Holger Ehling über sein unabhängiges Konzept „Literaturstadt Frankfurt“

Für Frankfurt am Main gibt es seit kurzem ein neues Literaturportal

Holger Ehling

www.literaturstadt-frankfurt.de [mehr…]. buchmarkt.de fragte den Initiator Holger Ehling.

buchmarkt.de: Seit April ist das Portal www.literaturstadt-frankfurt.de online. Die Initiative dazu kommt von Ihnen. Gibt es ähnliche Pages auch für andere Städte oder haben Sie etwas ganz Neues kreiert?
Holger Ehling: Nein, soweit mir bekannt ist, gibt es ein derartiges Online-Portal bisher nur für Frankfurt. Wenn eine andere Stadt solch ein Projekt in Angriff nehmen möchte, stehe ich natürlich immer gerne zur Verfügung…

Wie sind gerade Sie auf die Idee gekommen? Eigentlich müsste so eine Initiative doch von der Stadt ausgehen?
Ich komme ja aus der strategischen Kommunikation, ich bin Literaturwissenschaftler und Journalist und vor allem ein begeisterter Leser. Nach meinem Abgang von der Frankfurter Buchmesse hatte ich viel Zeit zur Verfügung, und da ist mir für den Bereich Literatur in Frankfurt aufgefallen, dass es zwar Informationen zu Veranstaltungen gibt, aber keine ernsthafte Anstrengung, das alles zusammen zu binden und sinnvoll zu kommunizieren.

Ich habe dann mit einer ganzen Reihe von Verlagen, Autoren und Literatur-Veranstaltern gesprochen und bereits im Frühjahr 2007 dem Kulturdezernat der Stadt ein Kommunikationskonzept vorgestellt, allerdings ohne Resultat, weil man meinte, kein Geld zu haben. Man ist dort wohl der Ansicht, dass dem Thema Literatur besser gedient ist, wenn man noch die eine oder andere kleine Reihe veranstaltet oder noch ein paar Lesungen auf das sowieso schon reichhaltige Angebot draufsattelt. Das ist dann zwar ein schöner Tätigkeitsnachweis, aber ob das wirklich der Wahrheitsfindung dient, bezweifele ich.

Denken Sie an weitere Projekte?
Ich will ja eigentlich gar keine neuen Sachen erfinden, sondern eine Plattform bieten, die schnell und umfassend informiert. Die Website ist nur ein Teil eines umfassenden Konzepts, um Literatur und Lesen in Frankfurt zu kommunizieren: Ich möchte gerne monatliche Literatur-Veranstaltungs-Plakate in den U-Bahnen sehen, ich möchte gerne eine monatliche gedruckte Veranstaltungsbroschüre an die Haushalte verteilen, ich möchte einen jährlichen literarischen Almanach mit Texten von Frankfurter Autoren und über Frankfurt herausbringen, ich möchte einen „Buchhandelsführer Rhein-Main“ entwickeln, ich werde auf der diesjährigen Buchmesse ein Veranstaltungsprogramm zur „Literaturstadt Frankfurt“ anbieten – und so weiter. Dazu braucht es auch private Sponsoren, und denen liefere ich mit der Website zunächst einmal einen Nachweis der Ernsthaftigkeit meines Tuns.

Das nächste Projekt ist der Almanach, den ich mit zwei Kollegen vom Hessischen Rundfunk entwickele – mit ein bisschen Glück sind wir schon Weihnachten damit in den Buchläden.

Nicht zuletzt dienen ja auch meine monatlichen „Frankfurter Verlegergespräche“ [mehr…] im Literaturhaus dem Ziel, der Behauptung, Frankfurt sei eine Stadt der Literatur und Verlage, ein bisschen mehr Grundlage zu geben.

Natürlich ist die Stadt jederzeit eingeladen, sich konstruktiv zu beteiligen an solchen Projekten. Das tut sie aber nicht – bislang. Allerdings hat man angeboten, dass ich ein von der Stadt entwickeltes Logo verwenden dürfe. Hmmm, ob das so pfiffig wäre?

Sie haben aber auch schon eine Podiumsdiskussion zum Thema „Literaturstadt Frankfurt“ veranstaltet?
Wir hatten im März im Rahmen der Verlegergespräche eine große Podiumsdiskussion zum Thema „Literaturstadt Frankfurt?“, [mehr…] bei der Juergen Boos von der Buchmesse und Felix Semmelroth von der Stadt sagten, die Frankfurter an sich seien an Literatur nicht so sehr interessiert, man habe ein Wahrnehmungsproblem.

Da muss man vielleicht mal über die Absender-und-Empfänger-Beziehung in der Kommunikation nachdenken: Wenn eine Nachricht nicht gehört wird, ist das in erster Linie ein Problem des Absenders. Die Reaktionen des geneigten Publikums auf die Website zeigen mir jedenfalls, dass ich so falsch nicht liege: Im ersten Monat gab es gut 35.000 Zugriffe. Und die Veranstalter drängeln, wenn ihre Termine nicht zügig auf der Website erscheinen, was zeigt, dass die Sache angekommen ist bei denen, die sie nutzen sollen.

Zu Anfang sah das Portal noch recht mager aus, langsam wächst es. Wie stellen Sie sich die Entwicklung vor?
Das Portal ist in Entwicklung und grundsätzlich unfertig – wenn wir mal fertig wären, gäbe es ja keine Literaturveranstaltungen mehr und keine Verlage und Buchhandlungen und Autoren…

Aber ernsthaft: Wir konnten natürlich nicht alles auf einmal bewerkstelligen, zumal ich alles aus eigener Tasche finanziere. So habe ich bewusst auf eine sehr simpel gestrickte Technik gesetzt und mit der Portal-Vorstellung begonnen, die ersten Frankfurter Autoren präsentiert, eine Liste Frankfurter Buchhandlungen und eine Liste der Verlage, die ihren Sitz in Frankfurt haben.

Eine weitere von insgesamt acht Unterseiten präsentiert den umfangreichsten literarischen Veranstaltungskalender für die Stadt, und natürlich sind alle im Literaturbetrieb Tätigen aufgerufen, sich zu beteiligen. Außerdem sind wir mit anderen Frankfurter Portalen verlinkt. Ideen für die Erweiterung gibt es genügend: Wir haben im Mai einen wöchentlichen Veranstaltungs-Newsletter gestartet, das „Lesezeichen“, der an rund 2000 Abonnenten geht.

Und ab Juni soll es ein monatliches „Lesezimmer“ geben, das dann auch Buchvorstellungen, Autorenportraits und ähnliches bieten wird. Wer diese Informationen beziehen möchte, ist herzlich dazu eingeladen, eine Email an redaktion@literaturstadt-frankfurt.de trifft auf freundliche Entgegennahme. Und es kostet übrigens nix.

Welche konkreten Möglichkeiten sehen Sie in einer Zusammenarbeit mit den Buchhandlungen und Verlagen? Welche Vorteile haben zum Beispiel die Buchhandlungen, wenn Sie sich am Portal beteiligen?
Die Buchhandlungen und Verlage mit eigener Homepage sind in unseren Listen verlinkt. So kommen Besucher unseres Portals auf deren Seiten. In der nächsten Entwicklungsstufe sollen dann Portraitseiten an die Stelle der Links treten und dann gibt es natürlich viele Möglichkeiten, Bücher und Veranstaltungen zu präsentieren. Falls jetzt jemand mit dem Schalten von Werbung auf der Website oder im „Lesezeichen“ drohen sollte, werde ich mich übrigens nicht schluchzend abwenden. Literatur und Lesen brauchen wirksame Reklame � und die will ich den Leuten, die Bücher machen und denen, die sich für Bücher interessieren, bieten.

{Die Fragen stellte Jeannette Faure.

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