Berufung gegen Rainer Dresens Freispruch

Da denkt man, auch für die Justiz gäbe es einen Peinlichkeitspegel, aber nein: Auch auf einen lupenreinen Freispruch [mehr…] pfeift sie und fordert ein Berufungsverfahren, das natürlich wieder auf Kosten des Steuerzahlers ausgetragen wird. Noch immer geht es um den „Elfenmond“-Prozeß [mehr…], über den inzwischen die Branche lacht.

buchmarkt.de. Herr Dresen, hat Sie Meldung überrascht, dass die Staatsanwaltschaft gegen Ihren Freispruch Berufung eingelegt hat?

Rainer Dresen: Nach den klaren Worten, mit denen der Amtsrichter am 1. April seinen Freispruch begründet hat, hegte ich kurz die Hoffnung, dass auch bei der Staatsanwaltschaft endlich die Erkenntnis Einzug gehalten haben könnte, dass der

Rainer Dresen

Titelstreit um „Elfenmond“ jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrt. In der mündlichen Verhandlung hat der Richter jedes einzelne Tatbestandsmerkmal einer angeblichen gewerbsmäßigen Kennzeichenverletzung angesprochen und verworfen:

Der Titel „Elfenmond“ ist schon nicht kennzeichnungskräftig, die konkurrierenden Titel „Elfenmond“ und „Im Schatten des Elfenmonds“ sind jedenfalls nicht verwechslungsfähig. Zudem fehlt jeglicher Vorsatz bezüglich der Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr, weil ich diese durch die Titeländerung vom ursprünglichen Titel „Unter dem Elfenmond“ zu „Im Schatten des Elfenmonds“ gerade ausschalten wollte.

Überdies habe ich vorher noch bei einem führenden Titelschutzexperten um Rat gefragt und „grünes Licht“ erhalten. Schließlich verneinte der Richter auch noch das öffentliche Interesse an diesem Fall. Der Anzeigeerstatter Krain, der sich trotz richterlicher Aufforderung geweigert hat, den Zivilrechtsweg zu beschreiten, habe mit diesem Verhalten gezeigt, dass ihm der Fall nicht wichtig sei. Den in der Strafanzeige geäußerten Einwand von Herrn Krain, er habe kein Geld für ein Zivilrechtsverfahren, beantwortete der Richter mit dem Hinweis auf das Prozesskostenhilfeverfahren, das jedem offen stehe, der zwar keine Geld habe, aber dessen Anliegen eine gewisse Aussicht auf Erfolg verspreche.

buchmarkt.de: Wie erklären Sie sich die Verbissenheit, mit der die Staatsanwaltschaft den Fall nun auch noch in die nächste Instanz treibt? Was haben die gegen Sie?

Rainer Dresen: Ich glaube, es geht gar nicht so sehr um mich persönlich. Die Verfahrensakte zeigt, dass die bearbeitende Staatsanwältin, mit der ich übrigens vor Monaten und im Angesicht von Dutzenden Beispielen der Elfenliteratur sehr angenehm in ihrem Büro plauderte, den Fall schon Anfang 2008 sang- und klanglos einstellen wollte. Dagegen hat Herr Krain dann Beschwerde eingelegt, dieser wurde – warum auch immer – auf Weisung des Generalstaatsanwalts im April 2008 abgeholfen.

Die einstellungsbereite Staatsanwältin musste daraufhin weiter ermitteln. Im Juli 2008 kam es dann zu der völlig ergebnislosen Verlagsdurchsuchung und das weitere Verfahren nahm seinen Lauf. Das eigentliche Rätsel ist für mich, was den Generalstaatsanwalt auf die Idee gebracht hat, von der seine ganze Behörde seitdem auch mit den besten Argumenten nicht mehr abzubringen ist: Dass angeblich bei Random House in Zusammenhang mit einer völlig alltägliche Titelfindung kriminell gearbeitet worden sein soll. Der Umstand, dass sich die Ermittlungen dann gegen mich richteten, ist mehr oder weniger Zufall.

Ursprünglicher Beschuldigter war unser Verleger. Der aber hat mit der Sache definitiv nichts zu tun. Einer musste dann Verfahrensobjekt sein, außer mir war nur noch ein Praktikant involviert, seitdem richtete sich die Aufmerksamkeit auf mich.

Das wiederum ist streng juristisch betrachtet unangenehm für die Staatsanwaltschaft, denn „gewerbsmäßig“, so der mir gemachte Vorwurf, kann im Unternehmen nur ein Geschäftsführer, nicht ich aber als Prokurist und Justitiar handeln.

buchmarkt.de: Was empfinden Sie angesichts dieses scheinbar unendlichen Verfahrens?

Rainer Dresen: Als Student hatte ich noch gelernt, dass Staatsanwälte zur Objektivität verpflichtet sind und nicht nur die belastenden, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände objektiv zu ermitteln haben. Als Staatsbürger hatte ich lange geglaubt, dass dieses sogenannte Legalitätsprinzip von verantwortungsbewussten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, überdies in Bayern, auch gelebt und umgesetzt wird. Als im Verfahrensablauf nur noch namenloser „Täter“ und „Angeklagter“, als Objekt dieses skurrilen und zunehmend irrationalen Verfahrens fehlen mir mittlerweile die Worte.

buchmarkt.de: Wie geht es nun weiter?

Rainer Dresen: Irgendwann wird es zu der Berufungsverhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts kommen. Dort wird man nun zum dritten Mal die altbekannten Argumente austauschen. Mein Verteidiger wird seine bisher schon überzeugenden Argumente ein weiteres Mal vortragen, nun auch noch gestützt auf den Freispruch des Strafrichters. Die Staatsanwaltschaft wird unbeeindruckt davon aufs Neue meine Bestrafung verlangen. Ich aber werde in der Zwischenzeit endlich einmal wieder Franz Kafkas „Der Process“ lesen, die Geschichte über den Unternehmensprokuristen Josef K., die bekanntlich mit dem Satz beginnt: „Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Der Roman, soviel weiß ich noch aus der Schullektüre, geht übrigens nicht gut aus.

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