Deutscher Hörbuchpreis 2010: And the winner is… (Teil 2)

Eine Woche nach Veröffentlichung der Gewinner in den ersten drei Kategorien – siehe [mehr…] – lüftet der Verein Deutscher Hörbuchpreis e.V. nun das Geheimnis um die restlichen Gewinner.

Buchhändler, die von der größeren Aufmerksamkeit um das Medium profitieren wollen, sollten sich auf einen genügenden Vorrat dieser Titel einstellen.

Der Briefwechsel

Zum Sachhörbuch des Jahres – „Beste Information“ – wählte die Jury die Produktion „Briefwechsel“, erschienen im Hörverlag. Die Lesung von Peter Simonischeck und Gert Voss sei ein „aufregender Austausch von Gedanken“ und ein „spannendes Hör-Ereignis“.

Zum Inhalt: Der von 1961 bis 1988 reichende Briefwechsel zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld ist ein Zwei-Personen-Stück und erzählt authentisch vom Verhältnis zwischen dem Autor und dem Suhrkamp-Verleger. Gegenseitige Wertschätzung, kritische Zuwendung wie auch harte Honorar-Verhandlungen sind Gegenstand der Konversation.

„Freude auf allen Seiten über den Preis – bei Verlag, Machern und Mitwirkenden. Sicherlich auch bei den Hörern, die das Vergnügen bereits hatten“, so Heike Völker-Sieber, Pressesprecherin des Hörverlags. „Denn der Titel ist weit mehr als Information oder zeit- und literaturwissenschaftliches Dokument, nämlich emotional, spannend und in manchen Phasen geradezu tragikomisch. Hinzu kommt meine persönliche Freude, die beiden grandiosen Schauspieler Gert Voss und Peter Simonischeck bei der Preisverleihung live zu erleben.“

Außerdem waren in dieser Kategorie nominiert: „Der Fahrradspeichenfabrikkomplex“ (Dieter Lohr / LohrBär Verlag) sowie „Karl Amadeus Hartmann und das Streichquartett“, erschienen bei Cybele Records (Vertrieb: Audiopool).

Andreas Doppler

Ausgezeichnet als „Bester Interpret“ wird Andreas Fröhlich, der – so die Jury – „einfach weiß, welcher Text zu ihm passt“. Es sei erstaunlich, mit wie wenig Aufwand und in wie kurzer Zeit Andreas Fröhlich einen in seinen Bann zieht – und in den des guten Textes. In diesem Fall: „Doppler“, erschienen bei der Lauscherlounge.

Zum Inhalt: Andreas Doppler mag die Menschen nicht – das wird ihm nach einem Sturz vom Fahrrad plötzlich klar. Er zieht in den Wald, um endlich so einsam sein zu können, wie er es möchte. Ab und zu muss Doppler in die Stadt, um Magermilch zu besorgen, nach der er süchtig ist. Seine Besuche sind nicht folgenlos, denn schon bald finden weitere Menschen Gefallen an Dopplers Lebensweise…

Fast genauso gute Sprechleistungen bescheinigte die Jury den Interpreten Matthias Koeberlin („Der Himmel ist kein Ort“, Lübbe Audio) sowie Christian Brückner („Der Schacht“ / Parlando).

Chronik der Gefühle

Dem Hörspiel „Chronik der Gefühle“ (Alexander Kluge / Kunstmann) vergab die Jury den Preis in der Kategorie „Beste Fiktion“. Die Begründung: „Gekonnt bewegt sich die 14-teilige Hörspielfassung des Bayerischen Rundfunks zwischen Differenzen und Überblendungen, medialen Verschaltungen und Erzählungen, Überlieferung als Fragmentierung, Dokumentation und Fiktion und nicht zuletzt zwischen Krieg und Kunstproduktion.“

Zum Inhalt: Alexander Kluge hat all seine Erzählungen versammelt und begreift sie als Einheit: Basisgeschichten und Lebensläufe. Was bewegt den Friedhofsgärtner im Zweiten Weltkrieg? Was die junge Chinesin bei einer Internet-Recherche zur europäischen Oper? Worin besteht die Verbindung von fünf Frauen aus der Betriebsküche Harms & Co.? Und wie ambivalent sind die Gefühle einer Frau nach 37 Jahren Ehe?

„Wir freuen uns außerordentlich, dass ‚Chronik der Gefühle‘ mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet wird, denn diese Produktion ist nicht nur das Flaggschiff unter unseren Hörbüchern, sondern ein Höhepunkt in unserem Verlagsprogramm überhaupt“, erklärt Kunstmann-Pressesprecher Andreas Schäfler. „Außerdem honoriert dieser Hörbuchpreis nicht nur Autor, Regisseur und Verlag, sondern darüber hinaus auch die Mitwirkung dutzender Kolleginnen und Kollegen, die ihre mannigfachen Talente in dieses unvergleichliche Werk eingebracht haben.“

Nominiert waren zudem die Hörspiele „Der kleine Bruder“ (Sven Regener / Der Hörverlag) sowie „Test“ nach Stanislaw Lem, erschienen im Christoph-Merian-Verlag (Vertrieb über steinbach sprechende bücher).

wegwärts

Besonders ein Verlag darf sich in diesem Jahr freuen: Headroom wurde für seine Hörbuchreihe „wegwärts“ als „Beste verlegerische Leistung“ ausgezeichnet. Die Reihe versteht sich als ein akustischer Tauchgang und eine abenteuerliche Klangreise zu besonderen Orten der Erde – mit Erzählungen, Interviews, Atmos, Live-Musik, Reportagen, Geschichten und Poesie.

Laut Jury setze die Reihe neue haptische Maßstäbe: „Liebevoll gestaltet und sinnästhetisch umgesetzt, vermittelt die Reihe sofort eine konkrete Vorstellung des Ortes, sogar der Geruch und das Gefühl vor Ort werden transportiert. Nach dem Hören entsteht der Eindruck, tatsächlich dort gewesen zu sein.“

„Eine neue Reihe auf dem Hörbuchmarkt zu etablieren, die auf keine Buchvorlage zurückgreift, ist Risiko und Vergnügen zugleich“, sagt Headroom-Chefin Theresia Singer. „Als Hörbuchverlag kämpfen wir ja immer mit dem Problem, dass man nicht in jeder Buchhandlung in das Hörbuch hineinschnuppern kann wie in ein Buch – deshalb wollten wir schon mit Hilfe der Verpackungsart zeigen, wie aufwändig das Hörbuch selbst gemacht ist. Dass die wirklich immense Arbeit, die alle Beteiligten in dieses Projekt gesteckt haben, nun mit dem Deutschen Hörbuchpreis honoriert wird, freut uns enorm!“

Knapp am Gewinn gescheitert sind diese Nominierungen: Intermedium Records (für das Verlagsprogramm) sowie Der Hörverlag für die aufwendige Edition „Lyrikstimmen“.

Groß gefeiert werden die Preisträger am 10. März in der Gala zum Deutschen Hörbuchpreis, die im Radio live auf WDR 5 und hr2-kultur übertragen wird.

Ein Novum ist die 90-minütige Übertragung der Highlights der Hörbuchpreis-Gala im bundesweiten TV-Sender 3sat (14.3., 11.30 Uhr).

rw

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