Bienenbütteler Tagebuch – Impressionen von einem Literaturfestival: Heute Jochen Schimmang

Buchhandlung Patz

Vier unabhängige Verlage präsentieren sich in der Woche vom 20. bis 27. September in Bienenbüttel. Zum „Literaturfestival der kleinen Verlage in der Provinz“ hat der Merlin Verlag aus Gifkendorf im Landkreis Lüneburg eingeladen. Julia Weis und Andreas Schmitt vom Merlin Verlag haben die Veranstaltung mit der Buchhandlung Patz und der Gemeindebibliothek Bienenbüttel organisiert.

„In Bienenbüttel kommen die kleinen Verlage groß raus“, titelte das Hamburger Abendblatt zur Eröffnung des Literaturfestivals. „Da ahnten wir, dass sich all die Mühe, die wir in das Festival gesteckt haben, sich vielleicht wirklich auszahlen könnte“, so die Veranstalter.

Jochen Schimmang und sein Verleger
Lutz Schulenburg

Auch wenn die teilnehmenden Verlage nicht unbedingt klein sind, sondern unabhängig. Ebenso wie die Buchhandlung. Mit dem Festival soll deutlich gemacht werden, dass „kleine“ Verlage eben kein „Nischenprogramm“ produzieren. Und dass „kleine“ Buchhandlungen und „kleine“ Verlage zusammen etwas Großes erreichen können. Wenn man sich auf die Stärken konzentriert.

„Wenn wir als kleine Buchhändler“, wie Anne Grete Patz von der Bienenbütteler Buchhandlung sagt, „die Großen nicht kopieren, sondern etwas eigenes auf die Beine stellen.“ Es geht nicht um Grabenkämpfe, sondern darum, die Freude am Verkaufen von literarischen Entdeckungen zu behalten oder zurückzuerobern.

Alles rund ums Festival lesen Sie im Independent-Special im Oktober-BuchMarkt-Heft. Schon jetzt vorab gibt es hier auf buchmarkt.de ein kleines „Bienenbütteler Tagebuch“, in dem die Teilnehmer des Festivals ihre Eindrücke aufschreiben.
linie

Jochen Schimmang

Los geht es mit Jochen Schimmang, der mit der Edition Nautilus den Auftakt bestritten hat: Er las aus seinem neuen Roman Das Beste, was wir hatten [mehr…]

Bienenbüttel 20. September

Zuerst gar nichts gesehen, weil der Metronom von Harburg nach Bienenbüttel proppevoll war. Dann die letzten Atemzüge eines Radrennens miterlebt, der Sieger kam aus Bayern. Vorm Buchladen „Eigensinn“ stand schon im angeregten Gespräch mein Verleger. Gleich das Gefühl, willkommen zu sein. Später mit Herrn Patz zur Pension Zur Eiche gefahren, sehr schön, ganz und gar alte, ja frühe Bundesrepublik. Zurück zum Buchladen, der dann gegen sieben etwa so proppevoll wurde wie der Metronom: da freut sich der Autor.

Wunderbarer Empfang, wunderbare Gespräche, einen alten Mitstreiter aus (West-) Berliner Zeiten wiedergetroffen, den ich seit ca. 40 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Nach der Lesung noch eine exzellentes Buffet von der Bodega Bar in Lüneburg. Am Ende ein sehr schönes Gefühl von Zuhause: Das ist auf Reisen kaum zu überschätzen.

Verleger Lutz Schulenburg:
die kollegen haben die sache sehr schön gemacht und sind ein gutes beispiel für aktivitäten auf lokaler ebene, die jeder engagierte buchhändler initiieren kann. es ist eine gute gelegenheit, auf einer breiten ebene mit anderen gesellschaftlichen Institutionen zu kooperieren (bibliotheken, schulen, vereinen, presse, kultureinrichtungen, fremdenverkehrsvereine) und so neben der festigung von beziehungen die eigene lokale bedeutung zu stärken. sogar sponsoren (und die politischen institutionen) lassen sich für solch eine aktivität gewinnen. außerdem werden auch noch neue oder bessere verbindungen zu autoren und verlagen hergestellt. eine nützliche begegnung. solche aktionen stärken mit sicherheit die selbstachtung und helfen die einschläfernde kleinhändlerische routine zu durchberechen. kurz: bienenbüttel hat mir gut gefallen.

Organisator Andreas Schmitt:
Die Nervosität steigt, als wir um kurz vor 17 Uhr in Bienenbüttel ankommen. Das Radrennen hatte keiner auf dem Schirm. Der verkaufsoffene Sonntag bringt aber mit sich, dass die Einkaufsstraße voller Menschen ist. Bei der Eröffnung der Buchwoche um 17 Uhr ist die Buchhandlung also gut gefüllt. Angesichts der bevorstehenden Wahl war selbst der Bürgermeister gekommen und hatte – bei aller berechtigten Kritik an den üblichen Politikerreden – durchaus begriffen, welches Potential in dem Literaturfestival für einen Ort dieser Größe steckt.

Am Abend, um 19 Uhr dann, platzt die Buchhandlung wirklich aus allen Nähten. Ob wir damit gerechnet haben? Schwer zu sagen, gehofft zumindest. Erste Gäste der Buchwoche sind die Edition Nautilus und der Autor Jochen Schimmang. Der Hamburger Verleger Lutz Schulenburg berichtet aus 35 Jahren Edition Nautilus. Jochen Schimmang liest aus seinem BRD-Roman „Das Beste, was wir hatten“. Er zieht die Zuhörer in seinen Bann. Das Publikum ist konzentriert, amüsiert und geht mit. In der Pause hört man in mehreren Gruppen Gespräche darüber, wo man Bücher am liebsten kauft. Klar, die meisten hier arbeiten in Hamburg – aber sie kaufen dann letztlich ihre Bücher dann doch bei der Buchhandlung Patz. Das Konzept scheint aufzugehen …

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert