DREI FRAGEN AN René Strien: Bald droht Berufsverbot für Biographen

Wie bereits gemeldet, hat das Landgericht Berlin per EV dem Aufbau-Verlag

René Strien: Wenn das so weitergeht,
droht Biographen Berufsverbot

untersagt, eine Passage aus dem Buch „Kinski. Die Biographie“ weiterzuverbreiten [mehr…]. Nachdem jetzt auch die erste Buchhandlung dafür abgemahnt worden ist [mehr…], DREI FRAGEN zur aktuellen Situation an René Strien, den Geschäftsführer des Aufbau-Verlags:

Diese Art von Öffentlichkeit können Sie für das Buch nicht gewollt haben?

René Strien: Natürlich nicht, ich bin entsetzt: Eine Biographie über Klaus Kinski – zugegebenermaßen zu Lebzeiten für eine Menge Skandale gut – , von Christian David so seriös recherchiert und geschrieben wie alle Sachbücher im Aufbau-Verlag, wird von einer nach meinem Verständnis völlig unbegründeten Einstweiligen Verfügung betroffen. Mehr noch, nach Sperren aller von uns bedienten Lieferwege folgt eine Abmahnung an bislang zwei unserer bedeutenden Kunden, und weswegen das alles? Weil Christian David sich auf höchst allgemeiner Ebene eine persönliche Wertung erlaubt hat, die nun einen Eingriff in die Intimsphäre von Kinskis letzter Ehefrau darstellen soll. Dürfte ich die Stelle hier zitieren, würde sofort klar, dass eine solche Interpretation vollkommen abwegig ist. Schlimmer noch, wäre dergleichen wirklich geltendes Recht, käme das einem Berufsverbot für jeden Biographen gleich. Seriöse Biographien dürfen nicht von Einschränkungen der Meinungsfreiheit bedroht werden, nur weil es Anlass gibt, Exzesse der Yellow Press einzuschränken! Wenn aber wie im Falle der Kinski-Biographie sowohl unterstellt wird, ein Teil des Geschriebenen meine eigentlich etwas völlig anderes, und dieses völlig andere jedenfalls sei unzulässig; der andere Teil aber, die allgemeine Wertung durch den Autor, stelle per se eine Verletzung der Intimsphäre dar, können Biographien in Zukunft nur noch als fragmentarisch- tabellarische Lebensläufe publiziert werden. Wie aber soll das mit der Pressefreiheit zusammengehen?

Gerade hat Stefan Maus im aktuellen STERN die Gefährdung der Kunstfreiheit beklagt und ein Engagement für deren Erhalt gefordert, da sie „von rankünebeladener Klagewut beschnitten“ werde

Leider gilt das inzwischen offenkundig auch für Biographien, in denen notgedrungen über die Porträtierten und ihre Entourage Wertungen und Einordnungen, also Interpretationen durch den Autor erfolgen – bislang unstrittig deren gutes Recht, solange die Grenzen der Seriosität nicht überschritten wurden. Auch wenn die spannende Biographie, gerade zu Klaus Kinskis 80. Geburtstag erschienen, in Kürze mit einer scheinbar unbedeutenden Schwärzung wieder lieferbar sein wird: Für den Aufbau-Verlag und mit ihm, denke ich, für alle unsere seriösen Kollegen, zieht hier an der juristischen Front eine Bedrohung heran, die über diesen Fall hinaus höchst bedenklich ist.

Was also tun?

Wir müssen gemeinsam den Anfängen wehren, weshalb Aufbau intensiv prüft, welche juristischen Schritte jetzt angebracht sind. Für die Kollegen im Buchhandel gilt: Wir rufen, unbeschadet der endgültigen juristischen Klärung, vorsorglich die ausgelieferten Exemplare zurück und tauschen sie gegen unbeanstandete aus. Auch diese bleiben eine spannende und lohnende Lektüre.

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert