Die zehn besten Krimis im Oktober / Wolf Haas neu auf Platz 1

Auf Platz 1, gewissermaßen auch auf dem Ehrenplatz, findet sich im Oktober Wolf Haas mit Der Brenner und der liebe Gott.

Neu hinzugekommen sind zwei gänzlich unterschiedliche Romane, die beide einen klaren zeitgeschichtlichen Bezug haben:
Ulrich Ritzel greift in seinem siebten Kriminalroman Beifang tief in die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Raub und diebische Bereicherung an den jüdischen Mitbürgern schwären fort bis heute. Bittere Auseinandersetzung mit Deutschland, dem Vaterland von Betrügern, Schwindlern und Räubern; Platz 6.
In den Trümmern eines anderen Kriegstreibers und -verlierers spielt David PeaceTokio im Jahr Null. Peace entwirft – wie schon im Red Riding Quartet, das den Engländer aus Leeds berühmt machte – in seinem unverwechselbar subjektivistischen Rap-Stil das Porträt eines Landes im Selbstzweifel, in törichtem Aufbegehren, voll Schuld. In Tokio tötet ein Serienkiller junge Frauen – ein krasses Bild des moralischen Desasters und doch der Wirklichkeit entnommen; Platz 7. (Jurysprecher Tobias Gohlis)

Die komplette Liste für Oktober:

1. (5) Wolf Haas: Der Brenner und der liebe Gott. Hoffmann und Campe
Wien/Kitzbühel: Brenner hat den sechsten Krimi überlebt, nun also der siebte. Der Ex-Polizist und Ex-Detektiv ist Chauffeur und kriegt sein Mündelkind entführt. Vom lieben Gott vielleicht, zur Strafe für Mama Doktors Abtreibungsklinik. Simon sucht Helena – und findet Gott. Welch Wunder! Oh jaa. Haaaas!

2. (1) James Sallis: Dunkle Schuld. Heyne
Im Hinterwald des Südens: Turner, Ex-Cop, Ex-Sträfling, Ex-Therapeut, hat sich aus allem zurückgezogen. Bis der Ritualmord an einem Tramp alles wieder aufwühlt. Das verpfuschte eigene Leben kommt bei der Suche nach dem Täter wieder hoch: Rückzug impossible. Großartiger erster Band der Turner-Trilogie.

3. (8) Tana French: Totengleich. Scherz
Dublin/Glenskehy: Detective Cassie Maddox schlüpft in die Rolle einer getöteten Frau, die ihr nicht nur gleicht, sondern auch den Namen trägt, unter dem Cassie Jahre zuvor als Undercover-Agentin niedergestochen wurde. Und gerät in eine Melange aus Kleinmädchenabenteuer und Außenseiterepos. Schön lang.

4. (7) Warren Ellis: Gott schütze Amerika. Heyne
USA: Michael McGill hat den größten Scheiß seines Lebens am Hals. Eine halbe Million Spesen, ein Palm und eine polyamouröse Grenzgängerin – damit soll der popelige PI die Moral der USA retten. Ein ultrakomischer Ritt durch die abseitige Unterwelt von God’s Own Country. Höllenspaß.

5. (7) Friedrich Ani: Totsein verjährt nicht. Zsolnay
München: Seit sechs Jahren ist Scarlett verschwunden, ein Nachbarjunge als Mörder verurteilt. Eine Leiche wurde nicht gefunden – und jetzt hat ein Schulfreund Scarlett auf dem Marienplatz gesehen. Polonius Fischer sucht die Verlorene. Ani ganz bitter: Deutschland, ein Fiasko. Nach einem realen Fall.

6. (-) Ulrich Ritzel: Beifang. btb
Ulm, Stuttgart, Blaustein: Fiona Morny tot, angeklagt der Gatte. Ex-Kommissar Berndorf sucht ihren letzten Beischläfer, findet einen Halsschmuck. Und daran hängt bitterböse deutsche Geschichte. Gelassen, ein wenig frivol, weit gespannt: Ritzel wird im Alter richtig Klasse.

7. (-) David Peace: Tokio im Jahr Null. Liebeskind
Tokio 1946: In den Trümmern der Stadt liegen zwischen Kriegsleichen die Opfer eines Frauenschänders. Erniedrigte Polizisten, demütigende Alliierte. Entmenschlichung? Menschenleben. Volume 1 von 3 schwarzen Gesängen aus Tokio. Erschütternd. Kein Spaß. Ein wahrer Fall. Große Literatur.

8. (3) Reggie Nadelson: Kalter Verrat. Piper
New York: Artie Cohens Neffe Billy (14) hat schon einmal getötet. An Artie zehrt Misstrauen: Steckt Billy, auf Besuch aus der Psychiatrie, hinter neuen Mädchen- und Babymorden? Dabei muss Artie einen verschwundenen Müllmann suchen, auf der größten Müllkippe der Welt. Beste New-York-Tradition.

9. (2) Richard Stark: Das Geld war schmutzig. Zsolnay
Massachusetts/Long Island: Im dritten Band mit Parkers Abenteuern müssen die leider markierten Millionen aus dem Überfall auf den Geldtransport einer Bank gesichert und offshore gebracht werden. Verbrecher Parker transportiert Utopisches: Dumme Gier zahlt sich nicht aus. Aber Kaltes Blut macht auch nicht reich.

10. (9) Andrew Brown: Schlaf ein, mein Kind. btb
Stellenbosch, Südafrika: Im 17. Jahrhundert drangsaliert Master van der Keesel die Sklavenfamilie Boorman am Eerste River. Heute treibt die 19-jährige Melanie tot im selben Fluß. Zwei Stränge Geschichte. Brown entwickelt sie getrennt, mal realistisch, mal mystisch. Südafrikas Zerrissenheiten.

Die KrimiWelt-Bestenliste wird heute auch in der „Literarischen Welt“, in den Literatursendungen des NordwestRadios und im Internet unter www.arte.tv/krimiwelt vorgestellt.
Während der Frankfurter Buchmesse findet am Freitag, 16. Oktober, um 14 Uhr am Stand von ARTE die Veranstaltung „Aus der KrimiWelt“ statt: Lore Kleinert von Radio Bremen spricht mit den beiden Autoren Uta-Maria Heim und Wolf Haas.

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