder Rörtgen, Geschäftsführer von Schwarze Risse, in einer Presse-Mitteilung heute empört.

Laut Rörtgen präsentierten die Beamten wechselnde Begründungen: „Mal geht es um die Beschlagnahmung der linken Szenezeitschrift nterim, mal um ein antimilitaristisches Flugblatt, mal um die Unschädlichmachung eines Aufrufs für Demonstrationen gegen die Einheitsfeiern in Bremen.“

Rörtgen weiter: „Dieses Mal ging es wieder um die Zeitschrift Interim. Im Buchladen im Mehringhof strebte die Polizei zudem an, ein weiteres Verfahren wg. Plakate zu eröffnen, die zur Beteiligung am Protest gegen den kommenden Castortransport im Rahmen der Kampagne „Castor Schottern“ zu eröffnen. Über diesen Antrag auf Erteilung eines weiteren Durchsuchungsbeschluss wurde jedoch von der Berliner Staatsanwaltschaft offenbar erst einmal negativ beschieden.“

Begründet werden die Durchsuchungen der Buchläden laut Rörtgen mit § 130a StGB („Anleiten zu Straftaten“) in Verbindung mit § 40 WaffenG („Verbotene Waffen inklusive des Verbots, solche herzustellen oder zur ihrer Herstellung aufzufordern“). Laut Rechtsanwalt Sven Lindemann, der den Buchladen „Schwarze Risse“ vertritt, versuche die Staatsanwaltschaft nun, die gängige Rechtsprechung zu revidieren, die bislang davon ausgegangen sei, dass Händler nicht den Inhalt der Bücher und Zeitschriften in ihrem Sortiment kontrollieren müssen. Rörtgen: „Buchhändler sollen also zukünftig für die Inhalte der Schriften haftbar gemacht werden, die sie vertreiben! Damit würden die Möglichkeiten legaler und radikaler Opposition massiv eingeschränkt: Denn was sei eine Aufforderung und Anleitung zu Straftaten?“ Er fragt: „Macht sich jemand strafbar, der dazu aufruft, einen Nazi-Aufmarsch zu blockieren? Gegen einen Castor-Transport zu demonstrieren? Einen Bauplatz zu besetzen, um eine Projekt wie Stuttgart 21 zu verhindern?“ Die Berliner Staatsanwaltschaft erkläre damit nicht nur Widerstandsformen der außerparlamentarischen Opposition zum Verbrechen, sondern auch das Zugänglichmachen von Flugblätter und Zeitschriften, die dazu auffordern.

Durch die Durchsuchungen werde das Tagesgeschäft massiv behindert; in der Vergangenheit seien auch immer wieder die Computer beschlagnahmt worden. Für Frieder Rörtgen ist das „eine politisch motivierte Kampagne der Staatsanwaltschaft. Die Buchläden sollen unter Druck gesetzt werden, damit sie als vorgeschaltete Zensurbehörde des Staates agieren.“

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