Bücher in den Feuilletons – und dazu u.a. Gespräche mit Neo Rauch, Zoran Feric und Lisa Hoffman, einer Geliebten O.M. Grafs

Frankfurter Rundschau

Heute gleich noch mal, aber in der Rubrik Leute der Rhein-Main-Beilage: Axel Dielmann – gestern hat er es damit sogar in die BILD geschafft! – geht mit einer neuen Reihe an den Start: Wissenschaftsromane. [mehr…] Naja, lieber einmal zuviel als zu wenig.

Ansonsten wenig im Blatt, was die Branche angeht: Uwe Tellkamp kriegt den mit 12.500 € dotierten Uwe-Johnson-Preis. Und es sind neue Briefe über Anna Amalia und Goethe aufgetaucht, die am Freitag auf einer Pressekonferenz präsentiert werden. Achja, auf Key West ist ein neuer Doppelgänger Hemingways gekürt worden: der 69jährige Tom Grizzard. Wer das ist, erfährt man nicht, und es ist ja auch egal, aber es gibt zumindest ein Bild von ihm.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ebays große Zeit sei vorbei, spekuliert Holger Schmidt im Wirtschaftsteil der FAZ. Die Profihändler sollen daran Schuld sein, die aus dem Flohmarkt einen cleanen Supermarkt machen. Warten wir es ab.

Gina Thomas schreibt über Patrick Frenchs V.S. Naipaul-Biografie, die in England hohe Wellen schlug. 2001 war das. Wer nun nach dem Lesen des Artikels mein, das Buch sei ins Deutsche übersetzt worden, irrt: Nö, ist es nicht.

Anders ist das bei Ibrahim Al-Koni: Dessen Roman „Die Puppe“ gibt es auf deutsch bei Lenos, den Kersten Knipp vorstellt.

Teresa Grenzmann findet, dass das Augsburger Brecht-Festival ein Eigentor mit Brecht auf der Ersatzbank war. War wohl nicht so doll, das AugsburgBrechtConnected (abc).

Ein anderer Klassiker wird in Neuss gefeiert, und zwar seit 18 Jahren: Shakespeare. Vom 24. Juli bis 23. August im Globe. Hier das Programm.

Ingolf Kern interviewt Neo Rauch, Maler und scheidender Professor an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst: „Der Ausbildungsbetrieb wird … in ein skandalöses Mittelmaß getrieben“, sagt er seinem Interviewer.

Eine Anekdote am Rande, die in den letzten Tagen durch alle Feuilletons ging: Hape Kerkeling war angezeigt worden, weil er in seiner Taxi-Verarsch-Serie mit dem Handy am Lenkrad telefoniert hat. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jetzt ein: Man könne keine Straftat feststellen, und außerdem sei’s verjährt. Muss Hape also sein nächstes Buch nicht im Knast schreiben …

Die Welt

Über Goethe und Anna Amalia berichtet heute auch die Welt: „Mit steilen Thesen bringt ein Außenseiter die Germanisten gegen sich auf.“ Reinhold Messner schreibt mal nicht und klettert auch nicht auf Bergen herum, sondern will mit Josef Vilsmeier im Herbst einen Nanga-Parbat-Film drehen. Hendrik Werner untersucht in einer Glosse die Poesie der SMS: „FUDHUK“ – kenn’ Sie nicht? Fall um den Hals und knuddel. IJNMKWS (is ja nu ma klar wie sonst was …)

Süddeutsche Zeitung

Keinen Sieg der Literatur, aber politische Kraft hat Lars Weisbrod beim AugsburgBrechtConnected (abc) festgestellt: „Brechts Texte passten dem Poetry Slam da wie angegossen.“

Prunkstück heute in der SZ ein Interview mit Lisa Hoffman, die eine Affäre mit Oskar Maria Graf hatte und dann zur Romanfigur (Lisawetha in „Flucht ins Mittelmäßige“) wurde. Heute ist sie 89 und sucht für ihre Autobiografie „Fräulein Hoffmans Erzählungen“ noch einen Verleger. Hubertus Breuer hat die alte Dame in Southbury besucht.

Rezensionen
Gottfried Knapp über „China – Portrait eines Landes“ (Taschen) und Hans-Herbert Räkel über Henning Ahrens’ dritten Gedichtband „Kein Schlaf in Sicht“ (S. Fischer).

Und: StudiVZ klagt jetzt zurück: [mehr…].

Neue Zürcher Zeitung

In der Neuen Zürcher Zeitung ist Literatur heute das Top-Thema des Feuilleton-Teils mit Rezensionen auf den ersten drei Seiten.

Als Aufmacherrezension stellt Andreas Breitenstein das Buch „Kreuzungen“ von Marlene Streeruwitz bei S. Fischer vor. Das Buch der „dezidiert links stehenden“ Autorin sei ein beklemmendes Portrait „des Managers als Machtmensch und Melancholikers, Asozialer und Aussteiger“. Breitenstein ist beeindruckt: man dürfe nicht nur „mit gnadenloser Analyse, sondern auch mit ätzender Beobachtung und furioser Insistenz der Darstellung rechnen“. „Kreuzungen“ sei „eine Karikatur, doch die Autorin hat es sich mit ihrer Kritik nicht leicht gemacht“.

Auf der Folgeseite beschreibt Bernadette Conrad ihren Besuch bei Zoran Feric in Zagreb und macht sich auf die Suche nach den Hintergründen für dessen wichtige Erzählung „forma amorfa“ (aus „Engel im Abseits“ (Folio Verlag). Feric berichtet von Gefühlsambivalenzen, wenn er erzählt, dass die Zeit des Krieges für ihn schöne Erinnerungen waren, weil er in dieser Zeit seine Frau kennen und lieben gelernt hat. Mit seinem Roman „Der Tod des Mädchens mit den Schwefelhölzern“ (2003, Folio) wollte er bis an die Grenzen des Aushaltbaren gehen. Jüngstes Thema bei Feric: Die Konfrontation mit dem Alter in seinem Roman „Die Kinder von Parthas“ (Folio).

Manfred Koch rezensiert dann „Goethes Enkel“ von Dagmar von Gersdorff aus dem Insel Verlag. Bücher über Kinder großer Schriftsteller sind beliebt, sind sie doch unmittelbare Zeugen der Größen. Diese Buch zeigt die Vorzüge Johann Wolfgang von Goethes als Großvater auf, der selbsterfundene Geschichten erzählte oder die Enkel naturkundlich versorgte. So wurde der alte Geheimrat für sie zum Schutz vor ihrer Mutter, die für exotische Männer entflammte oder ihrem Vater, der „tat seine Pflicht am Weimarer Hof und trank“. Ein abschließendes Urteil fehlt, aber es scheint ein munterer Blick in die Familienverhältnisse zu sein.

Ein klares Urteil hat dagegen Rezensent Paul Jandl von dem Buch „Zirkus Bulgarien“ des bulgarischen Autors Dejan Enev aus dem Deuticke Verlag. Er zeigt sich von dem Erzählband begeistert: „Dass das Land Bulgarien längst noch nicht in Höchstform ist, zeigt die bittere Prosa Dejan Enevs. Dass die Literatur aber virtuos übers Feuer der Verhältnisse zu springen weiß, zeigt sie auch“, so Jandl.

Nach Argentinien führt der Roman „Das Ministerium für besondere Fälle“ von Nathan Englander, über das Thomas David schreibt. Es schildert auf groteske Weise das Leben in Zeiten der argentinischen Militärdiktatur. David lobt die 448-Seiten-Erzählung aus dem Luchterhand Verlag wegen seiner großen in wechselnden Tonlagen virtuos beherrschten Emotionalität.

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