Samstag: Paradise Lost

nur bei mir: Spezial-Hinweis hinter Ihrem Rücken

Wir Menschen der westlichen Industrienationen haben einen sehr zielgerichteten, strikten, mitunter eiligen Gang. Und gerade auf so einer Messe.
Niemals werden Sie einen Inder so gehen sehen.
Deshalb nennt der Inder Typen wie mich hinter vorgehaltener Hand tatsächlich:
Johnny Walker.

(dies fast kaum noch aus KulturSchock Indien, Reise KnowHow Verlag)

Aber meine lieben, lieben Wochenendgäste!

Ist denn das jedes Jahr das gleiche?

Hierherkommen, weil Wochenende ist; nix wissen, aber alles anfassen; nix bezahlen, aber alles haben wollen?
Bitte verstehen Sie mich nicht miss – ich teile meine Messe gerne mit Leuten, die nicht so privilegiert sind wie wir. Ich stehe zu meinen Endkunden. Als Buchhändler liebe ich jeden noch so sehr vor mir hertrödelnden, zick-zack-stop-and-go-hüben-wie-drüben-Gänge-verstopfenden Trallapp, so wie ein Vater auch seinen missratensten Sohn liebt.

ABER DOCH NICHT HEUTE!

Heute, wo ich in einen Kaugummi getreten bin, der so groß war, dass ich für alle folgenden Wege etwas mehr Zeit einplanen musste, um meine gesteigerte Bodenhaftung auszugleichen.

Als ich heute morgen meinen Bahnsteig menschenverlassen vorfand, war ich zunächst erleichtert. Jetzt weiß ich: Die haben alle einen Zug früher genommen, um vor mir da zu sein.

Schauen Sie sich den Wahnsinn an in der Passage Halle 5.1, aspekte-Couch!

Boah, ein Sofa! Guck!

Soviele Zuschauer hatten alle Promis während der Fachtage zusammen nicht!
Und das? Wieviele hundert Heinis und Susen zählen Sie hier? 200? 600?
Und dabei gucken die nur der Putzfrau zu, wie sie die Sofapolster absaugt!

Einerseits.

Andererseits kommt keine Dekoration, kein Buffet und keine Performance der Bevölkerungsdichte in Kalkutta so nah wie die offenen Besuchertage der Frankfurter Buchmesse. Insofern also will ich mit gutem Beispiel vorangehen und nicht weiter jammern. Vielleicht mal ein Nickerchen im Stehen üben.

Ich rette mich erst mal an den BuchMarkt-Stand. Dort erwische ich Herrn von Zittwitz, wie er gerade zweifach an seine Grenzen kommt. Zum einen sollte er den Laptop hochfahren und zum anderen ein Sudoku lösen. Kein gewöhnliches, sondern auch noch ein SudologIQ, was zurecht noch viel schlimmer klingt. Dabei half ihm sogar ein Erwachsener, nämlich Könemann-Verkaufsleiter Karl-Heinz Reimann. Auch wenn er auf den beiden Fotos noch sehr gefasst ausschaut, hat er kurz darauf weinend den Stand verlassen mit den Worten: „Ihr seid alle gemein.“

Harry Pottwitz
und der Laptop des Schreckens
Puh, keine Lust, och Menno

Apropos Selbstbeherrschung:

Ich habe die Fernseh-Allround-Frau Ruth Moschner getroffen! Welche Frage sie wohl am schlimmsten findet auf der ganzen Messe? Sie findet es nicht mehr lustig, dass jeder fragt „Ham Sie abgenommen?“

Ich werde unsicher. Was entgegne ich jetzt?
„Ach wo, Sie ham gar nicht abgenommen“?

Frauen wollen zwar nicht hören, dass sie dick sind, aber auch nicht, dass sie mal dick waren. Puh, schwierig. Ich würde gerne das Thema wechseln, aber ihr Buch handelt leider von Schokolade und Pralinen. Schon insofern ist meine Frage, ob es sich um ein autobiographisches Werk handelt, leider ebenfalls eine Sackgasse.

„Süße Märchen“, im Eulenspiegel-Verlag.

Wie dünn die guckt!

Diese Probleme ergeben sich nicht beim Comiczeichnerfrühstück, das tatsächlich so heißt, weil Comiczeichner Frühstückswünsche erfüllen. Flix (grün) und Joscha Sauer (hell) hatten Thekendienst. Statt eines Autogramms kann der Comicfan nun eine Originalstulle essen. Ich werde meine mit heim nehmen und gleich bei ebay reinstellen.

Sollen wir Käse oder Salami widmen?

Diese Frühstücksidee ließe sich für die kommende Messe noch hübsch ausbauen. Doris Gehrcke soll mir mein Ei weichkochen, und Wolf Lepenies kann gleich nochmal Kaffee aufsetzen.

Mein Glas Wasser hat mir ja Michael Krüger schon gebracht.

Auch dem Wiley-Verlag gratulieren wir sehr herzlich zum Erfolg seiner Dummie-Reihe. Die Stückzahl geht mittlerweile in die Millionenhöhe; und von der Messe-Sonderausgabe, die es am BuchMarkt-Stand kostenlos gibt, berichtete ich ja bereits am Dienstag.

Angefangen hat das eigenwillige Konzept als Werbegag einer Computerbuchreihe: Der 100. Dummie-Computer-Titel wurde mit einer Sonderausgabe gefeiert, die das Thema EDV mehr aus Spaß hinter sich ließ. Ab da wurde die Dummie-Reihe in einer verblüffenden Themenvielfalt gestaltet.

Es gibt nicht mehr viele Themen, die noch zu erschließen wären, aber es werden durchaus noch Autoren gesucht für

– Rumsitzen für Dummies
– Dummies für Dummies
– Leben für Dummies

Man schenkt mir ausgerechnet „Sex für Dummies“, was ich einen ziemlichen Affront finde. Aber immerhin konnte ich jetzt nachlesen, dass es auch Stellungen gibt, bei denen der Partner mitmachen kann.

Herr Linke und Herr Zöllig finden also,
dass ich Aufklärung brauche

Und weil wir gerade beim Thema „Dummies“ sind, zeige ich Ihnen, wie Lunkewitz-Tochter Hannah (18 Monate) nach bester Familientradition ins Verlagswesen eingeführt wird.

Gugugu!
Wie geht denn der Papa mit Deinem Erbe um?

Bernd F. Lunkewitz vom Aufbau-Verlag verkauft seiner Tochter die Geschichten vom großen Vermögen, das ein kleines wurde, eher märchenhaft.

Heute hat BuchMarkt am Stand der BAG die Buchhandlungen des Jahres ausgezeichnet. Ich bilde Ihnen mal die Preisträger ab, damit ich sie nicht alle benennen muss. Aber Frau Ricken-Bollinger war dabei und lässt Frau Hilgendorf herzlich grüßen.

Kann da vielleicht nochmal ein richtiger Redakteur drüber berichten?

Wiederum hübsch fand ich, dass Chefredakteur von Zittwitz erst im letzten Drittel seiner Anmoderation den Ton angestellt bekam. Bei all den vielen Verleihungen ist natürlich jedes Mittel recht, Laudatoren und Präsentatoren irgendwie in den Griff zu bekommen.

Und noch ne Preisverleihung, diesmal am BuchMarkt-Stand: Die Gewinner [mehr…] des WM-Tippspiels von Berlin Verlag und BuchMarkt www.runde-ins-eckige.de durften signierte Fußbälle nach Hause tragen.

Wo sind die Köpfe und wo die Fußbälle?

Vom erwachsenen Rummel zum Kinderrummel: Der Arena-Verlag hatte den neuesten Band und die zehnmillionste Hexe Lilli international zu feiern. Geplant war ein Lilli-Musical, dessen Hauptdarstellerin rechtzeitig zur Messe die Stimme verloren hat, und so musste man improvisieren. Das war aber für Knister kein Problem – der hat mit den Kinderchen geplaudert, gequizzt und so schön gemalt, dass es eine Freude war.

Hexer Lilli
Ehrfurcht vor dem eigenen Werk

Vielleicht hätte man so auch die Aktion „Buchhandlung des Jahres“ aufpeppen können.

Apropos Aufpeppen:

Meinen Mittagstisch nahm ich am Stand von Umbreit und Tre Torri ein. Die verlagseigenen Köche kredenzten einen marokkanischen Lammeintopf ohne Lamm. Also, mit Wildfleisch stattdessen, heißt das. Und was war das lecker!

So, jetzt nur noch das
Lamm subtrahieren

Bei Tre Torri ist man sehr nett zu gestrandeten Existenzen wie mir. Geschäftsführer Ralf Frenzel erträgt mich mit viel Langmut und begeistert mich für sein High-End-Buchsortiment.
Da korrespondiert es durchaus mit dem Verlagsprogramm, dass er mir selber ein wenig vorkommt wie ein High-End-Produkt.

Jaaaa, Dr. Oetker, hier könntet Ihr abgebildet sein, wenn Ihr mit Euren Essensmarken nicht immer so etepetete wärt.

Ralf Frenzel, Tre Torri

Ein Herr Förster von der gleichnamigen Buchhandlung bietet mir süffisant ein Lätzchen an, weil ich Schlips trage. Ups, da ist mir leider etwas Himbeere auf Herrn Förster geraten, sorry. Das gute an Herrn Förster ist, dass er sich im Gespräch mit Herrn von Zittwitz verhört und ihn Herr Zipfel nennt.
Das hat sich von uns natürlich noch niemand getraut, aber es spricht uns aus der Seele.

Doch was ist das? Es hat sich wohl herumgesprochen, dass diese ganze Messe für mich nur ein Ernährungsvorwand ist. Umbreit-Geschäftsführer Thomas Bez will anscheinend meinen Knödel probieren. Dafür habe ich ja nun gar kein Verständnis.

Steht er immer noch hinter mir? Verflixt. Sagen Sie mir bitte bescheid, wenn er weg ist. Vielleicht kann ihn bitte mal jemand zum Oetker-Stand locken?

Ich kann spüren, dass da jemand steht

Mich selbst lockt es danach zum Baumhaus-Verlag, wo eine Wettschuld beglichen werden soll. Verleger Bodo Horn-Rumold (damit ich den Namen wenigstens ein einziges mal im Leben vollständig benutzt habe) hatte nämlich mit Verkaufsleiterin Charlotte Junker gewettet, dass er den Abverkauf von „Arthur und die Minimoys“ noch vor Oktober im sechsstelligen Bereich hat.

Die Kontrahenten

Der Wetteinsatz galt zur Buchmesse einzulösen: Frau Junker im Pinguinkostüm oder Bodo Horn zwei Karaokelieder singend.

Luc Bessons Minimoy-Filmstart verzögert sich, Bodo Horn verliert, Bodo Horn singt.

Und es war ganz anhörbar. Das liegt allerdings auch an Herrn Horns hervorragenden Mitsängerinnen, die so freundlich waren, ihn gnadenhalber an die Wand zu singen. Zur linken Marisa Wirth, zur rechten NETTE, die Pop-Poetin.
Damit will ich gar nichts sagen, der Name schreibt sich eben groß.

kräh

Allerdings hat Herr Horn sich bei der Einlösung seiner Wettschuld geziert und seine Gegnerin von zwei Liedern auf eines heruntergehandelt.
Das spricht nicht für ihn.

Alles andere schon.

Der Baumhaus-Verlag wettet sehr gerne – wahrscheinlich ein Regulativ zum verlagsweiten Rauchverbot – und wir werden nicht das letzte mal aus dieser Ecke etwas gehört haben.

Wetten?

Anlässlich des Auftaktes der Publikumstage bleibt mir gar nichts anderes, als mich heute Abend wie Vamana der Zwerg zu fühlen, Vishnus fünfte Inkarnation.

Meine Füße quellen schon aus meinen Schuhen heraus. Ich hielt das ja für ein Frauenleiden. Hoffentlich wachsen mir nicht auch noch Brüste.

Abschließend entschuldige ich mich öffentlich dafür, dass ich Frau Hennemann (ebenso öffentlich) als Frau Hennebaus bezeichnet habe, dann wär das auch endlich mal erledigt.

Genau wie Sie und auch

Ihr

Matthias Mayer

herrmayer@hotmail.com

Ich hab

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