Antiquariatsportale öffnen versteckte Schatzkammern

Weinselig:
Selbstporträt von Ringelnatz

Wer das Internet-Antiquariatsportal dem Laden-Antiquariat vorzieht, der verzichtet auf das Schwätzchen mit dem meist netten, meist älteren, meist männlichen Antiquar. Der verzichtet auf die Berge von Büchern, die sich links und rechts in den Regalen bis zur Decke stapeln und auch die letzte Ecke des Lädchens bevölkern. Der verzichtet auch auf den ganz eigenen Geruch, den altes Papier zuweilen annehmen kann und der den Besuch olfaktorisch abrundet.

Wen all das unbekümmert lässt und wer statt im Antiquariat auf einschlägigen Plattformen wie zvab.com stöbert, der tut dies meist aus ganz pragmatischen Gründen: Antiquariatsplattformen bieten Zugang zu sehr vielen, sehr unterschiedlichen Schatzkammern. Das Antiquariat an der Ecke ist meist spezialisiert auf ein bestimmtes Medium, sei’s Bücher, Graphiken oder auch alte Münzen. Meist wird die Spezialisierung sogar heruntergebrochen auf ein bestimmtes Gebiet – bei Büchern zum Beispiel alte und wertvolle Drucke, Philosophie oder Kinderbücher. Im Netz bietet sich dem Kunden jedoch ein mannigfaltiges Angebot, das fast überbordend ist, aber durch gezielte Such- und Sortiermöglichkeiten übersichtlich geordnet werden kann und so den einen oder anderen Schatz als Zufallstreffer ans Tageslicht bringt.

Exponate verschiedenster Art

Honorarnote: Von Sigmund Freud

Sicherlich sind kleine Schaufenster auch im Netz zusätzlich hilfreich beim Auffinden antiquarischer Juwelen. So gibt es im ZVABlog http://blog.zvab.com hin und wieder Hinweise auf besondere Angebote. Ob das eine ohnehin sehr seltene Honorarnote Freuds, zudem auch noch ausgestellt an Suse Cassierer, Tochter Paul Cassierers, ist oder eine Buchmanuskript zur Münchener Stadtgeschichte, handgeschrieben und gezeichnet – das Internet fördert in einer großen Fülle die schönsten Antiquariatsschätze zutage und erlaubt es, gleichzeitig bei mehreren Anbietern zu stöbern.

Daher ist es nur richtig, die Schätze, die in der Datenbank nach Entdeckung gieren, prominent hervorzuheben: Das ist gut für die einzelnen Anbieter und gut für die interessierten Kunden. Folgerichtig hat das ZVAB diese Idee aufgegriffen und auf www.zvab.com thematische „Schatzkammern“ eingerichtet. Den Startschuss gab vor Kurzem die Krimischatzkammer, unter der sich thematisch literarische Juwelen der Kriminalliteratur sammeln.

Laut ZVAB sollen dieser noch weitere folgen, darunter eine eher allgemeine Literatur-Schatzkammer, dazu noch eine Musik-, Geschichts- und zur rechten Zeit auch eine Weihnachts-Schatzkammer. Eine schöne Idee, wie man Kunden im Dickicht der Angebote den Weg zum interessanten Angebot weist.

Ein Stück Geschichte
Ähnlich wie im Laden muss auch das Internet stärker die „Schaufenster“ oder Präsentationsidee aufgreifen. Denn genau das ist es, was das Internet eigentlich ist: Ein erweitertes Schaufenster für den Anbieter, das Lust auf mehr macht. Nimmt man zum Beispiel die oben beschriebenen Honorarnote Freuds oder das unveröffentlichte Manuskript zur Münchener Stadtgeschichte, kann man gespannt sein, was die ZVAB-Schatzkammern alles bieten werden. In jedem Fall ganz unterschiedliche Goldstücke verschiedener Antiquariate auf der ganzen Welt, manchmal zu schwindelerregenden Preisen, manchmal auch zu echten Schnäppchenpreisen, jedoch immer ein faszinierendes Stück Geschichte.
Ein kleiner Stöber-Test hat vorab schon ein paar echte Glanzlichter hervorgebracht:
Zum Beispiel Ringelnatz’ polizeilich verbotenes „Geheimes Kinder-Spiel-Buch“ von 1924 vom Autor signiert oder noch besser, ein Selbstporträt mit Widmung, das wohl ohne Zweifel in einer weinseligen Nacht entstand. Die Nase so lang gezeichnet, dass sie in Wirklichkeit möglicherweise zu tief im Glas hing. „Nun ja – Mischung eines Abends. Joachim Ringelnatz 12. 2. 31“ steht unter dieser Zeichnung – und gibt Raum, gedanklich in die Vergangenheit zu reisen und sich die schönsten Geschichten um dieses Präziosum auszudenken.

Was auch immer die Schatzkammern sonst noch so an interessanten antiquarischen Titeln und Medien offenbaren, eins ist sicher: Eine gut geordnete Vielfalt an verschiedensten Artikeln von den unterschiedlichsten Anbietern virtuell zu erstöbern kompensiert durchaus die fehlende Haptik eines analogen Antiquariatsbesuchs….
SAM

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