Deutscher Hörbuchpreis 2010: Hier jetzt alle Nominierungen

Aus fast 270 eingereichten Audioproduktionen des vergangenen Jahres, die von 70 Verlagen eingereicht wurden, hat die Nominierungsjury des Deutschen Hörbuchpreises nun die 18 besten Titel sowie drei auszeichnungswürdige Verlage ausgewählt.

Auch und gerade für den Buchhandel sollen die Nominierungen nicht nur ein Indiz für Qualität sein, sondern vor allem eine Orientierungshilfe bei der Auswahl – ebenso für die Hörbuchkäufer.

Kategorie „Beste Information“:

„Der Fahrradspeichenfabrikkomplex“, erschienen im Lohrbär Verlag, ist ein Feature über die in den 80er Jahren geplante Wiederaufbereitungsanlage bei Wackersdorf. Die Produktion motiviere laut Jury „durch die ungewöhnliche Herangehensweise zur tieferen Beschäftigung mit der Thematik“. Verleger und Mitautor Dieter Lohr erklärt: „Wir hatten die Idee, eine komplexe Geschichte umfassend und spannend ausschließlich mit Originaltönen zu erzählen, also komplett ohne Erzähler. Vielleicht haben wir die Möglichkeiten, die das Feature bietet, damit noch ein bisschen ausgeweitet.“

„Karl Amadeus Hartmann und das Streichquartett“ von Cybele Records (Vertrieb über AudioPool) eröffnet Musikliebhabern einen Zugang zur Lebensgeschichte des Komponisten und bietet, so die Jury, „spannende und tiefgründige Einblicke in eine bewegte Zeit“. Cybele-Chefin Mirjam Wiesemann freute sich sehr über die Nominierung: „Das hat uns besonders gefreut, weil unsere ‚Edition Künstler im Gespräch‘ eine ganz neue Idee beinhaltet: über das Vertraute zum Unbekannten führen.“

„Briefwechsel“ (Der Hörverlag) ist ein Zwei-Personen-Stück und erzählt authentisch vom Verhältnis zwischen dem Autor Thomas Bernhard und dem Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld. Die Lesung sei ein „aufregender Austausch von Gedanken und ein spannendes Hör-Ereignis“.

Als beste Interpretin wurden nominiert:

Maria Schrader für „Geschichte einer Ehe“ (Andrew Sean Greer, Random House Audio)
Nicolette Krebitz für „Northline“ (Willy Vlautin, Patmos)
Suzanne von Borsody für „Bei Einbruch der Nacht“ (Fred Vargas, Der Audio Verlag).
Nach Meinung der Jury lasse Maria Schrader „die unter der Oberfläche brodelnden Emotionen erlebbar werden“, Nicolette Krebitz transportiere „mit jeder Silbe die Atmosphäre der Geschichte“, und die Interpretation von Suzanne von Borsody lasse „keine weiteren akustischen Mittel vermissen“. Vor allem sei, so fügt DAV-Pressesprecherin Donate Altenburger hinzu, die Sprecherin selbst ein sehr großer Fred-Vargas-Fan: „Ihrer Interpretation ist die Begeisterung für den Text und die Autorin hörbar anzumerken.“

Als beste Interpreten treten an:

Andreas Fröhlich für „Doppler“ (Erlend Loe, Lauscherlounge)
Matthias Koeberlin für „Der Himmel ist kein Ort“ (Dieter Wellershoff, Lübbe Audio)
Christian Brückner für „Der Schacht“ (Juan Carlos Onetti, Parlando)

Alle drei wurden in den vergangenen Jahren bereits mehrfach nominiert und ausgezeichnet. Andreas Fröhlich ziehe, so die Jury, „den Hörer in seinen Bann“, Matthias Koeberlin liefere eine „tolle und unprätentiöse Leistung“ ab, und Christian Brückner nehme den Hörer „durch den subtilen Einsatz seiner Mittel mit auf eine retrospektive Psycho-Reise“.

Kategorie „Beste Fiktion“:

– In „Chronik der Gefühle“ (Antje Kunstmann Verlag) verknüpft Alexander Kluge seine Erzählungen, Basisgeschichten und Lebensläufe zu einer Einheit, die in der 14-teiligen Hörspielfassung des Bayerischen Rundfunks ihre klingende Krönung findet.

– Sven Regener beschreibt in „Der kleine Bruder“ (Der Hörverlag) die Anarcho-Punk-Hausbesetzer-Szene im Berlin der 80er Jahre, ohne diese bloßzustellen. Die Jury urteilt: „Eigentlich passiert nichts, das aber auf hohem Niveau und höchst unterhaltsam.“

– Das Hörspiel „Test“ nach Stanislaw Lem (Christoph Merian Verlag, Vertrieb über steinbach sprechende bücher) über den Raumschiff-Testpiloten Pirx liefere eine „sehr interessante Atmosphäre“ und eine „dichte Inszenierung“ ab, die einfach nur gut sei. Ins Detail geht CMV-Chef Oliver Bolanz: „An dem Hörspiel fasziniert mich persönlich vor allem Florian Lukas in der Rolle als Kadett Pirx sowie der perfekte Einsatz von Musik und Geräuschen, die einem die Geschichte hautnah erleben lassen.“

Beste Kinderhörbücher des Jahres:

„Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“, erschienen bei Argon, sei eine „liebevolle und kindgerechte Inszenierung mit einem unglaublich virtuosen Sprecher“ und „katapultiert den Hörer auf einen akustischen Abenteuerspielplatz“. Argon-Marketing-Chef Kilian Kissling, Vater eines bald 4-jährigen Sohnes: „Ich habe ihn noch nie so gebannt von der ersten Minute an auf ein Hörbuch reagieren gesehen. Die Jury hat offensichtlich ein Herz für die Zielgruppe der Kategorie.“

„Charly zieht aus“ (Patmos) sei ein „freches Kinderhörbuch mit wunderbarer Auslotung kindlicher und elterlicher Gefühlswelten, die einen lächeln, verstohlen grinsen und manchmal auch nachdenklich werden lassen“.

„Wie man unsterblich wird“ (Igel-Records) schildert die Themen Sterben und Tod aus der Sicht eines Kindes „ungeschönt und ungeschminkt, humorvoll und anrührend, furchtbar und großartig zugleich“. Geschäftsführerin Mira Brinkschulte freut sich: „Das Besondere an der Produktion ist, dass sie es schafft, für eines der schwierigsten Themen überhaupt einen Ton zu finden, der es sogar zulässt, dass man zwar nicht vor Tränen lachen muss, aber unter Tränen lachen kann.“

Die Hörbuchpreis-Kategorie „Besonderes Hörbuch“ dreht sich von Jahr zu Jahr um eine spezielle Disziplin – diesmal: Welches waren 2009 die besten Krimis?

„Das Buschgespenst“ von Karl May (Karl-May-Verlag) lese Peter Sodann „spannend und einfühlsam“.
– Der Radio-Tatort „Irmis Ehre“ (Der Hörverlag) präsentiere „mit Lokalkolorit auf allen Ebenen des akustischen Spiels das bayerische Grauen, auch für Nicht-Bayern“
– Die Lesung „Der Himmel auf Erden“ („Brigitte – Starke Stimmen“, Random House Audio) sei ein „Hör-Ereignis mit einem starken Interpreten und einem kalten, harten, nordischen Krimitext“.

Kategorie „Beste verlegerische Leistung“:

– Bereits zum zweiten Mal in Folge wurde Headroom für die Reiseführer-Reihe „Wegwärts“ nominiert (z.B. „Irland“ und „San Francisco“) – hier würden „neue haptische Maßstäbe“ gesetzt und beim Hören der Eindruck erweckt, tatsächlich vor Ort zu sein.

– Ebenso nominiert wurde Intermedium Records für das Verlagsprogramm (z.B. „Muttersterben“), das aus einem „weitgespannten Spektrum verschiedenster Formen avancierter Hörkunst“ bestehe.

– Mit der Edition „Lyrikstimmen“, die 420 Gedichte von 122 vorlesenden Autoren versammelt, habe Der Hörverlag eine „außergewöhnliche editorische Leistung“ erbracht. Der Verlag kann sich damit über insgesamt vier Hörbuchpreis-Nominierungen freuen.

Fazit für Buchhändler:

Die Nominierungen für den Deutschen Hörbuchpreis 2010 ergeben eine breit gemischte Empfehlungsliste für einen Aktionstisch. Noch bis einschließlich März wird die mediale Aufmerksamkeit vorangetrieben. Der nächste Schritt ist die Kür der Gewinner in den einzelnen Kategorien durch die Preisträger-Jury. Die ersten Titel werden am 4. Februar, die restlichen am 8. Februar bekanntgegeben.

Am 10. März folgt die neu konzipierte Gala zum Deutschen Hörbuchpreis als Auftaktveranstaltung der lit.COLOGNE – sie wird diesmal ausschließlich im Radio live übertragen (WDR 5 und hr2 Kultur). Erstmals gibt es jedoch eine 90-minütige TV-Übertragung der Gala-Highlights am 14. März ab 11.30 Uhr im bundesweiten Fernsehsender 3sat.

Außerdem steht schon fest, dass am 20. März abends in der Kölner Buchhandlung Lehmann eine Lesung mit einem der Gewinner des Deutschen Hörbuchpreises stattfinden wird.

rw

Hier noch einmal alle Preisträger per Nominierungsplakat: download(Nominierungsplakat 2010.pdf)

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