Das Sonntagsgespräch Dori Tscherwinka: Kunden erreichen, die der Buchhandel nicht kennt

Vom 27. bis 31. August findet in Frankfurt wieder die Tendence-Messe statt. Anlass für ein Gespräch mit Dori Tscherwinka. Ihre vor 18 Jahren gegründete DT-Collection ist dort seit vielen Jahren mit einem eigenen Stand in zentraler Lage (Galeria GAL EG A01 und 02) vertreten. Sie betreut (nicht nur dort) Kunden, die der Buchhandel nicht kennt. Wir haben die Unternehmerin des Jahres 2008 gefragt, wie das Geschäft mit Büchern „draußen“ läuft und mit welchem Konzept sie in ihrem Bereich Marktführer geworden ist.

Frau Tscherwinka, Sie arbeiten inzwischen mit über 50 (auch internationalen) Verlagen zusammen. Was bieten Sie denen?

DT beliefert im Lifestylebereich und Haushaltswarenbereich alle Geschäfte, die man kennt und über die man redet: kitchen-, cook- und houseware-Geschäfte, Einrichtungshäuser,

Dori Tscherwinka:
„Buch-Kompetenz in Fachgeschäften
geht nur verlagsübergreifend“

Fachhandelsgeschäfte für Glas und Porzellan, Geschenkeshops, Feinkostgeschäfte, Filialketten im Geschenkesektor, Küchengeschäfte, Interior- und Designshops, die immer zahlreich entstehenden Lifestylegeschäfte neuer Prägung, Outlets und natürlich auch die Industrie.

Der Buchhandel ist darüber nicht begeistert…

Aber erreicht er denn den Kundenkreis außerhalb des klassischen Buchhandels, für die das Thema Buch ein wunderbares, ergänzendes, aber eben nur ein Nebenthema ist? Wir können das, sind in diesem Bereich Marktführer mit weit über 2000 Kunden, die wir über unseren Vertriebsweg erreichen. Übrigens haben wir so manche Verlage, mit denen wir eng und professionell zusammenarbeiten, mit unserer Öffnung neuer Kanäle begeistern können. Und wir würden uns sehr freuen, lieber Herr von Zittwitz, wenn wir auch Sie begeistern können!

Was können Sie, was der klassische Buchhandel nicht kann?

Bei uns ist das Buchthema konzentriert, professionell, persönlich, erfolgreich und gebündelt angedockt.

Das hört sich jetzt sehr professionell werblich an.

Das war aber ernst gemeint. Im non-book-Bereich sind Bücher, bei allem Verkaufserfolg, nach wie vor ein „Nebenprodukt“. Unsere Kunden haben ihre eigenen Know-how-Zentren, ihre eigenen Kompetenzen und Funktionen. Sie können und sie wollen nicht die Zeit, mit dem selben Personal und Kapazitätsaufwand für die Eruierung und Verhandlung mit einzelnen Verlagen führen. Deswegen ist DT bei der Kundschaft angesehen, nicht zuletzt wegen der effektiven und erfolgreichen Beratungstätigkeit, welche Bücher in welches Geschäft passen und den schnellstmöglichen Abverkauf dort gewährleisten.

Sie sehen sich als Katalysator, nicht nur für Ihre Kunden, sondern auch für die Verlage…

Ja, spiegelbildlich gilt das Gleiche für unsere Verlagspartner, die zu schätzen wissen, dass DT den über die Jahre aufgebauten Kundenkreis zur Verfügung stellt.

Das Ei des Columbus für Sie?

Wir haben viel Lehrgeld bezahlt. Wir haben begriffen, dass wir ein verlagsunabhängiges Sortiment liefern müssen; das erwarten die Kunden in unserem non-book-Bereich inzwischen als Selbstverständlichkeit. Manche Verlage aber stört das, wenn DT auch andere Verlage verkauft. Aber jeder Kunde ist unterschiedlich. Es macht keinen Sinn, ein Buch in ein Küchengeschäft hineinzuverkaufen, das keine Kunden für diese Art von Buch hat. Diese Bücher liegen dann herum, werden nicht verkauft.

Kann er die nicht einfach remittieren?

Schlimmer: Der Kunde differenziert nicht. Er sagt dann nicht: „Mist, ich habe die falschen Bücher“ (falsche Preisklasse, falsche Wertigkeit o. ä.) gekauft, sondern er sagt dann: „Bücher laufen halt nicht in meinem Bereich.“ Das nützt dann keinem.

Wie ist DT gewachsen?

Wir haben keine Mindestverkaufsmengen oder „POS“-Unsitten, sondern anfangs ein oder zwei Bücher verkauft, je nachdem, was der Kunde wollte. Und wenn er dann Erfolg hatte, hat er mehr gekauft und damit natürlich auch mehr Bücher und auch aus anderen Verlagen. Das war manchmal mühsam, kostete Zeit, Geld und Nerven. Manchmal mussten wir auch den Vorwurf aushalten, warum denn der Umsatz nicht schneller steige. Wenn Verlage es selber probiert haben, haben sie gesehen, wie schnell der Umsatz sinkt, nicht, wie schnell er steigt. Buch-Kompetenz in Fachgeschäften geht nur verlagsübergreifend. Eine Vereinzelung oder Verzettelung wäre kontraproduktiv und sinnlos, im Gegenteil: die Umsätze der Verlage befruchten sich gegenseitig! Aber das mussten auch wir erst mühsam lernen, wie schwierig diese Verzahnung des Buchbereichs mit dem non-book-Bereich ist. Wenn man später Erfolg hat, sieht ja alles ganz einfach aus.

Was macht DT anders als andere?

Es gibt viele Besonderheiten im non-book-Bereich, zum Teil sehr individuell von Kunde zu Kunde. Dazu gehört die Platzierung, das Themengebiet (Geschenke orientiert, Haushaltswaren orientiert, Design orientiert, Mode orientiert, Life Style orientiert, mit klassischer Grundausrichtung oder mit Hip-Ambition und dergleichen mehr). Wir sind mit unseren Kunden gewachsen, das schafft gegenseitiges Vertrauen. DT gilt als kompetenter Berater und Partner, das ist unser roter Faden.Weder die einzelnen Kunden wollen mit den einzelnen Verlagen verhandeln müssen, noch können Einzelne diesen exorbitanten und branchenfremden, weit verzweigten und individuellen Vertrieb selbst aufbauen.

Also heißt das Konzept einfach „Alles aus einer Hand?“

Das Besondere für die Kunden, die nicht vom Buchhandel leben, ist tatsächlich, dass sie bei uns alle Bücher mit professioneller Verkaufsberatung aus einer Hand bekommen können. Das beginnt beim Messebesuch, geht über den Vertreterbesuch, über die zentrale Beratung bei DT, über den Einkauf, die Rechnungsstellung und all das, was eine angenehme Kooperation ausmacht: Bei uns freuen sich die Kunden auf den Nebenmarkt des Buches, wir machen es ihnen in jeder Hinsicht einfach. Und das gilt für beide Seiten: Sowohl für unsere Kunden als auch für die Verlage.

Für die sind Sie zu einem der ganz wichtigen Abnehmer geworden…

Ja, wir liefern Verlagen ganz erhebliche Umsätze, auf die sicherlich niemand verzichten will. Umsätze, die es vor DT gar nicht gab, so dass wir niemandem etwas wegnehmen wollen oder können. Deswegen wunert uns, dass man uns im Buchhandel als „Feindbild“ sehen könnte. Wir sind doch das genaue Gegenteil: Die beste Unterstützung des Buchhandels, die man sich wünschen kann.

Das müssen Sie mir erklären…

Wir leisten genau das, was ebenso schwierig ist und was unsere Sonderstellung als Scharnier zwischen Verlagen und „Nebenmärkten“ ausmacht: Wir können unseren Kunden, die wissen, dass wir den Fachhandel gut kennen, gut vermitteln, dass wir ihre Bedürfnisse, ihre Kunden etc. kennen. Wir kennen also nicht nur die Bücher, sondern die Kunden können sich darauf verlassen, dass wir ihre individuelle Geschäftswelt vor Ort, ihre Hauptprodukte (die eben nicht gerade Bücher sind) genauso kennen wie das Thema Buch. Wir können also genau das zusammenbringen, was weder ein Geschäft einerseits oder eine Buchhandlung andererseits zusammenbringen kann.. Dazu sind unsere Messeauftritte (wie auch unser Messestand jetzt wieder bei der Tendence) doch beste Buchwerbung – wie oft haben wir Endkunden auf den Messen, die begeistert in unserem Bücherprogramm stöbern, denen wir aber natürlich keinen Direktverkauf liefern und die dann in die Buchhandlungen gehen.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz.

Zur DT-Collection

Dori Tscherwinka ist verantwortlich für die Programmauswahl und das Gesamtsortiment; sie schreibt in Fachzeitschriften der Haushalts- und Lifestylebranche (Fachmessen Ambiente und Tendence in Frankfurt) eine monatliche Bücherkolumne.

Ihr Ehemann Norbert Tscherwinka war unter anderem viele Jahre in leitender Position bei der WMF, arbeitete mit der Trendmarke alfi und ist kulinarisch versierter Hobbykoch, Jurymitglied bei Kochausbildungen und Mitglied in der gastronomischen „Chaine des Rotisseurs“.

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