Thomas Bez zur Entwicklung in Österreich

Umbreit-Chef Thomas Bez hatte vor einigen Wochen beim ersten Branchenparlament

Thomas Bez: Deutsche Verlage, die
Libro mit Großhandelskonditionen
beliefern, schaufeln am Grab
der österreichischen Preisbindung

ein engagiertes Plädoyer für die Preisbindung gehalten. Jetzt wird deutlich, was er mit seinem sybillinischen Hinweis am Ende seiner Rede meinte, es „könnte schon fünf nach zwölf sein, jedenfalls in der Schweiz und womöglich auch in Österreich, und nicht fünf vor zwölf, wie viele meinen, die einfach den Wecker überhört haben“.

Heute wird bekannt, dass es in Österreich eine neue Entwicklung gibt, die ihn in dieser Einschätzung mehr als bestätigt [mehr…] – Anlass für Fragen an ihn:

Welche Rolle spielen die neuerlichen Vorstöße der Buchhandelskette Libro gegen die Preisbindung in Österreich?
Thomas Bez: Eine Unternehmensberatung hat der alten Libro-Kette kurz vor ihrer großen Pleite bescheinigt, dass sie maßgebliche Regeln der Kalkulation nicht beherrscht hat, d. h. dass die Verkaufspreise zu niedrig kalkuliert wurden. Deshalb war Libro der Hecht im Karpfenteich und Beschwerdeführer in Brüssel. Nun scheint die neue Libro-Kette an alte „Tugenden“ anzuknüpfen. Der (österreichische) Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft hat gegen Libro auf Unterlassung geklagt, d. h. auf Unterlassung der Unterschreitung der vom Importeur bindend festgelegten Verkaufspreise. In zwei Instanzen hat der Fachverband gewonnen, doch nun hat der Oberste Gerichtshof Österreichs die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, um zu klären, ob das österreichische „Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern“ (BPrBG) mit Europäischem Recht vereinbar ist.

Wo liegt der Sprengstoff?
Interessant ist folgende Stelle aus der Begründung des Vorlagebeschlusses: „Die Beklagte (Libro) importiert weit mehr als die Hälfte der von ihr gehandelten, im Ausland verlegten Bücher selbst. Auch wenn sie Bücher von Importeuren mit Sitz in Österreich erwirbt, verhandelt sie ihre Einkaufspreise mit den ausländischen Verlegern oder deren Vertretern im Inland. Sie vereinbart mit jedem einzelnen Verlag die für das Folgejahr gültige Rabattstaffel. Diese wird durch das Gesamtvolumen der im Vorjahr bezogenen Bücher bestimmt. Der Beklagten (Libro) werden keine Sonderrabatte für einzelne Buchtitel gewährt. Sie erhält jedoch einen Großhändlerrabatt. Kleinbuchhändlern werden von Verlegern geringere Rabatte gewährt.“

Warum ist das aus Ihrer Sicht interessant?
Halten wir fest: Es ist in den Prozessen unstreitig vorgetragen worden, dass Libro „Großhändlerrabatt“ erhält, also mindestens den selben Rabatt wie die österreichischen Importeure, die von ihrer Funktion her ein Zwitter sind aus Barsortiment und Verlagsauslieferung. Den deutschen Großhändlerrabatt (Barsortimentsrabatt) kennen österreichische Gerichte wohl kaum. In der Regel liegt der österreichische „Großhändlerrabatt“ über dem deutschen Barsortimentsrabatt, weil die österreichischen Importeure mit dem Rabatt auch eine Vergütung für eine eventuelle Außendiensttätigkeit, für Marketingaktivitäten usw. bekommen. D. h. dass deutsche Verlage einer österreichischen Buchhandelskette höhere Rabatte gewähren als deutschen Barsortimenten.
Weiter unten argumentiert die Beklagte (Libro): „Sie habe etwa auch beim Buch …, einen Titel, den sie direkt aus Deutschland importiert habe, einen … Preisnachlass als Großhändlerin erhalten. Insofern habe sie jedenfalls nicht gegen das BPrBG verstoßen, weil dessen Ausnahmetatbestand nach § 3 Abs. 3 BPrBG eingreife.“

Jetzt muss man nur noch wissen, was dort steht…
§ 3 Abs. 3 des österreichischen BPrBG lautet: „Ein Importeur (also in diesem Falle Libro), der Waren im Sinne des § 1 in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu einem von den üblichen Einkaufspreisen abweichenden niedrigeren Einkaufspreis kauft, kann entgegen Abs. 2 den vom Verleger für den Verlagsstaat (Ursprungsland) festgesetzten oder empfohlenen Preis … im Verhältnis zum erzielten Handelsvorteil unterschreiten“.

Können Sie das einfacher ausdrücken?
Das kann ich mit einem Satz: Deutsche Verlage, die Libro mit Großhandelskonditionen beliefern, schaufeln am Grab der österreichischen Preisbindung.

Mehr dazu im kommenden BuchMarkt-Februarheft

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