Die zehn besten Krimis im Januar

Der Herausgeber der Krimiliste kommentiert den Januar so:

Dass Sie auf dem ersten Platz den neuen Roman von Martin Cruz Smith „Stalins Geist“ finden, ist kaum verwunderlich: Selten hat ein bravouröser Politthriller so punktgenau in die Zeit gepasst wie dieser. Exakt zu den anstehenden Präsidentschafts- und den gerade abgeschlossenen Duma-Wahlen lässt er den Geist Stalins in der Moskauer U-Bahn erscheinen – nur ein Phänomen von Massenhypnose? Lesen Sie selbst. Ich war begeistert, mit welch erzählerischer Kraft, Genauigkeit und Phantasie Cruz Smith das russische Alltagsgeschehen nach und nach in ein Delirium von Massensuggestion und kollektiver Paranoia gleiten lässt.
Bei Cruz Smith ist der Zweite, bei dem Mutter-Sohn-Autoren-Duo „Charles Todd“ ist der Erste Weltkrieg noch nicht vorüber. Inspektor Rutledge von Scotland Yard arbeitet nämlich mit einem der merkwürdigsten Sidekicks der Krimigeschichte: Hamish ist die Stimme des jungen Soldaten, den er wegen Verweigerung eines unsinnigen Befehls hinrichten ließ und der seitdem Tag und Nacht seine Handlungen kommentiert. Diesmal, in „Zeit der Raben“ während der Jahreswende 1919/20, legt jemand dem Inspektor MG-Patronen in den Weg. Drohung, Warnung? Eine raffiniert erzählte Geschichte, halb Schauer-, halb psychologischer Roman, dazu eine elegante Weiterentwicklung des totgesagten englischen Dorfkrimis.
Aus der Feder des apulischen Staatsanwalts Gianrico Carofiglio kommt mit „Das Gesetz der Ehre“ ein eher privat gestimmter Roman um Anwalt Guerreri auf die Leser zu: Er könnte, wenn er wollte, Rache an einem faschistischen Raufbold nehmen, der ihn einstmals gequält hat.
Thomas Gohlis

Hier die komplette Liste für Januar:

1. (-) Martin Cruz Smith: Stalins Geist. C. Bertelsmann
Moskau/Twer: Wahlkampf. In der Metro ward er gesichtet, in Twer soll er gar auf dem Felde erscheinen: Stalin. Unter Väterchen Putin sammeln sich derweil die nationalen Kräfte: Kriegsverbrecher, amerikanische Wahlkampfberater, Auftragskiller. Nur Arkadi Renko hält stand. Ein (Alb-)Traum von Politthriller.

2. (5) Jean-Patrick Manchette/Jean-Pierre Bastid: Lasst die Kadaver bräunen!
Distel Literaturverlag

Ein Kaff im Departement Gard: Sommerfrische bei Malerin Luce. Unter den Gästen drei Gangster, 250 kg Gold im Kofferraum. Zwei Gendarmen lösen ein Massaker aus. Luce frohlockt: „Da war etwas Ästhetisch Erregendes im Gange!“ Kadaver bräunen in der Sonne. Lange erwartet. Spitze. Manchettes Roman Nr. 2. Der Urknall des Neo-Polar in Frankreich.

3. (1) James Sallis: Driver. Liebeskind
Phoenix/Los Angeles: Driver ist Stuntman, immer beobachtend, immer in Bewegung. Bei Überfällen fährt er auch, sonst nichts. Bis Amateure dazwischenfunken. Da nimmt Driver den aufgezwungenen Kampf an. Bis zum Ende. Minimalistischer Abgesang auf den amerikanischen Helden, meisterhaft. Große Entdeckung.

4. (3) Ian Rankin: Im Namen der Toten. Manhattan
Edinburgh/Gleneagles: Die Herren der Welt dinieren und parlieren. G8-Gipfel 2005: Rebus’ Stadt im Belagerungszustand. Zwei Politiker sterben, drei Vergewaltiger auch. Anständige Polizeiarbeit ist unmöglich. Rebus in Hochform: Im Kampf gegen Unterwelt und Oberwelt.

5. (4) Arne Dahl: Ungeschoren. Piper
Stockholm: Mitsommer 2002. Die A-Gruppe ist verwirrt von vier Morden, die keiner der Erst-Verdächtigten begangen hat. Tätowierungen an den Leichen deuten auf Shakespeares Mittsommernachtstraum, der Täter auf den Missstand der Welt. Der Kriminalroman im Elchtest: schwedischer Edelstahl.

6. (-) Charles Todd: Zeit der Raben. Heyne
Dudlington, England, 1920: Constable Hensley hat einen Pfeil im Rücken. Wer legt Inspector Ian Rutledge MG-Patronen auf den Weg? Drohungen aus dem Schützengraben? Nachkriegsengland zwischen Auflösung und Wiederherstellung. Todd besser denn je. Séancen, Stuck und kirrer Adel.

7. (-) Gianrico Carofiglio: Das Gesetz der Ehre. Goldmann
Bari: Avvocato Guido Guerrieri im Zwiespalt zwischen Lust und Pflicht. Endlich kann er, darf er Rache nehmen: Hilflos liegt ein Jugendfeind in seinen Verteidigerhänden – und die eurasische Gattin noch dazu! Der selbsternannte „Perry Mason Apuliens“ windet sich delikat.

8. (2) Oliver Bottini: Im Auftrag der Väter. Scherz
Freiburg/Kroatien: Im Garten der Niemans steht ein Fremder und sagt: „Das ist mein Haus. Verschwindet.“ Louise Bonì und Kollegen ermitteln hektisch, ohne etwas auszurichten. Als der Fremde zuschlägt, macht Louise sich auf, zurück in die Geschichte, weg ins Heimatlose, auf den Balkan.

9. (8) Marek Krajewski: Gespenster in Breslau. dtv
Breslau 1919: Gespenster aus der Vergangenheit greifen nach Kriminalassistent Eberhard Mock. Nackte Matrosen liegen erstochen am Wehr, mit der Drohung garniert, Mock solle gestehen. Sonst werde es mehr Tote geben. Fieberhafte Suche in der Fieberzeit des Nachkriegs. Dämonisch.

10. (6) Rick DeMarinis: Kaputt in El Paso. Pulp Master
Paso/Juárez: Uriah Walkinghorse ist nur sein Körper geblieben, Fettanteil unter 5 Prozent. Frau, Job, Familie: abgehauen, am Ende, im Sterben. Als ein Banker bei SM-Spielchen draufgeht, verwandelt sich die Welt in einen tödlichen Strudel. Bodybuilder Uriah war nie ein Held, aber ehrlich. Hart, Geheimtipp.

Die Januar-Ausgabe der KrimiWelt-Bestenliste wird auch im NordwestRadio (heute live mit Jurysprecher Tobias Gohlis zwischen 8:05 und 9:00 Uhr und am So. in der „Literaturzeit“ zwischen 15:00-16:00 Uhr), unter www.arte.tv/krimiwelt mit Kommentaren des Jurysprechers, Kurzrezensionen der Juroren und weiteren Infos zu Büchern und Autoren („Krimiautoren A-Z“) sowie in der Literarischen Welt vorgestellt.

Buchhändler können einen dreifarbigen Flyer mit der aktuellen KrimiWelt-Bestenliste bestellen. Kontakt: KrimiWelt, c/o asv vertriebs GmbH, Süderstraße 77, 20097 Hamburg, E-Mail: krimiwelt@axelspringer.de, Fax: 040/34 72 76 68.

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