Ex-VdÜ-Schatzmeister Claus Varrelmann zum Scheitern der Vergütungsrelegung

Claus Varrelmann

Claus Varrelmann übersetzt seit knapp 20 Jahren Bücher aus dem Englischen. Von April 2005 bis September 2008 war er Schatzmeister des Übersetzerverbandes VdÜ. Er gehörte zu den Befürwortern der abgelehnten Vergütungsregelung [mehr…]. Wir haben auch ihn zu der neuen Situation befragt.

Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe für die Ablehnung der mühsam ausgehandelten Vergütungsregelung?

Claus Varrelmann: Viele Kolleginnen und Kollegen hatten die Befürchtung, dass mit dieser Vergütungsregel für alle Zeiten festgelegt worden wäre, welche Honorierung ihrer Arbeit angemessen ist, und die Vergütungsregel auch im Fall einer Kündigung fortbestehen werde. Eine Stellungnahme des renommierten Urheberrechstsanwalts Alexander Unverzagt widerspricht dieser Befürchtung, ihr wurde aber leider kein Glauben geschenkt. Viele konnten es auch nicht über sich bringen, die in der VGR vorgesehenen Verbesserungen für unseren Berufsstand als „angemessen“ zu bezeichnen. Zudem trieb viele die meiner Ansicht nach unberechtigte Sorge um, dass ein Großteil der Übersetzer zukünftig nur noch die in der VGR genannten Mindesthonrare bekommen hätte. Das Argument, dass die Verlage ohne VGR die Honorare theoretisch so lange absenken können, bis sie niemand mehr finden, der die Bücher übersetzt, leuchtete ihnen offenbar nicht ein. Außerdem waren die Befürworter der VGR nicht begeistert genug von dem Erreichten, um die Anwesenden mitreißen zu können.

Können Sie ein paar Worte über die Mitgliederversammlung sagen? Ein Teilnehmer sprach von einer „Schlammschlacht“.
Ich würde diesen Ausdruck nicht verwenden. Natürlich habe ich schon angenehmere Mitgliederversammlungen erlebt, aber es war – abgesehen vom Ergebnis – lange nicht so unerquicklich wie ich vorher befürchtet hatte, was wir nicht zuletzt der besonnenen Versammlungsleitung durch die Kollegin Heike Brandt zu verdanken hatten. Auf die Auseinandersetzung vor der Mitgliederversammlung, die über unser Internetforum geführt wurde, trifft der besagte Ausdruck allerdings schon eher zu. Man darf dabei jedoch nicht vergessen, dass solche Foren unüberlegte und allzu drastische Meinungsäußerungen fördern.

Wie geht es Ihrer Meinung nach weiter?
Viele der Kolleginnen und Kollegen, die die Vergütungsregelung abgelehnt haben, hoffen, dass der Bundesgerichtshof unsere Verhandlungsposition deutlich stärken wird. Ich wünsche mir, dass sie recht behalten werden, bin jedoch skeptisch, da sich der BGH in letzter Zeit nicht gerade durch urheberfreundliche Urteile hervorgetan hat. Was den neuen Vorstand angeht, so vermute ich, dass er sich erst einmal darum kümmern wird, die Gräben im Verband zu beseitigen. Dafür ist Hinrich Schmidt-Henkel genau der richtige Mann, und ich wünsche ihm viel Erfolg dabei. Ich halte ihn allerding nicht unbedingt für jemand, der das Sitzfleisch für zähe Verhandlungen hat. Aber vielleicht belehrt er mich ja eines Besseren – es würde mich freuen. Was die Verlage angeht, so glaube ich, dass die Mehrkosten des zu erwartenden BGH-Urteils schon in die abgelehnte VGR eingepreist war, und sie daher vor dem BHG-Urteil, d.h. in den nächsten zwei Jahren, keinerlei Bereitschaft zu Verhandlungen zeigen werden. Aber das ist natürlich pure Kaffeesatzleserei, genau wie meine Befürchtung, dass die Verlage jetzt ihre Energie und Kreativität darauf verwenden werden, sich auch ohne VGR weitgehende Rechtssicherheit zu verschaffen. Interessant finde ich allerdings, dass ich von mehreren Kolleginnen und Kollegen gehört habe, dass sie demnächst in Verhandlungen mit Verlagen die Bedingungen der Vergütungsregelung fordern werden. Ich bin sehr gespannt, ob sie damit Erfolg haben werden, und welche Folge es ggf. haben wird.

Und jetzt?
Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht bereit waren, der Vergütungsregelung eine Chance zu geben, und jeder von uns vorläufig den Verlagen wie bisher allein gegenüber steht. Die Vergütungsregelung hätte sich meiner Ansicht nach als hilfreicher Bundesgenosse erwiesen. Für den VdÜ als Verband ist die Ablehnung sicher positiv, denn für den Fall der Annahme der Vergütungsregelung wäre eine Abspaltung aus den Reihen deren Gegner zu befürchten gewesen. Persönlich bin ich ungemein froh, das sehr dröge und zeitraubende Amt des Schatzmeisters los zu sein, und mich nicht mehr ständig als Vorstandsmitglied gegen Verleumdungen und Lügen aus den Reihen der VGR-Gegner wehren zu müssen. Leider hat mein Verhältnis zu etlichen Kolleginnen und Kollegen durch ihr Verhalten vor und während der Versammlung so sehr gelitten, dass ich vorerst keine Lust habe, auch nur ein Wort mit ihnen zu wechseln. Ich werde, genau wie andere Befürworter der Vergütungsregelung, erst einmal keine Zeit und Energie mehr für den VdÜ aufwenden. Es sollen jetzt andere zeigen, was sie können. In ein paar Jahren wird man ja sehen, was sie zuwege gebracht haben. Dann werde ich entscheiden, ob ich Lust habe, mich erneut im VdÜ zu engagieren.

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