Wie war Ihr Jahr, Uta Niederstraßer?

Uta Niederstrasser

Seit Nikolaustag fragen wir täglich bis zu den Heiligen drei Königen in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute wird der „andere“ Fragebogen von Uta Niederstraßer (Foto), Pressechefin bei Eichborn, beantwortet. Sie sagt: „Mein Jahr war wie Aprilwetter: sehr durchwachsen.“

1

Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Das war eher eine Nacht, und zwar jene, in der ich Simon Borowiaks Manuskript „Schade um den schönen Sex“ gelesen zur Seite legte, um am nächsten Morgen im Zug gleich noch einmal von vorn anzufangen …

2

Worüber haben Sie sich 2009 am meisten geärgert?
Über die fortschreitende inhaltliche Zerschlagung der Zeitungs- und Magazinlandschaft, weil die Frage ist, woher in Zukunft das öffentliche Korrektiv innerhalb der Gesellschaft kommen soll, wenn der seröse (gar nicht zu reden von investigativem) Journalismus schlicht und ergreifend durch Personalkahlschlag nicht nur, aber vor allem in der Provinz, zu Grabe getragen wird.

3

Was war 2009 Ihr schönster Erfolg?
Der Schönste war die Bestätigung dafür, dass Herzensangelegenheiten wie ein Klassiker der Barockliteratur, Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausens „Simplicissimus“, es in meisterlicher Übersetzung DOCH zu ungeahnt hohen Verkäufen bringen können.

4

Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Dass ein literarischer Großmeister wie der serbische Schriftsteller David Albahari zwar höchst gelobt, aber ohne Leser bleibt….

5

Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Eindeutig Felix Jud am Neuen Wall in Hamburg. Mein liebster Verlag? Die „edition epoca“, schlicht aus einem Grund: weil sie P. G. Wodehouse verlegen.

6

Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?
Ich will nichts mehr über die Angst vor dem „Internet“ lesen, hier heißt es: die Chancen sehen und sie ergreifen, nach dem Motto: wir können die Welt nicht verändern, nur gestalten.

7

Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Alter Hut, hochbrisant: Fakten zum Klimawandel…

8

Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden? Zu wenig Gedichte zu lesen.

9

Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
… (leider) immer geradeheraus – auf Gedeih und Verderb – zu artikulieren, was ich von einer Sache halte !

10

Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Ein Eigenes, das schlecht zu beschreiben ist, weil es sich um Zeichnungen und herrlich-unlautere Verwendungen eines „Gebrauchsgegenstands“ handelt: „BURKA“ von Eva Schwingenheuer – und ein Fremdes: David Foster Wallace Essay/Reportrage „Am Beispiel des Hummers“.

11

Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
persönlich – ein Vorsatz: einmal wieder – die Luther-BIBEL, beruflich: wird nicht verraten.

12

Von wem würden Sie auch gern mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Von Sascha Lobo.

13

Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Keine – ich möchte jetzt sofort meinen Schreibtisch verlassen, die Kopfhörer übers Ohr stülpen und Murray Perahia lauschen, wie er J.S.Bachs „Partitas“ spielt.
Zum vorigen Beitrag: [mehr…], morgen antwortet der Buchhandelsberater Jörg Winter.

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