Christiane Stockhausen verkauft Buchhandlung Vaternahm, Wiesbaden, an Jutta Leimbert und Gabriele Wörner

Christiane Stockhausen [mehr…] hat die Buchhandlung Vaternahm in Wiesbaden zum 1. Januar verkauft. Sie hatte sie 1998 von Claus Vaternahm übernommen. Der Entscheidung ging ein langer innerer Kampf voraus, sagte die Buchhändlerin dem „Wiesbadener Tagblatt“, doch seit einem Sturz vor vier Jahren falle ihr die Arbeit nicht mehr leicht, langes Stehen und Heben schwerer Bücher machten ihr Probleme.

Die neuen Besitzerinnen sind Jutta Leimbert aus der Buchhandlung Wiederspahn und Gabriele Wörner, Buchhändlerin aus Friedrichsdorf und Mitinhaberin des Beratungsunternehmens Hardt & Wörner. Die Traditionsbuchhandlung – sie existiert seit über 70 Jahren in Wiesbaden – soll in bewährter Vaternahm-Manier weitergeführt werden, sagt Wörner, verrät aber, dass sie natürlich auch neue Ideen mit nach Wiesbaden bringe. Die vier Mitarbeiterinnen blieben natürlich dabei.

Zum Abschied von Christiane Stockhausen schreibt Herbert Bielschowsky:

Zum Jahresende hat Christiane Stockhausen ihre Buchhandlung Dr. Vaternahm in Wiesbaden in jüngere Hände gelegt. Über 30 Jahre hat sie das literarische Leben der Hessischen Landeshauptstadt mit geprägt. Schon als Schülerin, sie arbeitete als Autorin in der Redaktion der Schülerzeitung mit, war ein solcher Weg vorgezeichnet: Sie schrieb interessante Aufsätze, empfahl schon damals ihren Mitschülern Bücher (wenn auch Latein Grammatiken, damit sie ihre Kenntnisse verbessern konnten), hielt ein prägendes Referat über Vincent van Gogh, der Maler, der in seinen Farben und Formen auch den Niederrhein (der ja schon fast Niederlande ist) wiederspiegelt – Christiane Stockhausens Herkunft und Heimat.

Ihren buchhändlerischen Start hatte sie bei Kösters Akademischer Buchhandlung in Heidelberg, damals eine der besten Sortimentsadressen in Deutschland. Hier lernte sie das buchhändlerische Handwerkszeug, hier erwarb sie ihre große Fachkompetenz.

Christiane Stockhausen zog nach Wiesbaden und wurde Mitarbeiterin der Buchhandlung Dr. Vaternahm. Zunächst noch mit Claus Vaternahm und nach Übernahme der Buchhandlung alleine, führte sie das literarische Engagement dieses Sortiments weiter und in neue Höhen. Unermüdlich suchte sie neue Autoren, hielt Kontakt zu erfahrenen Schriftstellern und ermöglichte dem interessierten Publikum in Wiesbaden und im Rheingau Autorenlesungen und Literaturabende auf höchstem Niveau.

Ihre außerordentliche Belesenheit, ihr literarisches Wissen, Ihr Charme und ihr organisatorisches Geschick ließen die Autoren immer wieder gerne nach Wiesbaden kommen. Sie las ihren literarischen Gästen alle Wünsche von den Augen ab, machten ihnen den Aufenthalt in der Kurstadt so angenehm wie möglich und schaffte eine selten gekannte Wohlfühlatmosphäre für die sensiblen Vortragskünstler.

Dieses anspruchvolle Literaturprogramm förderte Christiane Stockhausen auch mit hohem finanziellen Aufwand, ein Mäzenatentum wie es für den Buchhandel beispielgebend war. Die große Anstrengung, immer wieder Büchertische zu bestücken, rechtzeitig präsent zu sein die Abende „im Griff“ zu haben und als souveräne Gastgeberin aufzutreten, hat Christiane Stockhausen bewundernswert gemeistert. Aber sie hat auch ein Auge für die „praktischen Dinge“ die mit literarischen Engagement verbunden sind. Hotelzimmer sind zu bestellten, Bücher der Autoren müssen vorliegen und ein Tisch für ein gemeinsames Abendessen nach der Lesung ist in schöner Umgebung reserviert. Alles dies wurde immer sehr liebevoll von ihr vorbereitet.

Nicht immer ist dieses Engagement für Autoren und Leser vergnüglich. Autoren sind bei der Anreise manchmal nicht gut gelaunt, Leser und Zuhörer bleiben zu Hause und die Lokalredakteure stellen die Programme nicht vor, sind inkompetent oder kommen nicht zu Vorgesprächen und noch weniger zu den Lesungen. Alles das hat Christiane Stockhausen mit großer, heiterer Gelassenheit ertragen. Mit neuem Mut, ihrer Liebe zur Literatur und ihrer Zuneigung zu ihren Kunden und den Lesern wurde das Ziel, ein interessantes literarisches Programm in Wiesbaden anzubieten, nicht aus den Augen verloren.

Die Mitarbeiter bei Vaternahm haben sie in diesem Engagement unterstützt und die Autorenorientierung mitgetragen. Immer wieder ist es der Buchhändlerin gelungen, Interesse und Motivation für neue Autoren zu wecken und diesen ein Forum zu ermöglichen. Ohne Christian Stockhausen, den stillen Begleiter an ihrer Seite, wäre das alles nicht möglich gewesen. Sein kaufmännischer Verstand, sein analytisches Vermögen und sein „volkswirtschaftlicher“ Blick haben für Ruhe an der wirtschaftlichen Sortimentsfront gesorgt. Er hat ein funktionsfähiges Warenwirtschaftssystem bei Vaternahm eingeführt, technische Innovationen auf den Laden übertragen und neben der literarischen Welt, die manchmal auf Wolke sieben stattfindet, die harte buchhändlerische Alltagswelt abfedern können. Sein leicht spöttischer und ironischer Blick auf das vaternahmsche Buchhandelvolk, die kritische Distanz, waren wohltuend.

Aber auch die Buchhandelskollegen profitierten von diesem Stockhausenschen Engagement, am Ort in den Kooperationen und bei gemeinsamen literarischen Programmen und die Kollegen aus der Ferne von literarischen Entdeckungen und Empfehlungen. Für viele war Christiane Stockhausen die Pfadfinderin durch den unübersichtlichen literarischen Dschungel. Hier übertrug sich ihre Begeisterung für interessantes Neues auf ihre Kolleginnen und Kollegen. Ihre Literaturlisten waren begehrt und ihre Tipps wichtig für die eigene Orientierung.

Über 30 Jahre echtes Mäzenatentum für das literarische Leben in Wiesbaden. Christiane Stockhausen hat sich um die Leser, ihre Kunden und die Autoren verdient gemacht. Jetzt ist im geliebten Frankreich noch mehr Zeit für literarische Entdeckungen, zum Lesen und für erholsame Muße.

Dazu viel Glück für den neuen Lebensabschnitt.

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