Antwort auf Ahriman-Attacke

Das „Neue Deutschland“ hat sich aufgrund des zuerst im BuchMarkt [mehr…] veröffentlichten Briefes des Ahriman-Verlages zur geplanten Satzungsreform mit dem Wunsch nach einem e-Mail-Interview an den Börsenverein gewandt.

Dr. Christian Sprang, der Jusitiar des Börsenvereins, hat uns seine Antworten, die wir im folgenden abdrucken, zur Verfügung gestellt, mit folgender Anmerkung: „Zwischenzeitlich ist mir hier und da zugeraunt worden, dass Änderungsanträge zu der von der Abgeordnetenversammlung beschlossenen neuen Satzung des
Börsenvereins für die Buchhändlertage vorbereitet werden und „Geheimpapiere“ kursieren, die echte oder vermeintliche Schwachpunkte des vorgeschlagenen Entwurfs aufdecken sollen. Daran freut mich, dass sich auf diese Weise eine lebendige Diskussion über die künftige Satzung des Börsenvereins ankündigt.
Im Interesse einer sachlichen Auseinandersetzung und zur Vorbereitung einer effizienten Hauptversammlung hielte ich es allerdings für sinnvoll, wenn Mitglieder ihre Nachfragen oder Änderungswünsche mit mir vorbesprechen würden. Die Gespräche, die ich seit der Veröffentlichung einer Diskussionsfassung der Satzung auf der Website des Börsenvereins Anfang Januar mit Mitgliedern hatte, haben sich durchgängig als sinnvoll erwiesen,
weil sie teilweise zu wichtigen, umsetzbaren Ergänzungen des Textes, teilweise aber auch zur Klärung von Missverständnisses beigetragen haben. Es schmerzt, wenn eine inhaltlich im Kern berechtigte Nachfrage wie die des Ahriman-Verlages in einer Form gestellt wird, in der Ehren- und Hauptamtliche, die sich um eine professionelle und sachdienliche Arbeit bemüht haben, zu Unrecht als „feindliche Macht“ abgestempelt werden.

Hier nun Frgaen und Antworten zur Sache:

1. Einige Mitglieder des Börsenvereins, aber auch Buchautoren, sind in heller Aufregung. Sie planen eine Änderung Ihrer Satzung, in der unter Paragraph 13, Absatz 4 künftig die Vereidigung auf das Grundgesetz festgeschrieben werden soll? Dies ist nicht gerade usus bei eingetragenen Vereinen. Was ist das Motiv Ihrer Entscheidung?

BV: Der Börsenverein und die buchhändlerischen Landesverbände haben im vergangenen Jahr beschlossen, ihre Verbandsaktivitäten neu zu strukturieren. Mit dem Zusammenschluss der zuvor getrennten Verbände zu einem sog. Gesamtverein soll die Erbringung der Dienstleistungen des Verbandes effizient und zukunftsgerichtet organisiert werden. Dieser Schritt erfordert eine Reform der Satzung des Börsenvereins, mit der eine Arbeitsgruppe beauftragt wurde. Diese Arbeitsgruppe hat die derzeit geltende Satzung, die im Kern noch aus den 50er Jahren stammt, grundlegend entschlackt, modernisiert und sie mit Änderungen in vielen inhaltlichen und sprachlichen Details neu aufgebaut. Die alte Regelung über die Pflichten der Vereinsmitglieder war nicht nur sprachlich teilweise unverständlich gehalten, sondern auch inhaltlich äußerst weitgehend. So sollte eine Verletzung der Mitgliedspflichten schon durch eine Handlung gegeben sein, die „geeignet ist, das Ansehen oder die Interessen des Börsenvereins oder der Gesamtheit seiner Mitglieder gröblich zu schädigen“. Auch die von Ihnen als „Vereidigung auf das Grundgesetz“ bezeichnete Pflicht ist bereits seit über vierzig Jahren in der Satzung des Börsenvereins verankert. Es ist kurios, dass diese Regelungen jetzt, wo sie eine deutliche Entschärfung erfahren sollen, plötzlich zum Stein des Anstoßes werden.

2. Der Schutz vor rechtsradikalen, kriminellen und religiös fundamentalen Kräften ist mehr als berechtigt. Aber inwieweit liegt das in der Kompetenz von Institutionen wie dem Börsenverein? Ist das nicht Sache der Strafjustiz?

BV: Der Börsenverein hat sich stets vehement für Presse- und Meinungsfreiheit und gegen unberechtigte Zensur eingesetzt und wird dies auch weiterhin tun. Wenn in der Satzung eines Berufsverbandes Regelungen zu Mitgliedspflichten aufgestellt werden, dann hat das nichts damit zu tun, dass der jeweilige Verband sich strafrechtliche Kompetenzen anmaßen will. Dies kann man vielleicht am besten an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn in einer Versammlung im Laufe einer erhitzten Diskussion ein Verlagsvertreter einen Kollegen zusammenschlagen würde, dann könnte der Börsenverein dieses Verhalten unabhängig von der strafrechtlichen Ahndung durch den Staat auch vereinsrechtlich – z.B. mit einer Verwarnung oder einer Geldbuße zugunsten des Sozialwerks des deutschen Buchhandels – sanktionieren. Und natürlich muss es möglich sein, Unternehmen aus dem Verband auszuschließen, die ihrer Mitgliedspflicht zur Zahlung von Vereinsbeiträgen nicht nachkommen.

3. Der Ahriman-Verlag behauptet, die genannte Regelung sei »in ihrer Substanz ein schleichendes Ermächtigungsgesetz«, das »Tür und Tor öffne für willkürliche Ausschlüsse unbequemer Editionshäuser. Und er klagt den Vorstand an, »mit der Zensurpeitsche die Verleger- und Buchhändlerschaft in die enge Pferch politischen, religiösen oder moralischen Gehorsams treiben« zu wollen. Wie können Sie solche Ängste entkräften?

BV: Die Ängste hätten auch in der Vergangenheit bestehen müssen, als die Satzungsbestimmungen zu den Mitgliedspflichten faktisch wesentlich weiterreichend waren. Tatsächlich ist in den vergangenen fünfzig Jahren kein Mitgliedsunternehmen, das seine Vereinsbeiträge korrekt entrichtet hat, aus dem Börsenverein ausgeschlossen worden. Der vor vielen Jahren unternommene Versuch des Verbandsvorstandes, einen Scientology-Verlag auszuschließen, ist im zuständigen Vereinsgremium daran gescheitert, dass der Börsenverein nur bei Erfüllung extrem hoher Anforderungen zum Vereinsausschluss berechtigt ist. Diese Entscheidung basierte auf der tiefen Überzeugung, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gerade in einem Buchhandelsverband von überragender Bedeutung sein muss. An den genannten hohen Anforderungen wird sich auch in Zukunft nichts ändern. So kann z.B. weiterhin nur ein rechtskräftiges Urteil einen Vereinsausschluss begründen, wobei dieses und andere Details – nicht aus inhaltlichen, sondern aus rein systematischen Gründen – künftig in einer eigenen Ahndungsordnung geregelt werden sollen. Abgesehen davon versteht sich der Börsenverein ohnehin primär als modernes Dienstleistungsunternehmen und nicht als Gesinnungs- oder Wertegemeinschaft, so dass die Zielsetzung des Verbandes nicht darin besteht, zahlende Mitglieder auszuschließen, sondern Neumitglieder zu gewinnen.

4. Können Sie aber diese Befürchtungen vor »Gleichschaltung«, auch wenn sie realer Grundlage entbehren, nachempfinden angesichts der unrühmlichen Vergangenheit des Börsenvereins in NS-Zeit, als in vorauseilendem Gehorsam jüdische und antifaschistisch-demokratische Mitglieder ausgeschlossen
wurden?

BV: Furcht vor „Gleichschaltung“ und aktive Wachsamkeit in dieser Hinsicht halte ich überall und aufgrund der Vergangenheit besonders in Deutschland für positiv. Um Lehren aus historischen Erfahrungen ziehen zu können, bemüht sich der Börsenverein schon lange um eine intensive und schonungslose Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Dass sich allerdings ein Vereinsmitglied um eine Satzungsänderung, die vor ihrer Beschlussfassung monatelang im Börsenblatt und im Internet zur Diskussion gestellt wird, zunächst überhaupt nicht kümmert und danach eine teure Mobilisierungskampagne beginnt, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, sich in der Sache zu informieren, kann ich nicht nachempfinden.

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