Klageerwiderung von RA Götz von Olenhusen in Sachen „Tannöd“ vorgelegt

In dem Plagiatsrechtsstreit zwischen dem Journalisten Peter Leuschner und der Kriminalromanautorin Andrea Maria Schenkel um den Kriminalroman „Tannöd“ wird das Landgericht München I – Urheberkammer – unter dem Vorsitzenden Kaess am 22. Februar 2008, 14 Uhr in München, Lenbachplatz 7, verhandeln. [mehr…]

Das Gericht hat den Streitwert vorläufig auf 500.000 Euro festgesetzt. Nachdem der Kläger einige Monate lang eine Klage ankündigte, diese aber zunächst nicht bei Gericht einreichte, sondern bei den Medien kursieren ließ [mehr…], ist auf die Klage vom 10.8.2007 gegen die Autorin und deren Verlag, den Hamburger Verleger Lutz Schulenburg, Edition Nautilus, von deren Rechtsanwalt Dr.Götz von Olenhusen, Freiburg i.Br., Anfang Oktober 2007 eine umfängliche, fast 100 Seiten umfassende Klageerwiderung vorgelegt worden.

Sie geht noch einmal auf die Vorgeschichte ein, den Besuch der Autorin im April 2006 bei Leuschner, die etwa ein Jahr später plötzlich gereifte Erkenntnis, dass das bei dieser Gelegenheit Peter Leuschner überreichte Werk, inzwischen auf den Bestsellerlisten ganz oben, ein Plagiat seines Buches von 1997 sei und die daraufhin entfesselte öffentliche Diskussion.

Die verkaufte Auflage erreicht übrigens inzwischen auch die Höhe von einer halben Million Exemplare. Eine Taschenbuchausgabe, eine englische Edition und Übersetzungen in zahlreichen anderen Sprachen sind in Vorbereitung.

Die Klageerwiderung erläutert alsdann die seit Jahrzehnten vielfach bekannten und publizierten Tatumstände des mysteriösen, nicht aufgeklärten Mordfalls von 1922 ein. Anhand der Aktenlage, der Vorveröffentlichungen in Lexika, Zeitungen, Zeitungsfolgen, Zeitschriften, Büchern und anderen Sammlungen wird die „Anziehungskraft des Ungelösten“, die Unheimlichkeit eines sechsfachen Mordes und die Vergeblichkeit der Ermittlungen bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts einmal mehr deutlich.

Im Detailvergleich zwischen Konzept, Form, Inhalt und Perspektive des inzwischen dreifach preisgekrönten Romans wird ausgeführt, dass der Bezug auf frei zugängliche und nicht urheberrechtlich geschützte Quellen für einen Romanautor zulässig ist, dass keine urheberrechtlich relevante Nutzung von Leuschners Werken vorliegt – sondern dass vielmehr Leuschner ein zeitgeschichtlich völlig anderes Werk anhand der freien Quellen geschrieben hat. Es beruht in Teilen sogar auf einer Artikelfolge eines Autors J.L.Hecker, der seinerseits Leuschner, wenn auch nicht gerichtlich, der Übernahme von Teilen seines Werkes beschuldigt.

Selbst geschützte Werke werden im übrigen, wie das BVerfG im Fall „Germania 3“, zugunsten von Heiner Müller gegen Brecht-Erben entschieden hat, zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mit bestimmenden Faktor. Es wird kulturelles Allgemeingut und löst sich im gesellschaftlichen Raum von der privatrechtlichen Verfügbarkeit. Andere Werke, Fakten und Materialien ohnehin, können also durchaus als Anknüpfungspunkt für eine künstlerische Darstellung des Stoffes dienen. Selbst wenn Eingriffe in Rechte Leuschners vorliegen würden, wäre die künstlerische Verarbeitung auch dann zulässig. Historisches und kulturelles Gemeingut und freie Benutzung von Fakten und zeitgeschichtlichen Materialien gehören im übrigen seit langem als Basis für künstlerisches und schriftstellerisches Schaffen zu den Erkenntnissen des modernen Urheberrechts. Nicht erst seit heute zehren dokumentarisch unterlegte oder angeregte Romane zu den interessantesten Objekten der Literaturgeschichte.

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