Verlage Google Book Settlement: Etappensieg

Claudia Paul, Alexander Skipis, Robert Staats,
Christian Sprang (v.l.)

Heute Vormittag fand im Frankfurter Buchhändlerhaus eine Pressekonferenz zur aktuellen Entwicklung im Google Book Settlement statt.

Im Podium erläuterten Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Dr. Christian Sprang, Justitiar des Börsenvereins, und Dr. Robert Staats, VG Wort den Stand der Dinge. Die Moderation übernahm Claudia Paul, Pressesprecherin des Börsenvereins.

Alexander Skipis äußerte seine Freude über die Ablehnung des Vergleichs in der derzeitigen Form seitens des US-Justizministeriums und über das offensichtlich in den USA ebenfalls gewachsene Urheberrechtsbewusstsein.
„Der Börsenverein“, unterstrich Alexander Skipis, „sah das Settlement seit Beginn seiner Veröffentlichung am 28.10.2008 kritisch.“ Das Settlement habe die Tätigkeit der Autoren bedroht. Er warnte allerdings: Die Entscheidung des Justizministeriums sei eine Etappe, nicht das Ende der Auseinandersetzung.

Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins betonte, dass es nicht sein darf, dass das kulturelle Erbe der Menschheit monopolisiert und unter kommerziellen Gesichtspunkten zur Verfügung gestellt wird. Das wäre bei der Annahme des Settlements zu befürchten. Vielmehr sollte bei der Verwertung dieses Erbes die öffentliche Hand einschreiten. Ein Aufruf an die Bundesregierung und die EU, ihre Bibliotheken entsprechend zu unterstützen, ist ergangen.
Leider hat sich die EU-Kommission in Gestalt ihrer Kommissare Viviane Reding und Charlie McCreevy nicht im Sinne des Schutzes europäischer Autoren und Verlage geäußert, im Gegenteil, sie wollten die Abhängigkeit von einem Suchmaschinenbetreiber, einem Monopol also, in Kauf nehmen. Umso wichtiger ist es, das Projekt EUROPEANA voranzutreiben.

Seit 2004, so erläuterte Dr. Christian Sprang, scanne Google ohne Rücksicht auf das Urheberrecht komplette Buchbestände der sieben größten amerikanischen Bibliotheken (Bestand: 25 Millionen Bücher) ein. 7 Millionen Bücher sind so bisher digitalisiert worden, gut 6 Millionen davon sind urheberrechtlich geschützt, darunter 100.000 deutschsprachige Bücher. Gegen diese Massendigitalisierung erhoben amerikanische Autoren- und Verlegerverbände Klage, sie sahen die Urheberrechte durch die Verwertung der Bücher von Google verletzt.

Google jedoch hat sich auf das nach US-Urheberrecht zulässige fair use berufen, die von Google angezeigten snippets seien nicht schutzfähig.

In weiteren Schritten hat man sich in den USA für eine class action entschieden. Solche Sammelklagen führen meist zum Vergleich. In einem Zeitraum von etwa dreieinhalb Jahren verhandelten die Parteien hinter verschlossenen Türen, die in den USA übliche Vorgehensweise. Der Vergleichsvorschlag lag dann am 28.10.2008 auf dem Tisch: das Settlement.

Der Börsenverein hat sich sofort nach Bekanntgabe dieses Vorschlags mit Partnern wie dem Schriftstellerverband und der VG Wort zusammengesetzt, um entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Allen war klar, dass es am besten wäre, wenn das Settlement zu Fall gebracht werden könnte. Auch die Bundesregierung konnte von der Notwendigkeit zu handeln überzeugt werden, sie – und auch die Französische Regierung – schickten einen amicus curiae und machten ihre Bedenken deutlich.
Das Justizministerium reichte am 18. September 2009 ein Schreiben bei Gericht ein und stellt darin fest, dass das Settlement kartellrechtswidrig und urheberrechtswidrig sei und in der vorliegenden Fassung nicht angenommen werden könne.

„Der Richter“, ergänzte Christian Sprang, „ist jedoch in seiner Entscheidung frei.“ Auch die Parteien haben weitere Schreiben beim Gericht eingereicht, sie benötigen für die Neufassung des Settlements Zeit.
Die Entscheidung liegt also gegenwärtig beim Gericht.

Robert Staats äußerte sein Befremden, dass in Bezug auf das Settlement ein Vergleich in den USA abgeschlossen werden soll, der zwar die dort befindlichen Parteien betrifft aber in seinen Auswirkungen weltweit spürbar ist. Diese Komplexität bestätigte das Justizministerium in seinem Schreiben.

„Zurzeit können wir die Entwicklung nur abwarten. Es ist sinnvoll, dass der VG Wort seitens ihrer Mitglieder entsprechende Handlungsrechte übertragen wurden“, konstatierte Robert Staats.
Gleichzeitig müssen die Digitalisierungsprojekte in deutschen Bibliotheken vorangetrieben werden, dazu ist eine öffentliche Unterstützung notwendig.

Fazit: Die Karten sind neu gemischt worden. Aufgrund der Entscheidung des US-Justizministeriums ist das Urheberrechtsbewusstsein geschärft worden. Man kann nur hoffen, dass auch die EU daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zieht.

JF

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