ITB: Verlage mit Platzierung unzufrieden. Das Ende der Buchwelt auf der ITB?

Auch, wenn die Internationale Tourismusbörse, die am Sonntag in Berlin zu Ende ging, mit rund 177.000 Besuchern fast 10 Prozent mehr Reise-Interessierte als im Vorjahr verbuchen konnte – die meisten Reiseführerverlage, die auch in diesem Jahr

Durfte nach Beschwerde umziehen: Travel House Media

wieder unter der Klammer ITB Buchwelt zusammengefasst worden waren, zeigten sich teilweise sehr verärgert über die diesjährige Platzierung des Buchsegments im Kulturpalais am Funkturm.

Zu wenig Fachbesucher erreichten nach Angaben der Aussteller das hinter Halle 19 „versteckte“ Palais. Insbesondere Journalisten bemängelten den Standort: Das Palais wurde von den Messebussen nicht direkt angefahren, war nur über die Hallen 18 bzw. 20 zu erreichen. Und auch dann nicht auf Anhieb zu finden. Langenscheidt-Pressechef Bernhard Kellner: „So wenig Laufpublikum hatten wir noch nie.“

Umsatz gesteigert: Die Berliner Reisebuchhandlung Schropp

Auch was von der Messeleitung als Publikumsmagnet gedacht war, erwies sich in der Praxis als unglückliche Lösung: Wegen der Platzierung der Verlage im Umfeld der Showbühne war an geschäftliche Gespräche erst gar nicht zu denken. „Den ganzen Tag Musik und Getrommel“, so Trescher-Vertriebsleiter Bernd Schwenkros, „das hält doch kein Mensch aus.“

Verónica Reisenegger, die mit ihrem Travel House Media-Team ursprünglich direkt neben der Bühne ihren Standplatz aufgeschlagen hatte, forderte sogar einen neuen Platz – und bekam ihn dann auch. Sie durfte in den Vorraum des Palais umziehen und verbrachte die restlichen vier der fünf Messetage vis-à-vis der Reise-Buchhandlung Schropp. Buchhändlerin Regine Kiepert war eine der Wenigen, die mit dem Verlauf der Messe zufrieden war: Sie konnte in diesem Jahr ihren Umsatz sogar steigern.

Kunth: Enttäuschende Geschäfte neben der Showbühne

Im Gegensatz zum Kartografie-Spezialisten Wolfgang Kunth, der sich im letzten Jahr noch mit Polyglott einen Stand geteilt hatte und seine Titel in diesem Jahr auf einer viermal so großen Fläche präsentierte. Die große Resonanz aus 2006, als die Buchwelt in der prominenten Amerika-Halle untergebracht war, hatte den Münchener Verleger zu der Standerweiterung ermutigt. Er reiste enttäuscht ab.

Verleger Günther Nelles sieht die Zukunft der Buchwelt auf der ITB in Gefahr: „Wenn sich nicht bald was ändert, werden wir uns auflösen und auf die einzelnen Hallen verteilen. Oder ganz wegbleiben.“ Karsten Luzay, rechte Hand des Erlangener Verlegers Michael Müller, pflichtet ihm bei: „Jedes Jahr werden wir in eine andere Halle geschoben. Das machen wir nicht mehr lange mit.“

Günter Nelles, Mitarbeiterin: „Die Zukunft der Buchwelt
ist in Gefahr“

Rolf Nüthen, Hauptgeschäftsführer des Verlegerausschusses, will nun eine gemeinsame Beschwerde an die Messe initiieren: Der Gemeinschaftsstand des Börsenvereins war ganz besonders unglücklich in der zweiten Reihe platziert: Das Standpersonal musste fünf Tage lang auf die Rückwände der Kollegen schauen.

Als am Samstagnachmittag dann die ITB BuchAwards 2007 [mehr…] verliehen wurden, die hauptsächlich, aber nicht nur im Zeichen des Messeschwerpunkts „Indien“ standen, gab es kurzfristig wieder zufriedene Gesichter. Großer Gewinner in diesem Jahr war der Verlag MairDumont, der gleich fünf Trophäen für sich verbuchen konnte.

BuchAward-Gewinner: Baedeker-Chefredakteur Rainer
Eisenschmid, Stefan Loose, Michaela Linnemann
(Chefredakteurin Marco Polo)

Auch wenn der Ostfildener Verlag längst Eigentümer der Loose Travelhandbücher ist – den Preis nahm Namensgeber Stefan Loose entgegen, der gerade von einer halbjährigen Reise durch Indien und Thailand zurückgekehrt war.

Und auch der in Australien lebende Lonely Planet-Gründer Tony Wheeler kam auf die Bühne, um aus der Hand von ITB-Pressereferentin Astrid Ehring den Innovationspreis für die deutschsprachige Ausgaben seiner Individualreiseführer-Reihe entgegenzunehmen, auch wenn die deutsche Übersetzung auf das Konto der MairDumont-Redaktion geht.

Gast aus Down Under:
Tony Wheeler mit Astrid Ehring

Kleiner Wermutstropfen: Hape Kerkeling, dessen literarisches Reisebuch „Ich bin dann mal weg“ ebenfalls einen ITB BuchAward gewonnen hatte, konnte wegen anderweitiger Verpflichtungen leider nicht nach Berlin kommen. Er ließ aber über Malik-Lektorin Bettina Feldweg ausrichten, dass er sich sehr über den Preis freue, weil es der erste „literarische Preis“ sei, den er für die Schilderung seiner Jakobsweg-Wanderung bekommen hat.
CoCa

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